Wertbriefe/-pakete

  • Ich zeige hier einen Wertbrief, abgestempelt mit dem 3zeiligen Textstempel vom Eisenbahn Postbureau Neust. Eberswalde. Der Brief wog
    2 3/20 Loth. Links unten ist die Werangabe, die ich nicht vollständig lesen kann:
    "Einliegend 32 T(haler)" Rest ????
    wenn der Brief bis 1853 versandt wurde, sollte die Portoberechnung folgendermaßen gehen:
    bis 3 Loth, erste Entfernugsstufe = 3 Sgr. + 1/2 Sgr. für bis zu 50 Thaler = 3 1/2 Sgr. in blau ausgeworfen.
    Meine Fragen:
    1. Wer kann den ganzen Text der Wertangabe lesen?
    2. Was bedeutet die blaue 63 am rechten Briefrand?
    beste Grüße
    preussen_fan
    Erwin W.

  • Hallo preussenfan

    Es heißt "Einliegend 32 Thaler Kassen Anweisg und 15 Sgr". Letzteres erklärt auch das hohe Gewicht.

    Die Taxierung :

    3 Silbergroschen für den Brief in der 1. Entfernungs- und 3. Gewichtsstufe

    1/2 Sgr. für die Versicherungsgebühr bis 10 Meilen und bis 50 Thaler.

    Da es sich um eine gemischte Sendung gehandelt hat, wurde die volle Versicherungsgebühr angewandt.

    Bei der Zeitbestimmung bin ich mir nicht ganz sicher, aber der EP(Eisenbahn-Postamt)-Stempel ist bis Ende der 50ziger Jahre verwendet worden.

    Die "63" kann eine Notierung (Listennummer) für den Wertbrief in Berlin gewesen sein.

  • hallo preussensammler,
    danke für die "Überserzung". Das hätte ich so nicht entziffern können. Meiner Meinung nach sollte der Brief spätestens von 1853 stammen, da sonst eine andere Taxierung stattgefunden hätte.
    beste Grüße
    preussen_fan
    Erwin W.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • hallo preussensammler,
    danke für die "Überserzung". Das hätte ich so nicht entziffern können. Meiner Meinung nach sollte der Brief spätestens von 1853 stammen, da sonst eine andere Taxierung stattgefunden hätte.
    beste Grüße
    preussen_fan
    Erwin W.

    Sorry, aber 1853 wurde gerade die halbe Versicherungsgebühr per Gesetz abgeschafft. Die volle Versicherungsgebühr betrug für eine Entfernung bis 10 Meilen und bis 50 Thaler genau 1/2 Silbergroschen (halbe Versicherung wäre 1/4 Silbergroschen gewesen).

  • hallo Preußensammler,
    danke fürs Zeigen der Verordnung. Dann scheint aber die Angabe im Preußen-Handbuch, auf die ich mich bezog, falsch zu sein. Dort steht nämlich:
    "Durch Gesetz vom 16.5.1853 erfolgte eine Herabsetzung der Versicherungsgebühr für Kursmünzen auf die Gebühr für Papiergeld und kursmäßige Wertpapiere. Dami entfiel dier Tarif zur doppelten Versicherungsgebühr für Briefe." Ich werde es im Handbuch verbessern. Damit entfällt natürlich das Jahr 1853 als Grenzdatum für den Brief.
    Übrigens, aus welchen Quellen hast du die beiden Scans?
    beste Grüße
    preussen_fan
    Erwin W.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Das ist ein altbekannter Fehler im Handbuch. In den neueren Fassungen wurde das richtiggestellt.

    Die 1.Quelle zu den Assekuranzgebühren stammt aus dem Amtsblatt Nr. 40 aus dem Jahr 1852.
    Die zweite Quelle findet sich u.a. im Amtsblatt Nr. 26 aus dem Jahr 1853. Die vorgestellte Abbildung stammt aus der Gesetzessammlung für Preußen 1853 (findet man auch bei Google oder Staatbibliothek München).

  • Da muss was in mir vorbeigegangen sein. Für mich ist dieser Fehler leider nicht altbekannt, obwohl ich seit Vor-Handbuch-Zeiten Mitglied der Preußen-Arge bin.
    Danke auch für die Quellenangabe.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Liebe Freunde,

    hier ein kleines Mitbringsel aus Sindelfingen:

    In Jarmen wurde am 24.6. ein Brief mit 22 Thalern Kassen-Anweisung nach Lassan aufgegeben, rückseitig korrekt mit 5 Siegeln verschlossen.
    Verwendet wurde ein 1 Sgr.Ganzsachenumschlag im großen B-Format ohne Stecherzeichen, herausgegeben im September 1851.
    Die Entfernung zwischen beiden Orten betrug 6 Meilen, das Gewicht des Briefes lag bei 3/4 Loth.

    Der Brief hat zwar keinen Inhalt mehr, ist aber dennoch genau zu datieren.
    Für Wertbriefe fiel neben der Brieftaxe - hier für 1.Entfernungss- und Gewichtsstufe 1 Sgr. - eine Versicherungsgebühr an.
    Bis zum 16.5.1853 gab es für Papiere mit declariertem Wert eine reduzierte Taxe. Bei einem Wert von bis zu 50 Talern und einer Entfernung unter 10 Meilen betrug diese 3 Pfennige bzw. 1/4 Sgr.
    Zu dieser Zeit gab es in Preußen noch keine 3 Pfennig-Marken. Da der Absender anscheinend keine 3 Pfennige verschenken wollte (bei Verwendung einer 6 Pfg.-Marke), überliess er die Bezahlung der Versicherungsgebühr dem Empfänger. Die Gebühr wurde als zu vereinnahmender Betrag in Höhe von 1/4 Sgr. vorderseitig notiert und rückseitig zusammen mit dem Bestellgeld als 1 1/4 als vom Landpostboten zu erhebendes Porto wiederholt.

    Durch die Daten Herausgabe der GSU im September 1851 und Erhöhung der Versicherungsgebühr ab Mai 1853 (in diesem Fall auf 1/2 Sgr.) kann der Brief nur 1852 gelaufen sein.
    Teilbezahlte Wertbriefe sind meines Wissens nicht so häufig zu finden.

    Gruß
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Admin-M (4. März 2023 um 21:15)

  • Lieber Michael,

    ohne dein Wissen könnte das ein interessanter Brief sein; nach Lesens deines Textes weiß man, dass es ein toller Brief ist. :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Michael,
    Teilfrankierte Briefe sind generell nicht gerade häufig, aber ein Wertbrief, bei dem der Empfänger die Versicherungsgebühr zahlen muss, der Absender aber das "Porto", ist ganz sicher ein paar Stufen seltener. Ein schönes Stück.
    Viele Grüße
    Erwin W.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Heute einmal ein einfacher Wertbrief von ca. 1860/61, Ganzsache U18a mit Nr. 10a als Beifrankatur.
    Aufgegeben am 6.2 in Treptow a. Toll. nach Stettin mit einliegenden 13 Thalern. Zustellung am nächsten Tag beim 2. Bestellgang.
    Für die Entfernung von rund 11 Meilen fielen 2 Sgr. Franko an, die Versicherungsgebühr betrug 1 Sgr.

    Bei Wertbriefen wurde das Gewicht besonders kontrolliert. So wurden auch hier unterwegs die bei der Aufgabepost notierten 13/20 Loth mit einem Kürzel in blauer Tinte bestätigt.

    Gruß
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Admin-M (4. März 2023 um 21:16)

  • Liebe Freunde,

    hier ein Wertbrief, der eine besondere Behandlung erfuhr:

    15 Thaler in Kassen-Anweisungen wurden von Tangermünde nach Berlin gesandt. Dies kostete 2 Sgr. Franko + 1 Sgr. Versicherungsgebühr.
    Bei der Decartierung in Berlin fiel auf, dass ein Siegel aufgesprungen war. Zunächst wurde entsprechend den Vorschriften der Brief nachgewogen. Bei Aufgabe waren 7/10 Loth notiert wurden, die bei der Umspedierung bestätigt wurden (Bestätigungskürzel unter der Gewichtsnotierung). Beim Nachwiegen stellte man 15/20 Loth fest, also ein quasi identisches Gewicht. Anschließend wurde der Brief mit einem (schön erhaltenen) großen Siegel der Decartierungs-Expedition 2 wieder verschlossen und doppelt unterschrieben. Zur Sicherheit wurde vorderseitig dann noch das Nota Bene-Kürzel angebracht.
    Bei Aushändigung des Briefes kontrollierte der Empfänger den Inhalt und notierte links unten "Betrag richtig" mit Unterschrift. Hierdurch war sichergestellt, dass nicht nachträglich noch Forderungen erhoben werden konnten.

    Gruß
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Admin-M (4. März 2023 um 21:16)

  • Lieber Michael,

    auch wenn es "nur" Fahrpost ist - ich liebe diese Art von Briefen, die uns eine kleine Postgeschichte erzählen, die auch der Preußen - Laie nachvollziehen kann. Klasse! :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Michael,
    das ist ein interessante Brief mit tolle Beschreibung..so schön ist die Siegelseite.. :)
    LG A

    "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben."
    W. v Humboldt

  • LiebeFreunde,

    danke für eure Kommentare.
    Jetzt brauche ich nur noch ein Gegenstück, bei dem es schief gelaufen ist ... ^^

    Gruß
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Admin-M (4. März 2023 um 21:17)

  • Hallo preussensammler

    ein super Beleg!

    Da im Paket 150 Reichsthaler baar versendet wurden, galt hier nur das Geldporto.
    Greifenberg - Berlin knapp 10 Meilen und je 150 Thaler (4 Sgr. je 100 Thaler + 2 Sgr. je 50 Thaler) waren 6 Sgr. von 5 zu 5 Meilen zu zahlen, also insgesamt 12 Sgr. Da 9 1/2 Sgr. als franco schon entrichtet wurden -> reicht nicht wurde dahinter notiert! -> sind die fehlenden 2 1/2 Sgr. als Porto folgerichtig.

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Hallo Magdeburger,

    vielen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort.

    Es ist ein Beleg für mein neues Heimatobjekt "Angermünde bis 1890" und Greiffenberg gehörte immer zu den Angermünde zugeordneten Postanstalten.

  • Liebe Freunde,

    heute möchte ich diesen interessanten Brief aus dem Jahr 1853 vorstellen.

    Von Berlin wurden 500 Thaler in Kassenanweisungen an die Firma Farina in Köln gesandt. Laut Aufschrift Anbei ein Paquetchen in Leinen sig F#3 enthält Thlr 500 in Cassenanw wurde also ein kleines Päckchen mit aufgeliefert.
    Daher hätte ich erwartet, dass es sich hier um einen Begleitbrief für ein Wertpaket handelt. Wenn man sich die Taxierung anschaut, wurde aber das Päckchen mit der Begleitadresse als Wertbrief behandelt:
    Berlin-Köln sind rund 64 Meilen, also Progressionsstufe 13.
    Für ein Wertpaket ergäben sich nun 13 (Progressionsstufe) x 1(Pfund Gewicht) x 1,5 Pfg. = 19,5 Pfg.
    Hier käme also die Mindesttaxe von 6 Sgr. für das Porto zum Ansatz. Die Versicherungsgebühr betrüge 4 Sgr. x 5 (je 100 Thaler) = 20 Sgr.
    In Summe also 26 Sgr.

    Für einen Wertbrief sieht die Rechnung aber so aus:
    Briefporto 3 Sgr. (max. Entfernungsstufe) x 6 (für 8-16 Loth Gewicht) = 18 Sgr.
    Mit der Versicherungsgebühr (wie oben) ergab sich ein Gesamtporto von 38 Sgr., die auch notiert wurden.

    So weit so gut - schlecht allerdings für die Firma Farina, die bei dieser Versendungsform 12 Sgr. mehr bezahlen musste!
    Auf dem Brief finden wir 2 Gewichtsnotierungen 16 3/8 Loth und (vermutlich bei der Decartierung in Köln festgestellte) 14 7/20 Loth (Das unterstrichene B neben der Gewichtsangabe bezeichnet ein Beutelstück, d.h. es wurde wegen seiner geringen Größe in einem dafür vorgesehenen Beutel befördert).

    Der Brief mit beigelegtem Päckchen wog etwas über 16 Loth, womit ein Versand als Wertbrief laut Vorschrift nicht mehr erfolgen durfte (Maximalgewicht 16 Loth).

    Gruß
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

    Einmal editiert, zuletzt von Admin-M (4. März 2023 um 21:17)