- Offizieller Beitrag
Liebe Freunde,
ich eröffne dieses Thema innerhalb des Oberkapitels Die Kriege und die Post, da ich glaube, bei den folgenden Belegen auch Auswirkungen der Napoleonischen Kriege und Besatzungspolitik zu erkennen.
Manche Umleitungen aus dieser Zeit sind gut dokumentiert, wie z.B. die Leitung der englischen Post während der Kontinentalsperre über Dänemark.
Die beiden folgenden Briefe stammen aus dem Jahr 1810 und beide Briefe laufen nach/über das badische Kehl.
Kurz zur dortigen Situation:
Die Karte zeigt die große strategische Bedeutung der Festung Kehl, die den Rheinübergang beherrscht. 1810 war sie fest in französischer Hand.
Dicht daneben sieht man die Ortschaft Kehl, in der laut Feuser auch in diesen Jahren ein Postamt von Thurn&Taxis seinen Dienst versah.
Nun der 1.Brief:
Rechts oben sieht man undeutlich und kopfstehend den Stabstempel von St. Petersburg (Russland). Der Brief lief dann durch Preußen und erreichte bei Magdeburg das Königreich Westfalen - Stempel prusse p(ar) m(agdeburg). Die westfälische Post übergab ihn dann an Taxis, die ihn dann am 8.11.1810 an Monsieur J.C.J. Rrey auslieferten. Da der Brief poste restante gestellt war, hat Herr Rey ihn wohl auf dem Postamt abgeholt.
Das rückseitig notierte Weiterfranko von 52 preußischen Groschen zeigt, dass der Brief bis zur preußischen Ausgangsgrenze bezahlt war. Die Notierungen von 20 (gestrichen) und 25 scheinen dann den vom Empfänger zu zahlenden Portobetrag anzuzeigen. Rechnete Taxis 1810 in Kreuzern ? Wofür galt der FRANCO-Stempel ?
Der 2.Brief:
Geschrieben am 10.12.1810 in Hamburg lief er zunächst ebenfalls nach Kehl (siehe Ausschnitt des Inhalts) an den schon bekannten Monsieur Rey, ebenfalls wieder poste restante. Eventuell lief er unter Einschluß, denn der erhaltene Brief zeigt keine entsprechende Adresse. Der eigentliche Brief lief nun über Taxis - Westfalen (?) - Preußen nach St. Petersburg. Das vorderseitige Stempelfragment könnte ein früher Frankfurter Stempel sein (evtl. Feuser 985-13). Auch hier finden sich wieder mehrere Taxen, darunter eine 20.
Rückseitig sind dann noch 138 (Kop.?) notiert.
Die Taxierung dieser Briefe ist mir gelinde gesagt noch ein kleines Rätsel. Ideen hierzu sind gerne gesehen.
Noch spannender finde ich aber die Leitwege. Hamburger Briefe wurden ansonsten über die nördliche Route via Letzeburg direkt nach Preußen und Russland geleitet.
1810 waren in diesem Raum keine kriegerischen Auseinandersetzungen, die eine Direktleitung verhindert hätten. In Hamburg gab es zu dieser Zeit nur noch ein französisches Postamt. Evtl. ist hierin der Grund für diese Umleitung zu suchen (Angst vor Kontrolle bzw. Zensur bei Post nach Russland) ?
Denkbar ist folgender Ablauf: Leitung per französischer Post (bzw. aus der Gegenrichtung via Taxis-Post) in das unverdächtige, badische Kehl. Dort Umkuvetierung und Weiterleitung Richtung "Feindesland".
Leider ist vom 1. Brief nur ein Teilinhalt erhalten, so dass ich nicht weiß, ob hier auch Inhalte / Beilagen weitergeleitet wurden.
Würde mich über weitere / gegensätzliche Gedanken (und natürlich auch Belege) zu diesem Thema freuen.
Viele Grüße
Michael