Bayern - Frankreich mit Besonderheit(en)

  • Hallo Lulu,

    vielen Dank für deine Übersetzung - schade, dass man den Schreiber nicht eruieren kann.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    der folgende Brief ist nicht ganz komplett, aber das Maßgebliche sieht man. Geschrieben in Augsburg am 1.9.1846 (!) gab es wohl Probleme beim Abwiegen.

    Oben liese ich, und das kann nicht französischen Ursprungs sein, "pro 5 1/4", was immer uns das sagen soll. Augsburg stempelte noch vertragskonform seinen CBR3, durfte aber nicht mehr den alten 7 (Decimes) Taxstempel einsetzen (ab dem Laufe 1841 weggefallen). Der bayer. Gebührenanteil war also 5 Decimes. Nur mit dem Bruch komme ich nicht klar ...

    Beim Grenzübertritt in Frankreich war es jetzt schon der 10.9.. Eine solche Beförderungsdauer kenne ich nicht - der Brief war normalerweise in 2 Tagen in Strasbourg, maximal in 3 Tagen. Hier waren es 7 Tage. Die Franzosen sahen ihn als doppelt gewichtig an und notierten eine 9 (oder doch eine "alte" 7?).

    Die erste Taxierung von Strasbourg mit 18 Decimes war offenbar falsch und wurde durch 21 Deciimes korrigiert. Auch hat man Strasbourg unterstrichen, was dafür sprechen könnte, dass die Korrektur des Portos später erfolgt sein könnte (siegelseitig nur der Stempel von Metz 11.9.1846), denn die franz. Taxe war ja entfernungsabhängig und je nachdem, wo ein Brief Frankreich instradierte, konnte es unterschiedliche Entfernungen mit unterschiedlichen Taxen geben.

    Für weiterführende Hinweise bin ich sehr dankbar.

  • Liebe Freunde,

    heute zeige ich einen Brief des Bankhauses von Hirsch aus München vom 22.4.1842 an das Bankhaus der Gebrüder Rothschild in Paris.

    Die Aufgabepost stempelte brav München und CBR4. Die frühere Vergütung von Briefen aus dem 4. Rayon von 9 Decimes war im Laufe des Jahres 1841 gefallen und es wurden nur noch 7 Dec. vergütet. Diese wurden i. d. R. in die linke obere Ecke geschrieben, dort sehe ich aber nur "1 L" für 1 Loth (= 17,5g).

    Das korrespondiert nun überhaupt nicht mit 7 1/2 (neben dem CBR4 - Stempel), die von Strasbourg stammen müsesn, weil kein Bayern so schreiben konnte.

    Als Gesamtporto kamen 22 Dec. in Ansatz.

    Im Inneren des Briefes lese ich unzweifelhaft: "..., und überreiche Ihnen in der Anlage Francs 5.000 auf M. Hennin dort per 3. May und 450 Francs auf J. Lefebvre & Co. ditta ...".

    Ergo sollten dem Brief, was auf höheres Gewicht deuten sollte, zwei Wechsel beigeschlossen worden sein. Der Versand von Wechseln war aber üblicherweise per Fahrpost (= Wertbrief) vorzunehmen.

    Vlt. kann eine für die Interpretation dieses Briefes geeignete Banquiers - Frau hierzu ihre stets gern gelesene Meinung posten. :)

    P.S. Die Unterschrift des Joseph von Hirsch (später glaube ich sogar Baron von Hirsch) und die eines Rothschilds (S. Rothschild ?) können doch wohl kaum aus der gleichen Feder stammen, oder täusche ich mich da?

  • @ BK

    was die Unterschrift angeht hat meiner Meinung nach jemand stellvertretend für Joseph de Hirsch unterschrieben. Dies erkennst du in der Regel am ppa (oder so ähnlich) vor dem Namen. Die eigentliche Unterschrift des Bevollmächtigten sehe ich da auf dem Scann nicht

    was nun den Versand von Wechseln angeht: bei meinen Briefen lagen oft Wechsel bei was immer aus dem Texte hervorgeht, dass dies dann Fahrpost und als Wertbrief durchgeht habe ich so noch nicht beobachtet. Ich bin da allerdings auch keine Expertin und womöglich ist mir da etwas entgangen. Ich kucke ob die Tarife da etwas hergegen. Waren die Bestimmungen in Bayern etwa anders bzw erst später eingeführt ?

    und was die von Hirsch angeht , da gab es zwei Linien. Ich schulde euch übrigens noch einen De Hirsch 'Moritz' bezogenen Belgien Brief. Habs nicht vergessen


    was das Porto angeht - mal kucken


    Frage : für was steht die 3 auf der Rückseite ? Decimes ?


    Phila-Gruß

    Lulu

    3 Mal editiert, zuletzt von Zockerpeppi (20. August 2015 um 22:24)

  • Hallo Lulu,

    danke für deine Kommentare - auch ich kenne zahlreiche Wechsel, die mit der Briefpost verschickt wurden (dann aber fast immer unter Recommandation und somit versichert). Hätte man die Wechsel im erheblichen Wert per Fahrpost verschickt, wäre eine ganz andere (und weit höhere) Belastung auf Rothschild in Paris zugekommen und langsamer war die Fahrpost natürlich auch bei weitem.

    Was die "3" hinten soll, weiß ich leider auch nicht - ich sehe das zum ersten Mal. 3 Kreuzer machen Null Sinn, aber 3 Decimes sind für mich auch schleierhaft ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralp

    ich habe gestern Abend noch die Tarife durch gesehen: zwei möglichkeiten etnweder als Chargé (doppeltes Porto) wie du schon erwähnt hast oder als "article d'argent" Geldartikel. Hier wäre in der Tat ein dicker Batzen auf Rothschild zugekommen. Laut gültigem Fr Tarife von 1817 5% vom Wert der Wechsel + eine Fiskaltaxe von 0.35 ab 10Fr. Tarifanpassung erst 1847.Für beides gibt es keine Anzeichen


    Das Porto: nach Wahrscheinlichkeit

    1. gehen wir davon aus dass der Brief 7 1/2 Gramm und nicht eine Unze wog. Macht Porto x1.5. Straßburg- Paris 396 km laut Porto von 1828 7d. 7x1.5 = 10.5 auf gerundet auf 11d. Du schreibst es wurden 7d vergütet, gleiche Rechnung 7 x1.5= 10.5 aufgerundet auf 11. 11+11=22. Hätte der Postler 7+7x1.5 gerechnet ergäben es nur 21 d . Schlaues Kerlchen

    2. traditionnelle Rechnung nach der Strecke: Straßburg- Paris 396 km laut Porto von 1828 7d bei 3ter Gewichtsklasse x2.5 = 17.5 aufgerundet auf 18, verbleiben 6 für den Auslandsanteil. Im Postvertrag von 1821 steht dass 39x = 5 Fr(50d) sind. Somit wären 6d 7,69x (?)

    3. hier habe ich eine Rechnung gemacht die so irgendwie keinen Sinn macht. Ich schreibe sie dennoch nieder denn ich bin wie von Zauberhand auf 22d gekommen. 7 1/2 wäre ein Portosatz (???) bei einem Gewicht von 17.5 Gr ergibt das 3 Gewichtsstufe x 2.5 = 18.75 aufgerundet auf 19 + die vorerst unerklärliche 3 auf der Rückseite = 22  


    mein Favorit 1.

    Phila-Gruß

    Lulu

  • Hallo Lulu,

    ich halte 1. für richtig - erst einmal danke dafür. :)

    Aber 5 Francs waren keine 39x. 1 Franc = postalisch 30x, also 5 Francs = 150x = 2 Gulden 30x.

    Paritätisch: 1 Franc = 28,5x, also 5 Francs = 142,5x = 2 Gulden 22,5x.

    Es war sicher die Lösung 1, ganz sicher.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    Briefe des Postvertrages vom 1.1.1822 zwischen Bayern und Frankreich sind vielfältig und interessant, vor allem dann, wenn man Portobriefe mit Frankobriefen vergleicht.

    Heute zeige ich einen weit selteneren Frankobrief aus München vom 1.3.1847 nach Paris, bei dem der Aufgabebeamte zwar das Tagesdatum "1" falsch herum einsetzte, aber das war nicht der Kaufgrund. Dieser geht, nebem der leckeren Optik, allein aus der Siegelseite hervor, die abzubilden vom Anbieter clever war, weil ich ihn sonst nicht beboten hätte.

    Hinten lesen wir: 56 im Zähler und 36 im Nenner. Der Bayernspezialist weiß, dass in der Vormarkenzeit (VMZ) Bayern gehalten war, sein eigenes Franko als Nenner, das Weiterfranko für ausländische Posten, aber als Zähler schreiben sollte.

    Demzufolge zahlte der Absender 36 Kreuzer für Bayern und 56 Kreuzer für Frankreich, in toto 92 Kreuzer = 1 Gulden und 32 Kreuzer. Das waren 18 mal Mittagstisch im München des Jahres 1847, um die Kaufkraftparität mal aufzuzeigen.

    Wie setzen sich nun diese Franki zusammen? Ein einfacher bayerischer Brief wurde für die deutsche Strecke mit 18 Kreuzern je 1/2 Münchener Loth = 8,75g berechnet. Demnach war der Brief bei einem Gewicht über 1/2 bis 1 Loth mit dem 1,5fachen = 27 Kreuzer und wie hier bei einem Gewicht über 1 bis 1,5 Loth mit 36 Kreuzern zu frankieren. Für Bayern war es also die 3. Gewichtsstufe über 17,5 bis 26,25g.

    Für Frankreich galten andere Gewichtsgrenzen, nämlich 7,5g. Der einfache Satz für Frankreich von der Grenze, hier Strasbourg, bis Paris belief sich auf 20 Kreuzer, jedoch war die Steigerung bei höheren Gewichten als dem Einfachen degressiv. Bis 7,5g = 20 Kreuzer, über 7,5 bis 15g + 18 Kreuzer, über 15 - 22,5g + 18 Kreuzer, so dass wir hier bei 56 Kreuzern auch in der 3. Gewichtsstufe lagen, allerdings wog der Brief demnach über 17,5g bis 22,5g, weil er Einschlüsse enthielt.

    Vorne sehen wir 2 Abschläge des P.P. - Stempels von München, die auswiesen, dass alles bezahlt worden war, den Vertragsstempel BAVIÈRE - STRASB. von Strasbourg und den 11 A.E.D. - Stempel von Strasbourg, damit Paris wusste, über welchen Leitweg der Brief instradiert worden war.

    Strasbourg reduzierte die bayerischen 56 Kreuzer in 21 Decimes; 1 Decimes entsprach paritätisch 2,85 Kreuzern, so dass wir eigentlich nur auf 19,65 Decimes kommen sollten, aber gegenüber Bayern konnte man sich auch gerne mal etwas mehr herausnehmen ...

  • Liebe Freunde,

    weil auch kleine Besonderheiten "Besonderheiten" sind, zeige ich diesen hier aus München vom 30.7.1842 nach Nancy, für den der Absender 12 und 18 Kreuzer bezahlte.

    Wer die Besonderheiten findet, ist richtig gut ...

  • Liebe Freunde,

    offenbar war das Rätsel doch ein wenig zu schwer für euch, daher will ich es selbst auflösen:

    Bayern notierte bei Auslandsbriefen immer sein eigenes Franko im Nenner, folglich das Weiterfranko im Zähler.

    Von München nach Strasbourg im Nenner sollten also korrekte 18 Kreuzer stehen, die das 1. Gewicht abdeckten.

    Im Zähler stehen nun aber 12 Kreuzer für Frankreich und Frankreich reduzierte sein Franko immer in heimische Decimes. Hier schrieb man aber 6 Decimes an, die postalisch 18 Kreuzer entsprachen. Der Absender in München hatte aber nur 12 Kreuzer bezahlt und nicht 18 für den französischen Teil.

    2 Lösungen biete ich an:

    1. Der Brief lag in der 2. Gewichtsstufe Frankreichs, aber der 1. Bayerns (das gab es) und daher hat Frankreich hier nicht 12, sondern 18 Kreuzer als sein korrektes Franko angesehen und die Aufgabepost später mit einem Frankodefekt um die fehlenden 6 Kreuzer = 2 Decimes zu verrechnen ersucht.

    2. Frankreich machte einen Fehler (vlt. hatte man vorher taxische Post nach Frankreich bearbeitet in Strasbourg, wo die Beträge im Nenner und Zähler anders angesetzt wurden, als hier bei Bayern) und notierte statt 4 Decimes die falschen 6 Decimes, weil man den Betrag im Nenner für sich reklamierte?

    In jedem Fall ein äußerst seltener Fall von Unstimmigkeit bei einem Frankobrief, wie ich keinen 2. kenne.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    eine kleine Besonderheit sind 2 Stempel, die im 1. Semester des Jahres 1843 den Hauptbriefpostexpeditionen am Sitz der Oberpostämter testhalber verausgabt wurden und die Morgens und Abends zeigen. Damit wollte man dokumentieren, wann ein Brief abgegangen war, denn bei größeren Ämtern gab es mehrere Postabgänge und das bayerischer Publikum wünschte wohl genau zu wissen, ob ein Brief morgens und 08.00 Uhr, oder Abends um 20.00 Uhr auf seine Reise geschickt worden war.

    Im Auslandsverkehr waren diese Stempel eher obsolet, denn mehrere Postabgänge Richtung Ausland gab es m. W. nicht, aber die Vorschrift, diese Stempel bei jedem Poststück abzuschlagen, ließ ein Weglassen bei der Auslandskorrespondenz nicht zu.

    Am 27.3.1843 sandte man einen Portobrief aus Nürnberg früh am Morgen nach Bordeaux. Nürnberg lag zu Frankreich im 3. Rayon, also kam neben dem Ortsstempel und dem Morgens noch der C.B.R.3 - Stempel auf den Brief, wie es die Vorschrift war.

    Frankreich wog ihn in Forbach (bei Saarbrücken) mit 8g ab und taxierte ihn damit für die 2. Gewichtsstufe mit 18 Decimes = 54 Kreuzer postalisch bis zum Empfänger. Über Paris ging die Reise zur Firma Vieu & Rietmann dort (richtig: Vieux & Rietmann).

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    Bayern wurde zu diesem Vertrag hin eingeteilt in 5 Rayons: 1. + 2. Rayon waren die Orte der Pfalz, 3., 4. + 5. Rayon waren die rechtsrheinischen Orte.

    Briefe aus diesen Rayons sind alle Massenware - nur der 5. Rayon ist eine große Seltenheit, weil er praktisch nur die Stadt Passau und deren nähere Umgebung umfasste, also ein räumlich sehr kleines Gebiet, in dem Korrespondenten nach Frankreich leichter zu finden waren, wie Nadeln im Heuhaufen.

    Ich habe neben diesem einen weiteren Brief aus Passau nach Strasbourg und meines Wissens sind keine 10 Briefe aus dem 5. bayerischen Rayon nach Frankreich bekannt geworden. Umso mehr freue ich mich, hier einen vorstellen zu können: Geschrieben in Passau am 23.6.1847 von Andreas Dafinger an G. F. Herrnschmidt in Strasbourg. Es dürfte sich um den letzten bekannten Abschlag des C.B.R.5 (Correspondance Bavarois Rayon 5) handeln, da zum 1.7.1847 bereits der neue Postvertrag in den Startlöchern stand und in den nächsten 7 Tagen sicher keine Zeit mehr war, nach Frankreich zu schreiben.

    Bis 1841 notierten Portobriefe aus dem 5. Rayon mit 10 Decimes für Bayern und 2 Decimes für Frankreich, wenn sie nach Strasbourg liefen, in Summa also 12 Decimes. Danach aber wurden die Gebührenvormerkungen für die bayer. Seite abgesenkt und nur noch 9 Decimes (intern) angesetzt, zu denen weiterhin 2 Decimes für Frankreich bis Strasbourg kamen, so dass dann diese Portobriefe nur noch 11 Decimes wie hier kosteten.

    Ab dem 1.7.1847 hätte der Brief nach dem Postvertrag franko noch 18 Kreuzer (6 Decimes) gekostet, aber weil Frankreich sein Portosystem auch mit dem neuen Vertrag nicht umzustellen bereit war, wäre er auch nicht günstiger geworden und 11 Decimes entsprachen postalisch ca. 33 Kreuzer (!!).

    Bayern bekam je 30g Briefe aus dem 3. Rayon 80 Kreuzer intern vergütet. Dieser wiegt 5g, so dass man de facto für ihn von Frankreich gut 13 Kreuzer bonifiziert bekam (intern).

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    es gibt Briefe, von denen man träumen kann, aber nicht immer werden diese Träume erhört. Bei diesem wurde ein Traum von mir erhört und ich will ihn euch gerne vorstellen.

    Die K. B. Polizey - Direktion in München sandte am 7.1.1842 einen frankierten Brief an die "Mairie", also das Bürgermeisteramt der Stadt Strasbourg im Elsaß. Auf den Inhalt gehe ich später ein - er ist rein staatsdienstlich. Daher war der Brief auch zurecht mit der Franchise R.S. unten links zu versehen, was die Portofreiheit in Bayern zwingend nach sich zog. Weil man aber nicht wollte, dass der Brief vlt. in Frankreich als portopflichtig anzusehen wäre, notierte man ursprünglich unten links "franco Gränze".

    Dann aber entschied man sich um und nahm den Brief wieder zurück. 3 Tage später erschien man wieder auf der Bildfläche, jetzt aber mit gestrichenem Vermerk "... Gränze", beließ aber das "franco", so dass man in Bayern gebührenfrei blieb, aber das französische Franko tragen wollte. So zeigt uns die Siegelseite im Nenner für Bayern die klassische NULL - Paraphe, also nichts bezahlt worden, weil portofrei, aber im Zähler das Franko eines einfachen Briefes in den 1. französischen Rayon mit 6 Kreuzern, die von Strasbourg später korrekt in 2 Decimes reduziert worden sind.

    Welche Probleme die Post damals bei solchen sehr seltenen Briefen hatte, wird deutlich, dass ein C.B.R.4 - Stempel abgeschlagen wurde, aber auch zwei Abschläge des P.P. - Stempels angebracht wurden. Der 1. weist auf einen bayer. Portobrief aus dem 4. Rayon (München) nach Frankreich hin, die beiden anderen aber auf einen voll frankierten Brief, wie er es auch tatsächlich war. Das liegende X verdeutlichte nochmals die Frankatur.

    Inhalt: "Die Polizey - Vorschriften für die Eisenbahn betreffend.

    Höheren Auftrage zu Folge, gibt man sich die Ehre, um gefällige Mittheilung der Polizey - Vorschriften für die von der Stadt Strasburg ausgehende Eisenbahn das freundliche Ansuchen zu stellen, und erbietet sich unter Versicherung der ausgezeichnetsten Hochachtung zu den bereitwilligsten Gegendiensten. München den 7ten Jaenner 1842 - In Geduld".

  • Liebe Freunde,

    bei folgender Briefrosine wäre mir Hilfe recht ...

    Geschrieben vom Kreiß- und Stadtgericht Ansbach am 5.11.1825 als Armen - Sache (!!) An das Kaiserlich französische Bezirksgericht zu Valencienne, wurde der Brief in Nürnberg mit dem Gewicht von 11g (oben links) verwogen und mit 26 Kreuzern Porto taxiert. Dazu setzte Nürnberg als Kartenschlußpoststelle unter "Valencienne" den Vermerk "par Rheinbaiern", wollte also die Leitung über Strasbourg vermeiden und präferierte hier Forbach.

    Dann aber strich jemand die 26, sandte den Brief aber über Forbach, wie man am Stempel "BAVIERE PAR FORBACH" sehen kann, also doch die Leitung über die Rheinpfalz und Saarbrücken (Preussen).

    In Valenciennes kam der Brief auch an, wurde jedoch siegelseitig mit einem Deboursé - Stempel 57 VALENCIENNES versehen (am 19.11.1825).

    Frontseitig lese ich neben "An" noch "Dr de L´Hospice".

    Leider kann ich den Brief nicht öffnen, ohne ihn zu beschädigen, sonst würden wir den sicher nicht uninteressanten Inhalt kennen.

    Eine Armensache nach Frankreich hatte ich bisher noch nie gesehen und dieser Brief wird die Krönung meiner Sammlung Armensachen darstellen.

  • Lieber Ralph,

    Das ist ein sehr schöner Brief!
    Bezüglich des Portos meine ich, daß es sich lieber um Décimes handelt, also 26 décimes (7 décimes Bayern->Frankreich + 7 décimes Forbach-> Valenciennes *2 für Doppelporto).
    Die Tinte, die gedient hat, das Porto zu schreiben, scheint bläulich zu sein. Was anzeigen könnte, daß es in Paris berechnet und geschrieben wurde.

    In Valenciennes ist dieser Brief als ein Dienstbrief betrachtet gewesen. Das Porto wurde also aufgehoben (gestrichene 26 und Deboursé-Stempel).

    Der Brief war an das Bezirksgericht geschickt, aber tatsächlich war er für den Direktor des Hospizes von Valenciennes bestimmt (Dr de L´Hospice)

    Das Hospiz von Valenciennes heutzutage, das demnächst teilweise ins 5 Sterne-Hotel verwandelt sein wird.

    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Lieber Emmanuel,

    hab vielen Dank für deine Beschreibung.

    Ich war mir unsicher, wer blau geschrieben hatte. Die Schreibweise der 26 ist natürlich französisch, aber "par Rheinbaiern" ist in deutscher Schrift notiert worden und es scheint mir die selbe Hand zu sein, die beides schrieb.

    Gab es Deboursé - Stempel wenn ein Brief innerhalb des Ortes nachgeschickt wurde? Ich kenne diese Stempel nur dann, wenn von einem Ort zu einem anderen Ort mit eigener Post nachgeschickt wurde, aber ich lerne gerne von dir dazu.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    "par Rheinbaiern" ist sicher deutsch, aber der "26" ist französisch. Im Fall eines Portobriefes nur das Empfänger-Land taxiert.

    Es geben 7 Déboursé-Fälle (immer für Portobriefe).
    Das Déboursé-Stempel ist ein Rechnungsstempel vor allem. Es dient dazu, anzuzeigen, daß das Postamt das Porto ganz oder teilweise nicht erheben wird.
    1/Der Brief ist fehlgeleitet
    2/Das Porto soll reduziert sein
    3/Der Brief ist für jemanden bestimmt, der an der angegebenen Adresse nicht mehr wohnt.
    4/Der Brief ist für einen Militär bestimmt, der seine Besatzung gewechselt hat.
    5/Der Brief ist für eine Person bestimmt, die vom Portofreiheit profitiert.
    6/Der Brief ist schlecht adressiert.
    7/Der Brief ist für eine unbekannte Person.

    Dein Brief könnte zu 5. Kategorie gehören. Dienstbrief (also Portofreiheit) unrechtmäßig taxiert.

    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Lieber Emmanuel,

    das sind viele Informationen, die ich so noch nicht kannte - jetzt aber schon. :)

    Du hast sicher Recht - vermutlich hat Nürnberg das in deutscher Currentschrift unten verfasst und Frankreich die 26 geschrieben bzw. wieder gestrichen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    Nach Weiterer Überlegung ich bemerke, daß ich auf Deine Frage nicht vollständig geantwortet habe.
    Tatsächlich seit 1822 hat sich das System entwickelt und es bleiben nur 4 Déboursé-Fälle mehr.
    1/Der Brief ist für jemanden bestimmt, der an der angegebenen Adresse nicht mehr wohnt.
    2/Der Brief ist fehlgeleitet.
    3/Der Brief ist schlecht adressiert.
    4/Der Brief ist für eine unbekannte Person.

    Die Portoverminderungs- oder Annullierungsfälle sind anders behandelt. Aber sogar in diesen Fällen muß das Déboursé-Stempel auf dem Brief geschlagen sein.
    Wenn man das Porto eines Briefes ändern muß, dieser ist nach Paris zurückgesandt und mehr genau nach dem "Bureau Général des Déboursés et Détaxes" (Allgemeines Amt für Déboursé und Portobefreiung).
    Die Nummer 51 oben rechts von deinem Brief könnte anzeigen, daß er ein zweites Mal über Paris gegangenen ist.
    Also: Ansbach->Forbach->Paris->Valenciennes->Paris->Valenciennes.

    Viele Grüsse.
    Emmanuel.