Russland - Italien über Preußen

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    hier ein Brief aus dem südrussischen Taganrog nach Genua von 1863.

    Der Brief verliess Russland über das russisch-österreichische Grenzpostamt Novoselitz, lief im geschlossenen Transit durch Österreich und wurde vom Eisenbahnpostamt V auf der Strecke Kattowitz-Breslau von der preußischen Post bearbeitet. Weiter ging es durch Bayern (geschlossener Transit), Baden und der Schweiz nach Italien.
    Der Brief wurde frankiert aufgegeben, der Absender bezahlte 48 Kopeken (vorderseitig notiert):
    10 Kop. russisches Franko
    33 Kop. Auslandsfranko
    5 Kop. Gebühr für einen Einlieferungsschein.
    Preußen notierte rückseitig das eingenommene Weiterfranko in Höhe von 10 Sgr.:
    3 Sgr. Vereinsfranko
    7 Sgr. Weiterfranko.

    Das reguläre Weiterfranko betrug 12 Kr. bzw. 3 3/4 Sgr. : 2 Sgr. schweizer Transit und 1 3/4 Sgr. italienischer Anteil (für Briefe bis 10 Gr.).
    Da der Brief wohl über 10 Gr. wog, fiel hier ein höheres Franko an.
    Die vorderseitige blaue Weiterfrankonotierung wurde korrigiert, allerdings bin ich mir unsicher, was jetzt letztendlich weitergegeben wurd.

    Weiß jemand, wer hier das große Rötelkreuz angebracht haben könnte? Von Österreich kennt man es für voll frankierte Briefe, die österreichische Post sollte aber eigentlich mit den Taxierungen nichts zu tun haben.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    ich lese 36x als Weiterfranko.

    Meines Wissens verdoppelte sich die Gebühr in Italien bei der Recommandation.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber bayern klassisch,

    ich lese 36x als Weiterfranko.

    36 Kreuzer - aber wofür, wie wäre dieser Betrag aufzuschlüsseln?
    Wenn man bei der Blaustiftnotierung von links nach rechts liest:
    Wfr = Weiterfranko
    "3" überschrieben mit "7" oder andersherum "7" überschrieben mit "3"
    Man könnte auch "7 6/10" lesen, was zu dem doppelten des üblichen Weiterfrankos von 3 3/4 Sgr. passt (3 3/4 * 2 = 7 5/10)
    Ganz rechts folgt dann noch eine kleinere "7" (?)

    Wie gesagt - für mich etwas rätselhaft ...

    Meines Wissens verdoppelte sich die Gebühr in Italien bei der Recommandation.

    Ich kann keinen Reco-Hinweis finden.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    sorry für den Reco-Hinweis - so einen hätte ich dir gewünscht, das war dann wohl der Vater des Gedanken.

    Den WF - Vermerk habe ich mir nochmals angesehen - du hast Recht 7 6/10 lese ich da.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    Einmal editiert, zuletzt von Admin-M (20. Februar 2023 um 16:40)

  • Lieber bayern klassisch,

    danke für die Bestätigung. Jedenfalls scheint der Postler damals seine Schwierigkeiten gehabt zu haben.

    Einen passenden Portobeleg (allerdings nur für die 1. Gewichtsstufe) kann ich daneben stellen:

    1864 aus Odessa nach Genua.
    Vorderseitig der Rautenstempel von Odessa (verwendet 1857-66), rs. ein nicht so häufiger Portostempel von dort mit der Angabe von 3 (Sgr.) Porto im Oval.
    Im Unterschied zu dem vorigen Brief, der über das russisch-österreichische Austauschpostamt Novoselitz lief, erfolgte hier die Leitung über den direkten Kartenschluß Odessas mit dem preußischen Speditionsbüro in Breslau (2x/wöchentlich, seit 1850) im stillen Transit durch Polen. Die postalische Bearbeitung preußischerseits erfolgte auf der Strecke Breslau-Berlin. Wie bei dem vorigen Brief ging es dann über Bayern-Baden-Schweiz nach Italien. Rückseitig ist ein schlecht abgeschlagener Ankunfsstempel ARRIVO GENOVA in rot zu sehen.
    Die Taxen sind hier sehr übersichtlich:
    3 Sgr. russische Portoforderung rückseitig.
    20 Kreuzer Portobelastung (11 Kr. russisches Porto + 9 Kr. Vereinsporto) von Baden in blau notiert.
    Gesamttaxe von 10 Decimi in Genua.

    Viele Grüße
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Admin-M (20. Februar 2023 um 16:41)

  • Lieber Michael,

    eigentlich erstaunlich, dass man die Briefe vom Schwarzen Meer so weit nach Norden leitete, wo man sie auch über Wien - München - Lindau oder Wien - München - Ulm - Friedrichshafen hätte leiten können, das wäre auch nicht langsamer gewesen. Alternativ hätte man die CH auch komplett umgehen können, wenn man hätte wollen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,

    Brief von Michael: Russland – Italien über Preußen

    Seine Frage:

    „Weiß jemand, wer hier das große Rötelkreuz angebracht haben könnte?“

    • auf der Vorderseite sind zwei verschiedene rote Farben (Stifte) benutzt worden? Notierung von Preußen auf Rückseite und das Kreuz identische Farbton?

    Vielleicht hilft es weitet...

    LG F.

    "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben."
    W. v Humboldt

  • Hallo Filigrana,

    das Rötelkreuz stammt mit Sicherheit von der Schweiz.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber bayern klassisch, @all,

    Zitat

    eigentlich erstaunlich, dass man die Briefe vom Schwarzen Meer so weit nach Norden leitete, wo man sie auch über Wien - München - Lindau oder Wien - München - Ulm - Friedrichshafen hätte leiten können, das wäre auch nicht langsamer gewesen.

    etwas länger hat es schon gedauert ...

    Zitat

    Alternativ hätte man die CH auch komplett umgehen können, wenn man hätte wollen.

    hierfür diene der folgende Brief als Beispiel:

    1860 von Taganrog nach Genua, diesmal über Frankreich.
    Beim Transit durch Österreich ging etwas schief. Der Brief wurde verspätet, erst in Oderberg, an die preußische Post übergeben.
    Hier ging es über die Eisenbahnstrecke Oderberg-Kandrzin-Oppeln-Breslau Richtung Berlin. Da auf dieser Strecke normalerweise keine russische Post befördert wurde, fehlt hier auch der entsprechende preußische Grenzeingangsstempel.
    Via Berlin und Aachen ging es dann nach Frankreich. Vertragsgemäß (PV Preußen-Frankreich 1858 ) erhielt der Brief noch in Preußen den Vertragsstempel P.41. für transitierende Portobriefe aus Russland.
    Rechts oben findet sich die russische Notierung porto 12 (Kop.)
    Links die von Preußen aufaddierten 6 Sgr.
    In Italien hatte der Empfänger dann 14 Décimi zu zahlen.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    sehr schön, wenn man konkurrierende Leitwege zeigen kann - hoch interessant, was die Gebühren, die Laufzeiten und die Vergütungen (Transite) angeht.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Schlacki,

    ein schöner Brief! Der Leitweg Frankreich ist richtig, wie wir am blauen, französischen Stempel erkennen können. Leider ist er nicht gut zu erkennen - gibt es einen besseren Scan von ihm?

    Was steht in der 1. Zeile? Ist das eine Laufwegsvorgabe?

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Schlacki,

    Prusse - Erquellines 3 lese ich da - also stammt der Stempel von Paris, wo das Briefepaket aus Preußen geöffnet wurde, es war also ein Transitstempel.

    Zur Portoteilung kann ich nichts sagen - leider nicht meine Baustelle.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    hier ein Brief aus St. Petersburg nach Livorno von 1867.
    Frankiert mit 35 Kopeken, was für den Leitweg über Frankreich passt.
    Dessen ungeachtet wurde der Brief über die Schweiz geleitet, wie die rückseitigen Stempel schön belegen:
    Heidelberg-Basel , Basel-Olten , ???-Fluelen , Da Como a Milano

    Die Aufschlüsselung der Taxen (7 1/4 Sgr. Wfr.) ist mir noch nicht gelungen, entsprechende Vertragsunterlagen bzw. Circulare noch nicht aufgetaucht.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    ein kleiner Hingucker. :P

    Die badische Bahnpost hätte ich auch via Kehl Frankreich zuspedieren können (müssen?), zog es aber vor, die schnellere Route zu wählen.

    Die Frage ist: Was hätte man für den Laufweg über die CH frankieren müssen?

    Hier wurden ja 6x für die CH und 6x für Italien = 12x an Weiterfranko notiert.

    Der PV Frankreich - Italien konnte ja auch für Italien andere Gebühren vorsehen und dürfte auf alle Fälle teurer gewesen sein.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Liebe Kollegen,

    danke für die Kommentare.

    Zitat

    Luzern-Flüelen sein, Schiffspost über den Vierwaldstätter See.

    Schön, ein Schiffspostbeleg. :)

    Zitat

    Was hätte man für den Laufweg über die CH frankieren müssen?

    Laut Kupec kostete die Leitung über die Schweiz 36 Kopeken, also 1 Kopeke mehr.

    Zitat

    Hier wurden ja 6x für die CH und 6x für Italien = 12x an Weiterfranko notiert.

    Ist diese Aufteilung zwischen der Schweiz und Italien gesichert?

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    Preußen notierte ja 7 1/4 Sgr. in rot, warf dann 1 3/4 Sgr. an Weiterfranko aus. Später reduzierte man den Transit für die CH mit 6x und das WF für Italien ebenfalls mit 6x zu den vermerkten 12x. Das steht m. E. fest und ich kenne das so von zahlreichen anderen Briefen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    hier ein weiterer Brief aus Südrussland nach Italien, der über Frankreich lief.

    Geschrieben am 21.10.1860 in Taganrog, erreichte der Brief das russische Grenzpostamt Novoselitz am 30.10., lief im geschlossenen Transit durch Österreich nach Preußen und wurde hier auf der Eisenbahnlinie Myslowitz-Breslau (4.11.) nach Westen geleitet. Lief dann über Forbach-Strassburg (6.11.) nach Frankreich, nahm einen kleinen Schlenker über Paris (7.11., Fehlleitung) mit, um am 9.11. in Genua zugestellt zu werden.
    zu den Stempeln
    vs: russ. Absenderstpl. (blau)
    vs. russ. Porto-Stempel (blau)
    vs: preuss. Zackenstempel AUS RUSSLAND (schwarz)
    vs. preuss. Verrechnungsstpl. P.41. (franz.-preuss. PV) (schwarz)
    vs. franz. Eingangsstpl. PRUSSE FORBACH AMB.B. (in meinem alten vdL-Katalog sind nur A und C gelistet) (rot)
    rs. russ. Aufgabestpl. Taganrog (schwarz)
    rs. preuss. Kursstpl. BRESLAU / MYSLOWITZ / 4 11 * II retour (schwarz)
    rs. franz. Kursstpl. Strasbourg-Paris (schwarz)
    rs. franz. Durchgangsstpl. Paris (schwarz)
    rs. ital. Ankunftsstpl. ARRIVO GENOVA (rot)

    zu den Taxierungen
    der Brief wurde russischerseits zunächst als "franco" notiert, dies aber später von Preußen diskret mit dem Zackenstempel überstempelt und mit einem Rötelstift durchgestrichen
    Russland hatte gegenüber Preußen eine Portoforderung von 3 Sgr. (Brief der 1.Gewichtsstufe)
    die Gesamtforderung von 6 Sgr. aus russ. Porto + Postvereinsporto wurde anscheinend in Form von 20 Kr. notiert (war vielleicht zunächst eine Leitung über Baden/Schweiz geplant?), die aber wieder doppelt gestrichen wurden.
    In Frankreich wurde der Brief als doppelt schwer notiert.
    In Italien fiel ein Gesamtporto von 28 Déc. an - Der Brief aus dem vorhergehenden Posting war einfach schwer und wurde mit 14 Déc. taxiert. Wenn ich mich nicht irre, verdoppelte die italienische Post das gesamt Porto - incl. der 6 Sgr. für Preußen/Russland auf 12 Sgr. - und behielt die zusätzlichen 6 Sgr. in der eigenen Kasse!? Lukrativ!

    Viele Grüße
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Admin-M (20. Februar 2023 um 16:44)