Portofreiheit – wer zahlte?

  • Was ich nicht weiß, aber vermute: Kein Brief in Bayern, auch wenn er portofrei befördert wurde, war "kostenlos". Es wurden von 1808 an Statistiken geführt, welche Behörden in welchen Fällen was und wie viel verschickten. Diese Statistiken liefen am Jahresende (also nach 30.6. in der Anfangszeit) an das Ministerium nach München, wo sie geprüft und den anderen Ministerien nach Zuordnung "weiter belastet" wurden. Die Post arbeitete also nicht gratis für die zahlreichen anderen bayerischen Behörden, auch wenn man das den Briefen natürlich nicht ansieht.

    (Aus dem Thread Expreßbriefe, Posting 9)

    Verehrte Freunde,

    wie bayern klassisch schreibt, wurde Buch darüber geführt, wie viel die Portofreiheit der Behörden die Verkehrsbehörde kostete.
    Ob sie für die geleisteten Dienste allerdings, wie er vermutet, je Geld sah, dahinter kann man ein gehöriges Fragezeichen setzen.

    Wie der angehängte Ausschnitt aus der "Nachweisung über den Betrieb der K. Bayer. Verkehrsanstalten für das Etatsjahr 1851/52" belegt, wurde der Reinertrag der Wirtschaftsperioden 1850/51 und 1851/52 durch "das Porto für die durchgängig mehrgewichtige offiziöse Correspondenz sowie die im Gegenhalt zu den Privatsendungen ungleich werthvolleren Aufgaben von Staatsgeldern und Akten" stark geschmälert. Die Tatsache, dass man hier klipp und klar von entgangenen Einnahmen schreibt, spricht für sich. Unter dem Strich fraß die Dienstkorrespondenz 85% des Ertrags auf.

    Als Anton Boegler 1913 seine Arbeit "Die finanziellen Ergebnisse der bayerischen Post- und Telegraphenverwaltung" vorlegte, beklagte er, dass der Postetat in dieser Hinsicht nicht mit genauen Zahlen aufwartete, und die Rentabilität mithin kaum seriös zu ermitteln wäre. Für die Jahre 1870 bis 1881 (Post) und 1882 bis 1907 (gemeinsame Post- und Telegraphenverwaltung) lagen nicht einmal Angaben über die entgangenen Einnahmen vor. Die am Gesetzgebungsverfahren über die Portoablösung 1907 beteiligten Abgeordneten errechneten für die Jahre 1850 bis 1869 einen durchschnittlichen Gebührenvortrag von 38% pro Jahr, für die Zeit danach waren sie auf Schätzungen angewiesen. Wäre jemals aus den von der Portofreiheit profitierenden Ministerien Geld zurück geflossen, hätte man nicht über den Daumen peilen müssen.
    Im Zuge der Einführung des Ablösungsverfahrens zum 1.1.1908 wurde ein Strich darunter gezogen. Alle Portoschulden vor diesem Stichjahr wurden auf die Staatskasse übernommen.

    Viele Grüße aus Erding!

  • Liebe Freunde,

    üblicherweise waren Armensachen portofrei, weil die betreffenden Klientel eben nicht flüssig war und wohl eh hätte nicht zahlen können, was immer man ihr zu zahlen aufgetragen hätte.

    Hier ein m. E. seltenes Beispiel eines frankierten Briefes aus Kaufbeuren vom 7.7.1871 (man achte auf den Stempel!) vom dortigen Magistrat an die Stadtpflege in Stuttgart (Armensache Expeditions Nummer 1743 frei).

    Vlt. dachte man, dass man dergleichen nach außerhalb Bayerns besser frankierte, um keinen Ärger zu bekommen? Wegen mangelnden Inhalts werden die wirklichen Gründe wohl nie in Erfahrung zu bringen sein.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Der nachfolgend gezeigte Umschlag aus dem Jahre 1826 trägt das Siegel des Cabinets-Ministeriums. Innerhalb Sachsens wurde ausweislich des "Sonnenzeichens" Portofreiheit beansprucht.
    Die taxissche Post seh das offenbar anders und taxierte mit 6/6 (Kr.), reduzierte diesen Betrag aber anschließend auf 3 (Kr), was Bestellgeld sein konnte.

    Kennt jemand die einschlägigen Vorschriften?

    Altsax