100 Mont Tonnere - Napoleonische Besetzung der Pfalz

  • Hallo Dep.100,

    vielen Dank - schon ein unüblicher Brief ....

    in der Tat .... aber solche Briefe kommen halt in dieser Zeit immer wieder vor, wobei ich mir das nur damit erklären kann, dass die Revolutionswirren und die Umstrukturierung der linken Rheinseite im Rekordtempo wohl Fehler produziert hat, die in "ruhigeren Zeiten" vermeidbar gewesen wären.

  • Ja, so wird es gewesen sein - solche krummen Hunde hat es ja immer wieder mal, aber warum man dem Empfänger die Kosten eigener Unfähigkeit angelastet hat, ist mir noch ein Rätsel ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • solche krummen Hunde ....

    siehe die Vita des Präfekten Jeanbon Baron de St. André:
    Erst im Knast nach dem Sturz Robespierres, dann via Amnestie wieder frei und auf diplomatische Mission nach Algier und Smyrna geschickt.
    Dort wieder in den Knast (1798 bis 1801), dann Präfekt des Départemts du Mont Tonnerre durch Napoleon´s Gnaden.

    Derartige Emporkömmlinge und Chaoten gab es auf der linken Rheinseite zur Zeit der franz. Besetzung zu Hauf. ?(

  • nun sind beide Bücher online (Département du Mont-Tonnerre und Thurn und Taxis in Rheinhessen.

    Nachdem der direkte Link dann und wann nicht funktioniert, wie Ihr schreibt, hier ein neuer:

    http://www.epubli.de

    dann auf Shop
    dann nach unten scrollen
    Nachschlagewerke anklicken
    es öffnen sich die Neuerscheinungen

    in dieser Kategorie könnt Ihr beide Bücher anklicken, Euch die Vorschau ansehen und eventuell über den Warenkorb bestellen.

    LG Dept.100


  • Speyer - Dannstadt hat 2 Décimes gekostet (= Taxierung in Tinte).
    Irgendwie ist der Brief aber wohl in den falschen Postsack nach Neustadt gelangt, wo deshalb der Débouse-Vermerk aufgebracht wurde und die Ursprungsadresse nicht gestrichen worden ist, wie bei Débourse üblich.
    Von Neustadt ging der Brief über den handschriftlich vermerkten Laufweg dann "zurück" nach Dannstadt, wo der Empfänger insgesamt 12 Kreuzer zu bezahlen hatte: 8 Kreuzer Speyer-Neustadt (auf die die 2 Decimes = 6 Kreuzer angerechnet wurden) + 4 Kreuzer Auslage (Débourse) von Neustadt für die Weiterleitung.
    Letztlich ein teurer Brief für den Empfänger ob (wohl) eines Postversehens, da er andernfalls nur 2 Décimes = 6 Kreuzer gekostet hätte, nun das Doppelte.

    LG Dept. 100


    Hallo Dep. 100

    Der Brief wirft nach wie vor - wie übrigens die gesamte napoleonische Zeit- nach einige Rätsel auf und wir hatten einige Interpretationsanläufe im Forum (Bayern-Klassisch mag sich noch erinnern).

    Bei der jetzigen Interpretation möchte ich gerne verstehen, wie der Verfasser zu seinen Aussagen kommt – d.h. einige Fragen und Anmerkungen!

    Speyer-Dannstadt mit 2 Décimes (für 6 gr. und 100 km) wäre für den Tarif vom 20. Juli 1802 für „Lettres, de Bureau á Bureau“ (siehe: Dr. R. Joany, Les Tarifs Postaux Francais (1627-1969)). Dannstadt ist aber kein „Bureau“ - es liegt aber im Zentrum zwischen Speyer, Neustadt und Frankenthal. Kennt man einen Kurs direkt über Dannstadt? Übrigens trägt der Brief den handschriftlichen Vermerk „Mutterstadt par Frankenthal“. Wie wäre das in der Interpretation zu berücksichtigen?

    Warum Kreuzer? Der Brief ist vom 9. Dez. 1805, das Département Mont-Tonnerre bestand zu dem Zeitpunkt seit 8 Jahren. Mit der Radikalität mit der die Franzosen Veränderungen herbeiführten, sollte da wirklich noch die Reichswährung teilweise zum Einsatz gekommen sein? Gab es dafür eine besondere Verordnung der franz. Postverwaltung für Mont-Tonnerre?

    Wenn Speyer-Neustadt 8 Kreuzer wären, würde das 2,66666 Décimes entsprechen und findet sich nicht in dem obigen Tarif von 1802. 3 Décimes wäre schon die nächste Gewichts- oder Entfernungsprogression (z.B. 6gr, 200 km oder 8gr, 100 km).

    4 Kreuzer beträgt die Débourse-Gebühr? In Ihrem Buch – das ich sehr begrüsse - wird ein „Neustadt + Landau“-Débourse-Beleg nach Hagenau mit 4 Décimes als Débourse-Gebühr gezeigt. Kennen sie die Débourse-Tarife?

    Könnten sie entsprechende Literatur-Quellen im Forum bekannt geben?

    LG
    Helveticus

  • Die rückseitige " 3 " bezeichnet wohl 3 Kreuzer Porto, die innerhalb der Pfalz bis zur Grenze angefallen sind.
    Aber mit den Rötelstrichen auf der Vorderseite kann ich nun nicht viel anfangen. ;(
    Was bedeutet in der oberen linken Ecke " fr 0 " oder " fro ". Ist es nun ein Teilfrankobrief oder war der Empfänger in Frankfurt portobefreit? ;(


    NEIN! Die Rückseite belegt 3 Decimes = 9 Kreuzer (Gesamt-) Porto für diesen Frankobrief nach Frankfurt.
    Daraus (1 in Rötel auf der Vorderseite) 1 Batzen = 4 Kreuzer für das Taxis-Lehen des Fürsten Carl von Dahlberg.
    P.100.P. steht für Frankobriefe, d.h. das Porto war vom Absender bereits bezahlt.
    fro. = Franko, d.h. Porto bezahlt.

    Einmal editiert, zuletzt von Dept.100 (31. August 2017 um 17:25)

  • ... kleine Korrektur: 1 Batzen war immer 4 Kreuzer wert.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Hermann,

    ein feines Stück zum Ende der Franzosenzeit in der Pfalz, klasse! :P :P :P

    Die 15x Botenlohn weisen ja schon die Zeit nach den Franzosen aus (in der Pfalz wurde ja mit Centimes und Decimes gerechnet).

    Auch Zahlbefehlen der Pfalz in dieser Zeit geht aber hervor, dass 15x der Standardsatz für Briefe waren, auch wenn denen kein Paket folgte (was nicht bedeuten muss, dass er nicht auch ein kleines Paket mit dabei hatte).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo miteinander,

    Der Brief von Alzey nach Mainz datiert durch einen Präsentationsvermerk auf den o6.o6.18oo

    Für das Porto wurden 4 Decimes notiert, dachte ich und lag damit falsch. Stutzig wurde ich wegen der 4, das hätte bedeutet, dass der Brief für die Entfernung von unter 100 Kilometern Entfernung über 15 bis 99 Gramm hätte wiegen müssen. Aber Achtung! Das erste dezimale Porto, dessen Entfernung in Kilometern und Decimes angegeben wurde galt ab dem 23.o3.18oo nur für Briefe aus Paris und seinen Vororten, bzw. für bezahlte Briefe nach Paris oder in die Vororte von Paris. Erst ab dem 23.o9.18oo galt dieser Tarif für ganz Frankreich.

    Für den Brief waren die Tarife ab dem 25.12.1796 gültig.

    4 Sous entsprechen im dezimalen System dann auch 2 Decimes.

  • Lieber Volker,

    ein wunderbarer Brief, wie frisch geschrieben und ein perfekter Abschlag des Departementstempels. Dazu noch den Zielort falsch geschrieben (richtig: Mayence) und trotzdem gut angekommen. Was will man mehr?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo miteinander,

    Der Brief von Alzey nach Mainz datiert durch den Inhalt auf den o7.11.1798

    Für das Porto wurden 4 Sous notiert.

    Über dem Einzeiler ´ALZEY´ wurde der Stempel ´P.P.´ gesetzt und dann wieder gestrichen, der Brief wurde mit 4 Sous taxiert, die vom Empfänger zu zahlen waren.

    Soweit, so klar. Und nun beginnen die Fragen:

    1. In der Losbeschreibung stand, dass der Brief aus Winnweiler stammt, in Detlev Albrechts Buch findet sich auf Seite 38 der gleiche (nicht derselbe) Briefkopf, dort wird ebenfalls Winnweiler angegeben. Winnweiler war ein Kanton im Arrondisment Kaiserslautern. Ich verstehe nicht, warum ein Brief aus Winnweiler im 30 Kilometer entfernten Alzey aufgegeben wurde und das kein Einzelfall ist.

    2. Stempel zur Portofreiheit wurden von Behörden schräg links angebracht. Hier sehen wir keinen Stempel, sondern eine Handschriftliche Absenderangabe. Hat diese Art, den Absender schräg links zu notieren, einen bestimmten Grund?

  • Hallo Volker,

    erstmal Glückwunsch zu diesem interessanten Brief.

    Wäre der Brief in Kaiserslautern aufgegeben worden, hätte man etliche Kilometer in die Gegenrichtung laufen müssen. Da war es naheliegend, ihn gleich in Zielrichtung Mainz aufzugeben. Evtl. wurde das Porto auch durch die dadurch reduzierte Entfernung günstiger (aber das weiß ich aus der Hüfte nicht).

    Franchisen bzw. Absendervermerke waren praktisch immer unten links - ob mit Stempeln, oder, wenn es keine Stempel gab, manuell, dürfte damals keine Rolle gespielt haben.

    Ich vermute, dass der Absender an eine a) Portofreiheit, oder b) Bezahlung dachte, dann aber a) nicht gewährt werden konnte und b) er keine Lust hatte, zu frankieren. Aus Spaß an der Freund dürfte man den P.P.-Stempel eher nicht abgeschlagen haben.

    Aber Detlev liest ja hier (hoffentlich!) mit und kann vlt. Genaueres schreiben.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.