• Guten Abend zusammen,

    da ich gerade mit bayern klassisch über diesen Brief gesprochen habe, möchte ich ihn auch hier im Forum vorstellen.

    Leider ist es nicht meiner, sondern nur aus meinem Archiv.

    Der Brief ging von Marktbreit am 26.7.1853 auf seine Reise nach Milvaukee/USA. Die möglichen Laufwege waren über Frankreich, über Bremen, mit der prussian closed mail über Aachen oder mit der British open mail über London.

    Der Absender entschied sich für die British open mail, erkennbar am roten P- Stempel und dem roten paid-Stempel für vollbezahlt. Er wurde bis zur Postvereinsgrenze mit 9 Kreuzer frankiert, das Weiterfranko i.H.v. 38 Kreuzer wurde bar bezahlt und rückseitig mit 14/24 vermerkt. 14x dürften Belgien und England bekommen haben, der Rest war Seeporto und USA.

    Hr.Schmitt spricht in seinem Attest von Teilfranko, dies ist nicht ganz richtig, da der Brief vollständig frankiert war, eine sog. geteilte Frankoabgeltung.

    Ankunft in New York war der 11.8.1853, die USA forderten von England noch 5 cent Inlandsporto. Über den Atlantik gings von Liverpool mit der Cunard-Linie per Dampfer Africa am 30.7.1853.

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Leitwege,

    wer würde den nicht gerne nehmen, tolle Beschreibung.

    War längst mal fällig, dass ein thread Bayern - USA eingerichtet wird !

    Ich werde ab jetzt auch alle meine Bayern-USA-Neuzugänge hier posten.

    Besten Dank + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Leitwege,

    dass es diesen thread bisher nicht gab liegt daran, dass man der Auffassung nach verfahren ist unter USA-Bayern auch Belege bzw. Destinationen der Richtung Bayern-USA einzustellen, um den sog. "direkten Vergleich" zu haben. Ich habe mich da zwar in Sachen USA bislang dran gehalten, aber das noch nie so richtig überzeugt.

    Denn es ist A) von der Suche her unpraktisch Destiantionen Bayern-USA im thread USA-Bayern finden zu müssen, B) verläuft sich der direkte Vergleich mit zunehmender Anzahl der posts, die z.T. auch Semiklassik beinhalten, C) kann man wenn man einen direkten Vergleich zeigen/herausarbeiten will, das ja gut und gerne auch in ein und demselben post tun.

    Aber prinzipiell eine Destiantion Bayern-USA in einen thread USA-Bayern einzustellen bze. einstellen zu müssen, das halte ich auch für alles andere internationale für nicht schlüssig/zielführend.

    Insofern nochmals Dank an Dich :thumbup:

    + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Freunde,

    ehe ich näher auf den von Leitwege dankenswerterweise eingestellten Brief eingehe, möchte ich die postalische Lage in Bayern ab dem 1.8.1852 eingehen und hierzu die Verordnung zeigen, auf der Briefe nach Übersee fußen.

  • Liebe Freunde,

    zum Brief aus Post # 1 eine kurze Vorgeschichte:

    Bei der 277. Köhler - Versteigerung in Wiesbaden waren am Mittwoch, den 3.6.1992, mein Freund Karl Zangerle, etliche große Bayernsammler und meine Wenigkeit anwesend. Volker Parthen knallte in seiner bekannt flotten Art tolle PO - Bayernlose durch, dass man sehr aufpassen musste, nichts zu verpassen.

    Ich hatte mich mit Karl bei Los Nr. 243, eben dem unter #1 gezeigten Brief, abgesprochen. Der Ausruf von 300 DM war für uns beide lächerlich und wir wollten bis 1.500 - 1.600 DM mitgehen und dann sehen, was der Saal bzw. das Telefon machten. Die Beschreibung im Katalog war grob, aber richtig, so dass jeder wusste, was er bebot.

    Volker begann bei 1.800 DM bei dem Los und Karl und ich guckten uns nur an, denn damit hatten wir nicht gerechnet. Der Zuschlag erfolgte bei 3.200 DM, die wir zwar dabei hatten, aber für den Brief auszugeben nicht bereit waren. Heute würde ich ihn für 1.600 Euro natürlich nehmen, wenn er noch in mein Sammelprofil passen würde. Tempi passati ...

    Nun zum Brief selbst: 9x bis 1 Loth reichten nur bis Aachen (§ 2 a) und das Weiterfranko bis GB via Belgien von 14x für Belgien (bis Ostende) und über die Nordsee bis GB inklusive (§ 2 b) ).

    Für den Seetransport kamen 24x in Ansatz, jedoch nur bis zum Ausschiffungshafen. Daher stempelten die US - Postmaster korrekt den Debitstempel 5 Cents bis 1/2 Unze = 14,2g und 300 Meilen.

    Kostenstruktur: 9x Bayern abzüglich ca. 1,5x für den inneren Transit für Taxis. 3/4 Sgr. = 3x für Belgiens geschlossenen Transit. 3 1/4 Sgr. = 11x für GB bis Liverpool.
    GB 6 3/4 Sgr. = 24x für den britischen Seetransport und 5 Cents = 8x für die USA. In Kreuzern gerechnet somit 55x und das bei einfachem Gewicht.

    Heute Abend stelle ich einen Knobler der 1. Kategorie ein, wenn der hier verdaut ist. :thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    vielen dank für das zeigen des sehr seltenen und schönen Briefes.
    Und an @BK danke für diese schöne Anekdote!!! :):)

    Ja für 1600.- würden den wohl alle nehmen, aber mit Rollgeld war er 1992 dann bei etwa 2000.- euro(x1,25).

    In den letzen Auktionen z.B. ehrenwerte Doc Zangerle erzielten die Briefe in etwas geringerer Qualität 2000.- plus Rollgeld also eher 2500.-euro.
    Bei Gärtner wird einer in geringerer Qualität für 2800.- angeboten, bleibt aber unverkauft, was bei der Qualität für rund 3300.- brutto Ausruf m.M. auch nachvollziehbar ist.

    Dieses Top Stück würde meiner Meinung nach heute deutlich mehr erzielen als 1992.

    Ich habe dank eines Sammlerkollegen auch einen in meiner Sammlung, die Marke nicht ganz so ideal, aber der Gesamtbrief/Stempel in Kabinetterhaltung und führe eine Kartei über das Auftreten der Stücke.
    Trotz Internet und Vernetzung sind diese 47xr Brief immer noch sehr selten und dank so profunder Beschreibung PO Sahnestücke ^^^^

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Liebe Freunde,

    weil ich mal gefragt wurde - ja, die Primärquellen darf man gerne ausdrucken, denn auf andere Weise wird man sie eh nicht bekommen und wer dringende Primärquellen braucht oder möchte, darf sich auch mal per PN an mich wenden. ;)

    Nun zu einem sehr traurigen Kapitel der (heutigen) Post. Der hier gezeigte Brief aus Mainbernheim vom 3.12.1851 nach Philadelphia wurde als Einschreiben versandt. Dieses wurde jedoch schon beim Absenderpostamt unterschlagen, so dass er nie bei mir ankam - erhalten haben sich nur die Scans vorn/hinten, was um so trauriger ist, da ich annehmen muss, dass er "entsorgt" wurde. Eine Sünde, wenn man den Brief versteht, vlt. nicht mal so sehr, wenn man ihn sieht.

    In Mainbernheim gab man einen Brief mit dem Leitvermerk "Via Calais & Liverpool per Steamer" auf. Im Klartext also ein Brief über Frankreich und GB nach den USA.

    Nun wird der geneigte Forumler erkennen, dass die vorne applizierte Marke nicht mehr so haftet, wie an diesem 3.12. des Jahres 1851. Das hat wohl damit zu tun, dass die Marke verklebt und entwertet worden war im Sinne des PV Bayern - Frankreich vom 1.7.1847, zu dem ab dem 1.10.1851 bestimmt worden war, dass frankierte Briefe nach und über Frankreich ab sofort mit Marken zu bekleben waren. Mit dieser VO ließ man erstmals zu, dass bei Auslandsbriefen Marken zum Einsatz kamen.

    In dem beschaulichen Örtchen Unterfrankens war man wohl hin und her gerissen, was zu tun war, denn es gab den Absenderwunsch, die Verordnung neu für Frankreich, die Verordnung alt für die Leitung über Preußen und Belgien und vlt. hatte der Absender die Marke auch schon zuvor aufgeklebt.

    Schauen wir uns die Siegelseite an, stellen wir fest, dass dort eine erhebliche Anzahl von Marken aufgeklebt worden sein mussten, die man dann bereits damals in Mainbernheim wieder abgenommen haben musste, denn der Weiterfrankovermerk 1 Gulden 46x / 12x dort notiert wurden, wo noch kurz zuvor Marken geklebt hatten. Wenn man sich die rückstandsfreie Entfernung betrachtet, weiß man, dass dies innerhalb kürzester Zeit geschehen sein muss (wir reden hier von Minuten, nicht von Stunden).

    Wie wäre denn zu frankieren gewesen bei der Leitung über Frankreich? Nun, in diesem Fall galt das halbe Loth als einfach, so dass der Brief mindestens zweifach schwer gewesen sein musste. Bei der Leitung über Frankreich kosteten einfache Briefe rechts des Rheins 45x, doppelt also 90x. Zieht man 9x vorn ab, so blieben auf der Siegelseite 81x bei der Leitung via Le Havre - New York. Demnach sollten 9 Marken à 9x siegelseitig verklebt worden sein. Das kann man, wenn man die Mühlradstempelfragmente ansieht, getrost glauben.

    Im Laufe dieser Aktion muss aber ein Gesinnungswandel eingetreten sein, entweder beim Absender, oder bei der Aufgabepost, jedenfalls wurden ALLE Marken abgenommen, auch die vorne, ehe man sich letztlich dafür entschied, den Brief über Preußen, Belgien und GB in die Staaten zu leiten.

    Weil der Brief für diesen Leitweg nur einfach war, konnte die abgenommene 9x Marke (immerhin eine 5aa) wieder aufgeklebt werden, auch wenn die Übergänge zum Mühlradstempel nicht perfekt deckungsgleich waren.

    Jedoch war bei diesem Leitweg die Frankatur für Belgien, GB und das Seefranko NICHT in Marken zu kleben, denn der Wert dieser Marken wäre verfallen, so dass man zur Barfrankatur schritt.

    Demnach rechnete man wie folgt:

    Einfach 9x für Bayern bis Aachen (s. siegelseitiger Stempel Aachen 7/12) und dreifach
    für Belgien dreifach (1 bis 1 1/2 preußische Loth) und GB1 Gulden 58x bis New York (3 mal 15 Sgr. = 45 Sgr. mal 3,5 = 157,5 = 158x, wie notiert). Das war falsch, weil GB nur nach preußischen Lothen progressierte und eine dreifache Taxe nicht vorkommen konnte (bis 1 Loth preußisch einfach, über 1 - 2 Loth preußisch zweifach, über 2 - 4 Loth preußisch vierfach und über 4 - 6 Loth preußisch sechsfach).

    Die US - Post sah ihn in der 2. Gewichtsstufe und notierte 2 mal 5 = 10 Cents für den Empfänger diese Briefes mit geteilter Frankoabgeltung bei Teilfrankatur bis Küste USA. Demnach war er über 14,2 bis 15,6g schwer.

    Gerne würde ich Schiff und Reederei nennen, aber alle mir zur Verfügung stehenden Daten passen nicht für den Brief, daher muss dies offen bleiben.

  • Hier die VO zu dem Brief - 1. Teil

  • Hallo bayern klassisch,

    was ich noch nicht ganz verstehe. Wenn er die 81 Kreuzer selber verklebt hatte (daheim), musste er dann nur noch die Differenz zu 1Gulden 46x bezahlen?

    Wenn die Marken auf der Post aufgeklebt und gestempelt wurden, musste der Absender ja die 81x die wertlos waren bezahlen und 1Gulden 46x in bar, ein teueres Vergnügen... ^^

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo bayern klassisch,

    zum Schiff habe ich mal im Hubbard/Winter nachgeschaut.

    Im Jahr 1851 gab es 4 Schifflinien über den Atlantik. Cunard (englisch-möglich), Ocean (Bremen-scheidet aus), Collins (USA-möglich) und Havre (französisch-scheidet aus).

    Bei der Cunard-Linie käme die "Europa" in Frage, ab in Liverpool am 6.12, an in New York am 23.12.

    Die Collins-Linie passt noch besser, die "Baltic ging ab in Liverpool am 10.12., Ankunft New York am 23.12. mit Vermerk "Baltic departet New York one day late"....das könnte die Lösung sein.

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Leitwege,

    Zitat

    was ich noch nicht ganz verstehe. Wenn er die 81 Kreuzer selber verklebt hatte (daheim), musste er dann nur noch die Differenz zu 1Gulden 46x bezahlen?

    Wenn die Marken auf der Post aufgeklebt und gestempelt wurden, musste der Absender ja die 81x die wertlos waren bezahlen und 1Gulden 46x in bar, ein teueres Vergnügen...

    ich glaube nicht, dass einer zu Hause die Marken verklebte. Selbst wenn er es getan hätte, wären die Marken nach der Abnahme angerechnet worden, so dass es für den Absender kein Verlust war.

    Die Aufgabepost musste die abgenommenen Marken bei der Bezirkskasse als irrtümlich verbraucht einliefern und bekam ihr Geld (= Nominale) wieder. Nur die 5% Tantiemen, die Expeditoren von der verkauften Nomiale erhielten, wurden abgezogen, sonst hätte man ja Bogenweilse "verbrauchen" können und sich durch die Tantiemen reich rechnen können.

    Verklebte der Expeditor die Marken, entwertete sie und nahm sie später wieder ab, griff die gleiche Vorschrift.

    Zitat

    Die Collins-Linie passt noch besser, die "Baltic ging ab in Liverpool am 10.12., Ankunft New York am 23.12. mit Vermerk "Baltic departet New York one day late"....das könnte die Lösung sein.

    Der eine Tag Verspätung dürfte zwar auf der Tour USA - GB vorgefallen sein, aber mit dem 10.12. als Abfahrt könntest du Recht haben, auch wenn 1851 3 Tage von Aachen bis Liverpool sehr sportlich waren, denn dann musste alles 100%ig klappen und die See musste auch sehr ruhig gewesen sein. Danke für Schiff und Linie - ich war immer vom 24.12. ausgegangen, aber vlt. bin ich da zu beamtenhaft in meinem Denken. :D

    Man stelle sich nur mal vor, man fände einen Brief mit 1 mal 5aa vorn und 9 Stücken im Block auf der Siegelseite. Für das Geld kaufen andere einen Neuwagen ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo weite Welle,

    schönes Pärchen - klasse. Mit der Weiterleitung noch einen Schnaps besser.

    Wenn du jetzt noch "OPD" durch das richtige "OPA" ersetzen könntest, wäre es perfekt. :P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    Die Aufgabepost musste die abgenommenen Marken bei der Bezirkskasse als irrtümlich verbraucht einliefern und bekam ihr Geld (= Nominale) wieder. Nur die 5% Tantiemen, die Expeditoren von der verkauften Nomiale erhielten, wurden abgezogen, sonst hätte man ja Bogenweilse "verbrauchen" können und sich durch die Tantiemen reich rechnen können.

    danke für die Info, war mir so nicht bekannt.

    Der eine Tag Verspätung dürfte zwar auf der Tour USA - GB vorgefallen sein, aber mit dem 10.12. als Abfahrt könntest du Recht haben, auch wenn 1851 3 Tage von Aachen bis Liverpool sehr sportlich waren, denn dann musste alles 100%ig klappen und die See musste auch sehr ruhig gewesen sein. Danke für Schiff und Linie - ich war immer vom 24.12. ausgegangen, aber vlt. bin ich da zu beamtenhaft in meinem Denken. :D

    Ja natürlich, war die Abfahrt aus New York.

    Die Bearbeitung der Transatlantikpost in New York passierte desöfteren am nächsten Tag, die Quelle kann ich Dir leider nicht nennen.

    Man stelle sich nur mal vor, man fände einen Brief mit 1 mal 5aa vorn und 9 Stücken im Block auf der Siegelseite. Für das Geld kaufen andere einen Neuwagen ...


    Stelle ich morgen vor. ;) . Schön wärs....

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo kibitz,

    ich bin immer wieder positiv erstaunt, woher du all diese Informationen zauberst. Gib zu, dass du eine Zeitung geerbet hast und allmählich das Archiv plünderst. :thumbup:

    Danke für deine Hilfe, also doch die Retoure.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch,

    jammerschade für den Brief. Bleibt zu hoffen, dass es doch nicht verloren ist und wieder auftaucht.

    Dann gehört er Dir.

    Gruss kilke

    Wer um Einzelmarken einen Bogen macht hat sich verlaufen.