Der besondere Brief - Das besondere Poststück

  • Liebe Freunde,

    Briefe mit Briefen habe ich ja schon mehrfach hier das Glück gehabt, vorstellen zu dürfen und diesmal ist mir gar ein Doppelfang geglückt, der es "in sich" hat.

    Leider sind beide Briefe nicht datiert, aber das tut meiner Freunde über ihren Besitz keinen Abbruch.

    Der 1. aus Fürth vom 22.7.186? zeigt einen Brief über 1 - 2 Loth (trotz Damenformat!) mit folgender Anschrift:

    "Herrn Moritz Bauer mit Briefen des Herrn Heinrich Bauer in Augsburg". Zur Verwendung kamen 2 Marken der Nr. 4II Platte 3, so dass 1860-1862 höchst wahrscheinlich als Aufgabedatum dienen.

    Einen Inhalt, wie die allermeisten Kuverts, hat dieses hier auch nicht - sieht man von der Innenseite der Kuvertklappe ab, in der die Absenderin sich verewigte:

    "Guten Nachmittag mein theurer Schatz
    Mit Bedauert sehr, daß ich dem Enveloppe für Theresen Brief
    Einlagen kann, ich ersuche Dich meinem Liebsten es zu tun."

    Ich denke, hier hat die Schreiberin ein Wort vergessen ...

    Der 2. aus Fürth vom 11.1.186? (wohl 1863-1865) zeigt die gleiche Adresse und weist wieder Text auf der Klappe des Damenkuverts auf:

    "Lasse dir den Moca gut schmecken ..." der Rest geht bei mir unter und am Ende steht noch etwas auf Französisch. Wer hier besser lesen kann, als ich, darf es gerne tun.

    Jetzt waren nur 2 Stück der 3 Kr. Marke verwendet worden, daher war der Brief wohl noch einfach über 12 Meilen.

    Als Freund von A3 - Seiten kann ich mir jetzt schon ausmalen, wie diese Seite aussehen wird, auch wenn die Qualität der beiden Damenkuverts sicher nicht die Beste ist ...

  • Lieber Ralph,
    Zwei herzallerliebste Briefchen zeigst Du uns da! Was den französischen Satz angeht kann ich helfen, wenn auch nicht komplett:
    Da steht: Ich liebe dich von ganzem Herzen (heißt wohl coeur = Herz, kann es aber nicht 100%ig lesen), den ganzen Tag, vierundzwanzig Stunden.
    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber Peter,

    sensationell, dass du das überhaupt lesen kannst - vielen Dank für die Übersetzung dieses "Liebesbriefes", daher wohl auch das Damenkuvertchen ... :love::love::love:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    harmlos von vorne, harmlos von hinten und doch wahrlich nicht alltäglich!

    In Monheim sandte man am 2.9.1847 einen Portobrief "Dem Magistrat der Königlichen Stadt Oellingen". Die Aufgabepost taxierte ihn korrekt mit 3 Kreuzern, wobei dies schon inkludiert, dass man den Zielort, den es weltweit gar nicht gab und gibt, gekannt hatte, weil man sonst nicht auf eine Entfernung von bis zu 6 Meilen gekommen wäre, für die allein 3 Kreuzer zu taxieren gewesen wäre.

    Siegelseitig sehen wir den Stempel von Donauwörth vom Folgetag und dann erst wieder 2 Abschläge von OETTINGEN vom 7.9., was auf eine vorübergehende Nichtauffindung eines Ortes wie Oellingen schließen lässt. Monheim ist von Oettingen nur 26 km Straße (!!) entfernt und ein regulärer Brief wäre nur einen Tag nach dorthin unterwegs gewesen, bei morgentlichem Postabgang wäre er sogar noch am selben Tag zugestellt worden.

    Aber irgendein Schlauer vermerkte unter Oellingen "Oettingen" und hatte natürlich Recht. Derart erleichtert unterstrich man die 3 mit Rötel und war froh, diesen schludrig adressierten Brief endlich losgeworden zu sein, auch wenn es ein paar Tage länger gedauert hatte, bis man sein Geld bekam. Auch hier nahm die Empfängerbehörde den Portobrief an, was eigentlich gegen die Vorschrift war, da dergleichen Briefe an bayerische Behörden zu frankieren waren, aber es gab halt auch Briefe, bei denen nichts klappte ... schön für mich/uns.

  • Lieber Hermann,

    sehr schön - solche Stücke sind nicht sehr häufig und wer da nun gemeckert hatte, dass es keine Portofreiheit gab, weiß man nicht immer - vlt. auch mal der Postler?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Sammlerfreunde,

    "Seltener Umtauschstempel von Hengersberg, ideal zentrisch und klar auf Brief nach Passau", so lautete die Beschreibung im Katalog des Auktionators. Keine Rede ist davon, dass es sich bei dem Brief um einen Ordinariatsbrief handelt. Aber weder der Umtauschstempel noch der verkappte Bischofsbrief waren für mich das Kaufmotiv für diesen Brief, sondern der kleine Vermerk links unten "Mit Unterbund". Dass alle drei Fakten zusammen dann doch eine ziemlich seltenen Kombination ergeben, erfreut umso mehr.

    Ganz interessant ist vielleicht auch noch der rückseitige Bleistiftvermerk eines Vorbesitzers:

    "Mohrmann Mch. 1.7.67 DM 200,--" Zuschlag jetzt € 240,--

    Viele Grüße von maunzerle:thumbup:

    Bilder

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

    Einmal editiert, zuletzt von maunzerle (31. März 2019 um 16:12)

  • Lieber Peter,

    passend zur heutigen Zeitumstellung zeigst du einen hervorragenden Brief aus der 11-tägigen Umtauschzeit.

    Hätte es keinen Umtausch der Mühlradstempel gegeben, und damit auch keine Umtauschstempel und keine zwei Stempelverteilungen, dann wäre die Bayernphilatelie wesentlich ärmer.

    Auf die Zeitumstellung kann ich verzichten, auf die Umtauschzeit Ende November 1856 nicht. [Blockierte Grafik: http://www.altpostgeschichte.com/wcf/images/smilies/biggrin.png

    Gruss Kilian

    Wer um Einzelmarken einen Bogen macht hat sich verlaufen.

  • Liebe Freunde,

    weise Worte und tolle Belege gibt es hier - ein Traumbrief, bei dem noch 4. der vorgeschriebene Franko - Vermerk fehlt.

    Bei den meisten Unterbundbriefen fehlt hinten der Ankunftsstempel - ist das hier auch so?

    Und überhaupt - warum schrieb der Absender "Mit Unterbund" überhaupt auf den Brief?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,
    Du vermutest wie immer richtig: das Untergebundene, was immer es auch gewesen sein mag - hier liegt vielleicht ein Auszug aus dem Kirchenregister nahe - hinderte die Eingangspost wie so oft auch in diesem Fall am Anbringen eines Ankunftstempels.
    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber Peter,

    vielen Dank - ich hatte mir so etwas schon gedacht. Briefe mit Unterbund UND Transit- bzw. Ankunftsstempel sind nicht so häufig.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    das kann einmal den besten Beamten passieren, dass sie in einem Gebührenregulativ einfach etwas vergessen ... Bayern vergaß nämlich ab dem 1.7.1850 bei der inneren Umstellung der Tarife, die Versendung von anhängenden Mustern günstig zu stellen, wie das zuvor immer der Fall war und erst zum 1.7.1858 änderte man dies und vergünstigte Briefe mit anhängenden Mustern ohne Wert um 50%.

    Die Folge war, dass das Publikum, das mit dergleichen Versendungen bewandert war, praktisch alles an Mustern ohne Wert in die Briefe stopfte, weil nur Auslandsbriefe und Briefe in den DÖPV mit anhängenden Mustern noch portobegünstigt waren. Bei Inlandsbriefen aber gab es keine Portomoderation, so dass sie wie gewöhnliche Portobriefe (oder frankierte Briefe) taxiert bzw. frankiert wurden.

    Hier ein Beispiel aus Bamberg vom 3.1.1851 an Poschacher in Tittmoning. Oben lesen wir: "Inliegend Muster ohne Werth" und die Aufgabepost taxierte den Brief mit 9 Kreuzern (über 12 Meilen, aber bis 15,625g leicht trotz Muster.

    Inhalt: In Erwiederung Ihres Werthen vom 26. v. Mts v. Js (vorigen Monats vorigen Jahres) reiche Ihnen bekommend Muster von schönen neuen Kleesaamen welchen Ihnen ad 23 1/2 ab hier ohne Sack pr. compt gegen 2 Monat rime p. Ffurt (Frankfurt) Augsburg oder Nürnberg äußerst erlaßen kann und worauf Ihnen angl. Auftraegen entgegen sehe, schöne Waare wird bei uns immer rarer, da der größte Theil der Ernte vom Regen gelitten hat und roth wurde, Sie werden daher wohl thun wenn Sie bald für Ihren Bedarf sorgen. Von 1 & 2 jährigen Saamen besitze ich keinen Vorrath dagegeben habe ich noch ein Partiechen 3 jährigen welchen Ihnen ad 18- erlaße, neue Zweschen 10 Es soll mir angenehm seyn mit Ihnen in Geschaeftsverbindung zu kommen, und können Sie überzeugt seyn bei mir eine reele & billige Bedienung zu finden. Mit Achtung zeichnet Johann Gabriel Keilholz".

    Wieder ein kleiner Mosaikstein der wachsenden Sammlung "1851".

  • Liebe Freunde,

    Mühlradstempel hatten 2 Aufgaben zu erfüllen:

    1. Die Entwertung der Marke(n) und

    2. Die Stempelung der Briefkarten.

    In beiden Fällen war evident, dass man anhand der Nummer des Stempels ersehen konnte, woher a) die Briefpost und b) die Briefkarte kam.

    Aber es sind mehrere Fälle bekannt, in denen der Abschlag dieser Stempel keinem dieser Kriterien entsprach und i. d. R. waren es Dienstbriefe, die dieses Phänomen zeigen.

    Hier zeige ich einen Dienstbrief aus Cham, der mit dem geschlossenen Mühlradstempel 72 versehen wurde und der vom dortigen an die Oberbehörde in Regensburg lief. Der 1.10.1859 schien nicht so gut für den Chamer Postler zu verlaufen, weil er auch noch seinen Halbkreisstempel vergaß - oder war der gerade zur Reparatur?

  • Hallo bayernjäger,

    prima - dann wären wir schon bei ca. 2 Wochen. Relativ lange für einen HKS, aber durchaus möglich. Mal sehen, ob es noch mehr 72er aus Cham in der Art hier gibt.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Ein toller Nachweis für einen nicht verfügbaren Ortsstempel! Saubere Arbeit!

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber Peter,

    so könnte es sein. Bisher war ja von Sem et altera immer angenommen worden, dass diese Mühlräder "versehentlich" abgeschlagen wurden bzw. reine Zufälle waren. Das mag hier und da der Fall gewesen sein, aber die Frage ist doch, was hätte ein Expeditor machen sollen, wenn ihm der Halbkreisstempel zu Bruch geht? Es gibt manuelle Angaben, aber auch diese Varianten sind äußerst selten (eine Seite in meiner Contra - Sammlung zeigt dazu 2 Briefe vom selben Ort).

    Es wäre also sehr sinnvoll, diese Briefe aufzulisten und datenmäßig abzugleichen. Wer weiß, was dabei alles heraus käme ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,

    was war hier passiert? Es war wohl der Aufgabestempel aus welchem Grunde auch immer nicht verfügbar. Und so hat der Postler sehr zur meiner Freude den Mühlradstempel bemüht und diesen sehr sauber auf dem Aufgabeschein zur Postanweisung abgeschlagen.

    Grüße aus Frankfurt
    Heribert

  • Lieber Heribert,

    ein Bild wäre schön ... auch wenn wir dir das auch so glauben. ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.