• Guten Abend Sammlerfreunde,

    ob man das anbei als einen "Zensurbrief" bezeichnen kann, ist für mich im Moment durchaus etwas fraglich. Was aber sollte wiederum der Grund für den oben links angebrachten 3-Zeiler-Stempel gewesen sein ? Gehe einmal davon aus, dass das der Hinweis auf einen, für gewerblich tätige Personen persönlich ausgestellten Erlaubnisschein zum Handel mit Lebens- und Genussmitteln war (hier wahrscheinlich Wein, Brände o.ä). Vielleicht wollte man sich damit den überrheinischen Zensurbehörden gegenüber als seriös geschäftlich agierend darstellen. Wer mehr dazu weiss is always welcomed.

    Schönen Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo Tim,

    der Stempel hat mit Zensur nichts zu tun. Er besagt lediglich, daß der Absender im genannten Gewerbe tätig sein durfte. Hier in der Gegend saßen die Belgier nach WK I bis 1923 und hatten ähnliche Erlaubnisse erteilt, zu denen man mitunter Vermerke findet.

    viele Grüße

    Dieter

  • Morsche Tim,

    feiner Brief und ich schließe mich Dieters Meinung an, dass das mit Zensur nichts zu tun hatte.

    Erlaubnisscheine wurden ausgestellt, um Waren exportieren zu dürfen, teils auch, um den Export zu limitieren; dann wurden auf diesen Scheinen Quantitäten notiert und die Ausfuhr zollamtlich bestätigt und der um den Wert der Ausfuhr reduzierte neue Wert eingetragen, bis am Ende der Wert auf Null zulief (Kontingentierung auch genannt).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Dieter + Ralph,

    mit Verlaub, aber die bayerische Pfalz gehörte schon seit 1834 zum deutschen Zollverein. Und auch 1919 war das linksrheinische Bayern noch bayerisch. Was gab es da bei einer Ausfuhr nach Bensheim / Südhessen zu verzollen ? Was geht das die Post an, dass der gute Otto Wolf so einen Erlaubnisschein vom Dürkheimer Bezirksamt hatte ? Warum gab es derartiges sonst nicht auf Briefen, außer hier bspw. während der franz. Rheinlandbesatzung ? Das sind die Fragen, die ich stelle.

    Schönen Gruß

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    die Farbe des Stempels vorn und die des Firmenstempels hinten sind identisch - also hat der Absender gestempelt.

    Mit dem Zollverein von 1834 hat dein Brief nun wahrlich nichts zu tun - ich halte es für möglich, dass es Kontigentierungen in der schweren Nachkriegszeit gab und die betrafen auch u. U. Bayern, Württemberg, das Dt. Reich usw., ohne dass diese 3 Gebiete egalitär gewesen wären.

    Da Ungstein für Weine bekannt ist, halte ich es für gut denkbar, dass es mit dem Export von Weinen aus französisch besetztem Gebiet in ein anderes Gebiet Beschränkungen gab. Aber ich will mich da nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, weil nicht meine Zeit.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch (14. Januar 2024 um 20:00)

  • Hallo Ralph,

    ich habe ad hoc einmal gesucht, an den Ausfuhrbeschränkungen ins rechtsrheinische Gebiet ist schon was dran, steht etwas weiter unten hier:

    Pfalz
    „Zum Wohl. Die Pfalz.“ - die 3600 pfälzischen Winzer verbinden in ihrem berühmten Slogan geschickt Understatement und kerniges Selbstbewusstsein.…
    www.weine-feinkost.de

    ...das galt wohl seit dem Versailler Vertrag.

    Dann ist es schon eine Art Überwachung, die da hinten dran gestanden hat, wenn auch eher wirtschaftlicher Art wie die damalige Devisenkontrolle.

    Schönen Gruß

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • ... noch ein bischen "semi-topic" on top, womit Ralph`s Aussage in post223/225 perfekt belegt wird. Ein Einfuhrzollbeleg, hier für Rindleder, was am 28. Juni 1921 aus Weinheim / Baden in die franz. besetzte Pfalz überführt wurde. Abkassiert und quittiert wurde die Zollgebühr auf der Rheinbrücke MA-LU.

    Vielen Dank HOSZW für die freundliche Überlassung !

    Schönen Gruß

    Tim :thumbup:

  • Hallo Tim,

    das ist auch für mich als Enkel eines Schuhfabrikanten ein interessanter Beleg. Wer anders als Freudenberg kaufte so viel Rindleder, daß er eine so stolze Summe Zoll bezahlen durfte. Auch wenn wir zu der Zeit schon den Beginn der Inflation sehen, das waren eine Menge Quadratfuß Leder.

    viele Grüße

    Dieter

    PS: Das Maß für Leder wurde meiner Erinnerung nach erst in den 1980ern auf Quadratmeter umgestellt.

  • Hallo Dieter,

    weil`s grad so schön ist hier noch ein weiterer Quittierungsbeleg vom Rheinbrückenzoll für das gleiche Unternehmen 10 Tage zuvor. Ferner eine Einfuhrbewilligung für Oberleder aus Bad Ems, dem "unbesetzten Deutschland" für das besetzte Gebiet nach Landstuhl / Pfalz.

    Das sieht ja schon ganz respektabel aus 8o

    Schönen Gruß

    Tim

  • ... sehr schöne Arrondierung dieser interessanten Geschichte, von der heute kaum noch einer Ahnung hat. :thumbup: :thumbup: :thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Dieser Fund hat mich doch sehr überrascht. Der schon mehrfach gezeigte Zensurstempel "Prüfungsstelle / des II. Armee=Korps / Ludwigshafen a. Rh." kommt nach dem Ende der Militärzensur auch in aptierter Form vor. Die zweite Zeile - der militärische Teil - wurde entfernt.

    Brief der Allgemeinen Ortskrankenkasse Germersheim vom 24. Dezember 1918 an den Armenrat in Heidelberg. Ist das jetzt schon französische Zensur oder noch deutsche Devisenkontrolle?

  • Diese beiden Postkarten mit Zensurstempeln aus Weissenburg im Elsass habe ich bei einem Tauschtag gefunden. Zunächst sind mir die kleinen Zensurstempel aufgefallen.

    Die Weissenburger Stempel hatte ich immer viel größer in Erinnerung. Ein Blick in den Riemer zeigt, dass ich Recht hatte. Dieser Stempel ist unter Nummer 6 gelistet, aber nicht abgebildet. Er sei zwar in der Literatur erwähnt, aber er lag wohl nicht vor und Verwendungsdaten waren keine bekannt. Trotzdem wird er mit 15 Punkten bewertet.

    Im Katalog der SPAL werden Verwendungsdaten von September 1915 bis November 1917 angegeben und die Seltenheitsstufe ist D.

    Den Aufgabeort konnte ich zunächst nicht identifizieren, weil die Stempel nicht gut abgeschlagen sind. In einer Anschrift wurde allerdings der Leitvermerk Elsass weggelassen und somit wußte ich, dass ich in der angrenzenden Pfalz suchen muß. Es stellte sich heraus, dass es sich um Klingenmünster handelt, das nur 12 km von Weissenburg entfernt ist. Die Monatsangabe in Ziffern ist mir auch aufgefallen und die ist bei diesem Stempeltyp doch eher ungewöhnlich?

  • Den Aufgabeort konnte ich zunächst nicht identifizieren, weil die Stempel nicht gut abgeschlagen sind.

    ...das dürfte INGENHEIM, heute Teil des Doppelortes Billigheim-Ingenheim in der Verbandsgemeinde Landau Land sein.

    Schönen Gruß

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Guten Morgen in die Runde,

    ...und gleich noch eine Frage zu nachfolgendem Beleg.
    Brief aus Boston vom 20. April 1916 adressiert nach München.
    Aufgehalten und geöffnet von der britischen Zensur, erhielt der Brief einen roten zweizeiligen Rahmenstempel "Released by the British Military Authorities" und einen handschriftlichen Vermerk "zugestellt Aug 1919".
    Meine Fragen nun:
    Gibt es Unterlagen anhand derer die Zensornummer (hier: 1346) örtlich zugeordnet werden können?
    Kann jemand bestätigen, dass der "Released"-Stempel nur auf solchen Briefen ins Reich vorkommt, die erst nach Kriegsende von der britischen Zensur freigegeben wurden?
    Vielen Dank im Voraus für jedwede Hilfe.

    Beste Grüße
    Postgeschichte-Kemser