Dienstbriefe mit Besonderheiten

  • Liebe Freunde,

    nur ein Laie kann glauben, dass Dienstbriefe immer langweilig sein müssen - den Beweis für das Gegenteil tritt ein Hin- und Herbrief aus Neuburg an der Donau vom 21.1.1845 nach Ingolstadt an. Es schrieben sich die beiden Gerichte. Zuerst als R.S. portofrei mit der Briefpost.

    In Ingolstadt kam er an und wurde als Fahrpostbrief am 27.1.1845 mit 2 3/4 Loth (oben links) gewogen, was nötig geworden war, weil man ihn "Mit 1 fl 9xr baar" (also dem Betrag von 1 Gulden und 9 Kreuzer Bargeld) beschwert nach Neuburg an der Donau retournieren wollte.

    Hierfür war:

    1) Oben die Absenderbehörde zu ändern, was man tat,
    2) eine neue amtliche Expeditionsnummer zu vergeben ("N. 2070"), was man tat,
    3) die Korrekturen anzubringen (C1 und C2 = Correctur 1 und 2),
    4) den neuen Zielort anzugeben und den alten zu streichen, was man tat und letztlich
    5) den Brief neu mit den eigenen Siegeln zu verschließen, was man auch tat.

    Am 28.1.1845 kam er dann in Neuberg a. d. D. endlich an, wobei seine Barschaft ihrer Zweckbestimmung zugeführt wurde (wohl Kosten im Gerichtsverfahren).

    Das er als Dienstbrief sowohl bei der Brief-, wie auch bei der Fahrpost portofrei war, hat man auch nicht jeden Tag.

  • Liebe Freunde,

    in Erlangen gab man am 17.8.1818 eine K(önigliche) D(ienst) S(ache) unter der Expeditions - Nummer 7452 auf und erwartete die Abspedition kostenlos. Aber da hatte man die Rechnung ohne den Wirt gemacht. K.D.S. wurde gestrichen und durch einen frei - Vermerk ersetzt. Gleichzeitig wurden vom Absender 6 Kreuzer Franko kassiert und siegelseitig notiert.

  • Liebe Freunde,

    heute zwei teilvorgedruckte Faltbriefe aus Bayreuth / Baireuth mit sehr vergleichbar gestalteter Schrift wie der 2. Brief, die die unterschiedlichen Schreibweisen von Bayreuth zeigen (wobei der rote Stempel m. E. sehr selten ist, der schwarze aber Massenware darstellt).

  • Lieber Ralph,

    Glückwunsch insbesondere zu dem roten Stempel von Bayreuth.
    Nach Feuser gibt es ihn sowohl in schwarz als auch in rot. Schwarz wird dort mit 25 € bewertet, der rote jedoch mit stolzen 100 €.

    Viele Grüße
    bayern-kreuzer

  • Lieber Wolfgang,

    danke für diese Angaben - ich kannte ihn in rot gar nicht und konnte ihn zum Preis einer Familienpizza mit Trinkgeld erwerben ... :thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • lieber Ralph,
    rote Stempel sind doch immer beliebt und meist teuer, wenns nicht gerade ein Auslagenstempel oder Recommandiert-Stempel ist, zumindest bei Preußen.
    viele Grüße
    Erwin W.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Lieber Erwin,

    das ist bei Bayern in der Markenzeit so - in der Vormarkenzeit (VMZ) spielt das nur eine untergeordnete Rolle. Aber es ist schön, wenn er dir gefällt (und Bayreuth war ja mal preussisch, wie wir nicht vergessen wollen). ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ... und Bayreuth war ja mal preussisch, wie wir nicht vergessen wollen ;)

    Und hier andersherum, Gersfeld war mal bayerische Kleinstadt :!:

    Und deshalb die Frage, ist das eine 2 oder 3 :?: Sg oder Kr. :?: Ich meine Sg - Jo :?:

    War eine Parteisache vom bischöflichen Ordinariat Würzburg an einen Pfarrer in Gersfeld. Die Hintergründe habe isch soweit recherchiert und "die Wege des Herrn ..." Der Unterzeichner, Ritter des Verdienstordens vom hl. Michael 1. Classe, starb wenige Monate später an Herzversagen im Alter von knapp 69 Jahren! Dieser Brief quasselt mir ständig in's Ohr, suche und Du wirst finden :D Wenn mir nur das postalische geklärt wird, dann schreibe ich die Geschichte - wenn gewünscht - auch nieder.

    Herzlichen Dank hier schonmal von Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Lieber Luitpold,

    ab 1.1.1868 kosteten alle Portobriefe im Fernverkehr 2 Silbergroschen, so auch hier (über 1 Loth 3 Groschen). Dieser hier ist mit 2 Sgr. taxiert von Würzburg.

    Schönes Stück und bitte deine Recherche zu ihm hier einstellen - das wollen wir doch alle wissen! :P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Luitpold,

    ab 1.1.1868 kosteten alle Portobriefe im Fernverkehr 2 Silbergroschen, so auch hier (über 1 Loth 3 Groschen). Dieser hier ist mit 2 Sgr. taxiert von Würzburg.

    Schönes Stück und bitte deine Recherche zu ihm hier einstellen - das wollen wir doch alle wissen! :P


    Lieber bayern klassisch,
    zunächst wieder einmal vielen herzlichen Dank, das ist also der Postvertrag zw. Bayern, Nord.Bund, Württemberg u. Baden zwischen diesen Staaten u. Österreich vom 23.11.1867. Soweit das postalische.
    Weil doch die "SoPhi" in aller Munde ist, wäre das ein Brief-(dokument), das mehr eine gesellschaftliche und politische Geschichte erzählt. Und weil mir von einem Sammlerkollegen noch ein paar weitere Briefe aus diesem Nachlass übergeben wurden kann ich jetzt die Lebensdaten des Ortspfarrers von Gersfeld, verbunden mit seinem Schicksal aufgrund der Gebietsabtretungen des Bezirks Orb/Gersfeld von Bayern an Preußen 1867/68 nachzeichnen. Das würde hier im Forum aber nicht schön ausschauen und wen interessiert das wirklich, da nur Lokalgeschichte? Für mich "Würzburger" und nachdem wir erst am Sonntag einen neuen Bischof bekommen haben ist das eine Parallele, denn der Pfarrer Gigerich von Gersfeld verlor nicht nur sein Vaterland, seinen König (ok er bekam dafür den preußischen) und auch seinen Bischof, der einen mir vorliegenden Brief an Pfarrer Gigerich noch als General-Vikar unterschrieb - und unser neuer Bischof Dr. Franz Jung war ebenfalls General-Vikar ( in Speyer *) (auch hier bekam er dafür den Fuldaer-Bischof). Ach je, ich muss aufhören zu schreiben, unglaublich, was so ein Briefchen alles an Informationen (sozusagen rundum) zu Tage fördert. Wie er sich wohl gefühlt hat, der Herr Pfr. Gigerich als "Neu-Preuße"? Das geht aus den wenigen Schriftstücken leider nicht hervor. Jedenfalls hatte also die Gebietsabtretung nicht nur politische, sondern auch kirchenrechtliche Folgen (was mir bisher nicht bekannt war).
    Ich will mal sehen, ob ich das irgendwie in einem Beitrag zusammenfassen kann, was dann dem lieben Dietmar zur weiteren Bearbeitung überlassen werden wird.

    Luitpold
    * so wie es ausschaut, darf ich am kommenden Sonntag, 17. Juni dahin fahren - ist da jemand aus dem Forum auch da :?:
    17.06.2018 TT, BS
    67346 SPEYER 079: BSV-Großtauschtag, Aula des Schwerd Gymnasiums, Vincentius-Straße 5, 9-15 Uhr.

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Lieber Luitpold,

    klasse - freue mich auf deinen Beitrag im RB.

    Fahre leider nicht nach Speyer - aber unser Mitglied Friedel Lang kannst du gerne kontaktieren, weil der auch Heimatforscher ist und sicher mit dir gut kollaborieren würde.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Sammlerfreunde,
    hierzu eine Armensache von Nördlingen nach Speyer vom 29. September 1818:
    "Das Königlich Baierische Polizei-Commissariat der Stadt Nördlingen benachrichtigt das Königlich Baierische Oberbürgermeisteramt in Speier, daß Paul Steiger, Taglöhner von Raab in Ungarn gebürtig und in Speier wohnhaft, am 12ten dieses Monats ganz entkräftet hieher gekommen, sofort in das hiesige Lazareth gebracht worden, und hierauf vermög anliegenden Todtenscheins den 14ten gestorben seyn. Seine Verlaßenschaft bestand bloß in 48 Kreuzer und wenigen Habseligkeiten im Werth von 8 Gulden, die durch seine Beerdigung gänzlich absorbirt wurden. Indem man die bei semselben vorgefundene Legimation anschließt, beharrt mit vollkommenster Hochachtung
    Nördlingen den 29. Septbr. 1818 Der Königl. Landrichter und Polizei-Vorstand"
    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Liebe Freunde,

    wäre man des Lesens der alten deutschen Currentschrift nicht mächtig, so könnte man diesen Brief für einen gewöhnlichen Dienstbrief innerbayerische halten, denn der Absender benannte sich oben vorne auf dem Brief, hinten wurde er mit einem netten Siegel verschlossen und nur die Franchise fehlte, was aber häufiger mal vorkam (20.9.1832).

    Aber dann liest man, und der Inhalt passt perfekt dazu, dass oben steht: "Von dem Zimmermeister Tölzer in Tegensee" und muss zu dem Schluss kommen, dass hier kein Dienstbrief vorgelegen haben kann. Empfänger war die königliche Bau - Inspektion in Rosenheim und als solches war diese Behörde bei der Aufgabe von Briefen so gestellt, dass Private ihre Korrespondenz an diese frankieren mussten ("Briefe von Privaten an königliche Dienststellen sind unfrankirt nicht anzunehmen").

    Ergo strich man die errechneten 3 Kreuzer Porto für die Bau - Inspektion und kassierte von unserem Zimmermeister Tölzer diese gleich ein un notierte sie korrekt siegelseitig. Ganz korrekt wäre es natürlich nur dann gewesen, wenn man die Vorschrift vollends befolgt hätte, die da lautete, dass Briefe, welche frankiert abgesandt werden sollen, auch in der linken unteren Ecke einen frey, frei, franco, franko oder ähnlichen Vermerkt tragen sollten, der, wenn er denn fehlte, wie hier, von seinem Absender eigenhändig anzubringen war.

    Die Aufgabepost durfte dergleichen Vermerke nicht anbringen, weil er zur Adresse gehörte und die Abänderung der Adresse allein dem Absender oblag (Ausnahme: Unanbringliche oder weiterzuleitende Briefe).

    Eine kleine Contravention mehr für mich, aber ein großer Erfolg für meine Sammlung, solch einen Brief mit Taxe vorn und hinten gefunden zu haben.

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    wenn man nicht innen rein schaut, kann man auch nichts sehen. So ergeht es vielen Sammlern, die oft erstaunt sind, welche Rosinen vor ihnen liegen und die sie achtlos beiseite legen in Unkenntnis ihrer postalisch interessanten Eigenschaft(en).

    Äußerlich haben wir es hier mit einem Dienstbrief "An die Kirchenverwaltung Berglern, Post Moosburg" zu tun, der mit R.S. und der dazu gehörigen Expeditionsnummer versehen wurde. Die Nennung des Absenders vorne hatte man vergessen, aber immerhin war er mit dem Dienstsiegel verschlossen worden.

    Sein Reiz offenbart sich aber erst im Innenern, lesen wir doch dort folgendes:

    Lieferschein über 15 f 13 x zehnfünf Gulden, dreizehn Kreuzer, welche unterfertigte Kirchenverwaltung von der Kirche Berglern als Conkurrenz - Beitrag erhalten hat.

    Kirchenverwaltung Trudering den 1ten September 1860

    Mathias Kreuzer Kirchenpfleger".

    Hier sehen wir mal wieder, dass unterschieden werden muss zwischen einem Post - Liefer - Schein bzw. einer Retour - Recepisse und einem Dienstbrief, auch wenn dieser in seiner Funktion den beiden Vorgängern entsprach.

    Dergleichen Belege hab es damals sicher zuhauf - nur haben sich nicht so viele erhalten, wie es der Postgeschichtler gerne hätte, daher bin ich froh, diesen hier zum Dumpingpreis geschnappt zu haben.

  • Lieber Hermann,

    tolles Stück - ich habe ja eine Mini - Sammlung "Armensachen", aber solch einen Vermerk kann ich nicht zeigen.

    Wenn du den mal loswerden möchtest ... ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Sammlerfreunde,

    hierzu ein besonderer Beleg:
    Dienstbrief(hülle) (R.S. = Regierungssache) vom kgl. bayer. Hauptzollamt Schärding (in Österreich - Innkreis)
    an die kgl. bayer. General Zoll - Administration in München, aufgegeben, 14 Kilometer entfernt über dem Inn
    mit Aufgabestempel "NEUHAUS" am Inn (Kgr. Bayern), der von 1825 bis 1834 in Verwendung war.


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber Hermann,

    ein seltener Brief aus Österreich von einer bayer. Behörde - keine Expeditonsnummer vorhanden könnte bedeuten, dass Briefe nicht gerade regelmäßig in Neuhaus aufgegeben wurden, sondern eher die Ausnahmen waren.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    ein früher Dienstbrief als Ca Dni = Causa Domini = Sache des Landesherrn portofrei zu befördern aus Feuchtwangen vom 18.5.1811 ("Maj" für altdeutsch May oder heute Mai hatte ich stempelmäßig auch noch nicht gesehen) mit folgender Anschrift:

    Zum Königl(ich). Baier(ischen) von Schenck(ischen) Patrimonial - Gericht Walch".

    Wie die Vorderseite des Briefes ahnen läßt, gab es Probleme bei der Zustellung bzw. Leitung des Briefes. "Walch" wurde gestrichen und durch "Wald" ersetzt, darunter notiert "bei Gunzenhausen".

    Mittig war hinzu gefügt worden "H(errn) Verwalter Ensling in Denenlohe" (gemeint wohl Schloß Dennenlohe bei Unterschwaningen). Nun, Dennenlohe ist etwa 8 km entfernt westlich von Gunzenhausen und heute gibt es noch eine Gegend zwischen diesen beiden Lokalitäten die "Unterer Wald" genannt wird, so dass ich das hier notierte "Walch" = "Wald" interpretiere.

    Da keine weiteren Poststationen eingeschaltet wurden, und Ankunfts- bzw. Transitstempel im Jahr 1811 ein Fremdwörter waren, ist siegelseitig nichts zu finden.

    Wer weiterführende Angaben zu Personen oder Lokalitäten machen kann, darf das gerne tun.

  • Lieber Ralph,

    ganz einfach war die korrekte Zustellung anscheinend nicht. Mit 3 verschieden Schriften wurden Orte notiert. Ich mag solche Briefe mit spannender Zustellung.

    Dieter