Aus Ulm mit Postaufgabe in Neu-Ulm

  • Liebe Freunde,

    passt nicht ganz unter den Thread - Titel, aber ich will ihn hier dann doch zeigen, auch weil ich bekennder Anhänger von arrondierenden Belegen bin.

    Postaufgabe in Ulm am 5.9.1851, gerichtet an Firma Zobel seel. Frau Wittib in Memmingen. Der Absender zahlte 3 Kreuzer BAR siegelseitig. Wie das? Württemberg war zwar zum 1.9.1851 im DÖPV, Bayern sowieso, aber Marken hatten sie noch keine, das sollte bis zum 15.10.1851 dauern, daher konnte es nur in der Spanne vom 1.9.1851 bis zum 14.10.1851 überhaupt barfrankierte Briefe nach Bayern geben.

    Die gezahlten 3 Kreuzer reichten auch im DÖPV bis 10 Meilen - von Neu - Ulm aus hätten sie gar 12 Meilen weit gereicht, aber das war nicht nötig. Jedenfalls dürfen wir unterstellen, dass an diesem Tag der Absender nur diesen Brief nach Bayern aufzugeben hatte bzw. nur Briefe, bei denen eine Postaufgabe in Neu - Ulm zu keiner Kostenminderung geführt hätte, so dass man sich den Gang über die Donau ersparen konnte.

  • Lieber Ralph,

    Ich kann den Adressteil unter dem blauen Stempel nicht genau lesen, aber wenn dort Wittib steht, dann ging der Brief nicht an die Frau Wittib, sondern lautet an "Herrn (nicht Firma) J. G. Zobel seel(ig) Frau Wittib", d.h. er lief an die Wittwe des Herrn Zobel. "Wittib" war früher in Altbayern ein weitverbreiteter Begriff für Wittwe.

    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber Peter,

    deinem Adlerauge entgeht nichts - da steht "Wt", was , so meine ich, für "Wittib" stand. "We" stand m. E. für "Witwe", was das selbe bedeutete, aber ein modernerer Ausdruck war.

    Nettes Stück, gelle?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Wohl war, da kann man nicht meckern!

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Liebe Freunde,

    Neu - Ulm 17.6.1851 nach München für 6 Kreuzer als bayerischer Inlandsbrief über 12 Meilen. Von Ulm aus hätte es 2 oder 3 Kreuzer württembergisches Franko bis Neu - Ulm gekostet, zu denen 6 Kreuzer für Bayern gekommen wären (Tarif 1.12.1810 über 12 - 18 Meilen, tatsächlich 16 Meilen).

  • Lieber Ralph,

    Der König der "Sparfüchse" hat wieder zugeschlagen.

    Liebe Grüße von maunzerle

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Liebe Freunde,

    heute zeige ich einen von Peter Sem attestierten Brief aus Ulm vom 15.10.1867 der Firma Johann Christian Laux & Compagnie dortselbst mit Postaufgabe vom Folgetag in Neu - Ulm unter Verwendung einer Nr. 15 von Bayern mit 2 Plattenfehlern: Oben rechts war die Ecke abgebrochen und unten links bahnte sich ein ähnliches Schicksal an. Ich erwähne dies deshalb, weil Peter Sem allein hierfür einen Befund anfertigte, während der Postbetrug von Ulm Richtung Neu - Ulm keine Erwähnung fand, so dass ich das hier für die Allgemeinheit nachholen darf.

    Am 17.10. kam er in Plössberg bei der Firma J. M. Wild Sohn an und sparte so seinem Ulmer Absender 6 Kreuzer, denn von Ulm aus hätte es bei 229 km Luftlinie natürlich 9 Kreuzer gekostet, von Neu - Ulm aus nur deren 3. Erst mit dem 1.1.1868 waren diese Defraudationen sinnlos geworden, weil das Franko zwischen den Königreichen Württemberg und Bayern nur noch 3 Kreuzer bis 1 Loth und 7 Kreuzer über 1 - 15 Loth je Brief kostete.

  • Hallo Sammlerfreunde,

    heute geht es von Ulm in Württemberg nach Riezlern in Österreich. Für den am 30.3.1857 aufgegebenen Brief bediente man sich der bayerischen Post.

    Der in Ulm geschriebene Brief wurde über die Grenze nach Neu-Ulm in Bayern gebracht und dort direkt der Bahnpost der Strecke Ulm-Augsburg übergeben.
    Frankiert mit 6 Kreuzer für den bayerischen Inlandstarif über 12 Meilen ging es weiter auf die Reise über Immenstadt und Oberstdorf und von dort in das Kleinwalsertal nach Riezlern.
    Das österreicheische Kleinwalsertal wurde postalisch über Bayern versorgt, da es von einer hohen Bergkette umgeben ist und nur schwer zu Fuß zu erreichen war.
    Briefe aus Bayern in das österreichische Kleinwalsertal wurden bei Beförderung über Oberstorf nach dem bayerischen Inlandstarif frankiert. Die Portosätze des DÖPV fanden hier keine Anwendung.

    Eine Portoersparnis ergab sich für die Strecke Ulm - Riezlern trotzdem nicht. Selbst bei Aufgabe in Ulm wären für die Strecke zwischen 10 und 20 Meilen im DÖPV nur 6 Kreuzer fällig gewesen.

    Anzumerken wäre noch, dass der Stempel Oberstdorf fehlerhaft ist. Schreibweise OBERSTORF mit T statt D wie bei Sem angegeben.

    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,

    sehr schön - den hatte ich auf meiner Merkliste bei philasearch, aber vergessen diese als gebote abzuschicken. ;(

    Na ja, besser wir sehen ihn hier, als gar nicht. ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    nicht im Zusammenhang mit einer Postersparnis Ulm - Postaufgabe in Bayern (Neu-Ulm) zu sehen ist diese Drucksache aus Ulm vom 26.4.1867/68 aus Ingolstadt nach Vilshofen, denn der Reisende der Firma Gabriel Lebrecht, Ulm, mit Namen Oettinger, war in Sachen Lederwaren unterwegs und hoffte auf gute Geschäfte in Bayern. Daher hatte er in Bayern die passenden 1 Kreuzer Marken zu kaufen und auf seine mitgebrachten Drucksachen als Avise zu kleben, wollte er die verehrliche Kundschaft in einer weiten Rundreise glücklich machen und Bestellungen aufnehmen.

    Die Drucksache dürfte am selben Tag angekommen sein, auch wenn der Ankunftsstempel mangelt. Ich finde sie ganz adrett und bedanke mich beim Verkäufer ganz herzlichst.

  • Liebe Freunde,

    nicht alle Ulmer Firmen habe ihr Briefe über die Donaubrücke geschmuggelt, um vom vergünstigten, bayerischen Inlandsfranko bzw. Inlandsporto zu profitieren.

    Hier als Beweis ein simpler Portobrief der Firma Heinrich Berger vom 23.2.1857 an den Geigenbauer Baader & Cie in Mittenwald, der immerhin 12 Kreuzer Porto kostete. Bei einer Aufgabe in Neu-Ulm wäre er 3 Kreuzer günstiger geblieben ...

    Im Inneren des Briefes machte sich aber Herr Berger anheischig, zukünftig nur noch franko gegen franko zu korrespondieren - ich nehme daher an, dass der Hinbrief von Baader nach Ulm auch porto gelaufen war und man sich in Ulm nur ein wenig "rächen" wollte ...

  • Lieber Ralph,
    Solche Bitten bzw. Aufforderungen, gegenseitig franco Korrespondenzen auszutauschen in gedruckter, gestempelter oder handschriftlicher Form sind seltene Einblicke in den Briefverkehr der damaligen Zeit. Sehr schön!
    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

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  • Liebe Freunde,

    ein Brief aus Ulm vom 3.12.1864 wurde über die Brücke gebracht und am Folgetag in Neu - Ulm zur Post gegeben. Empfänger war die bekannte Firma Neuner & Hornsteiner in Mittenwald, DEM Ort in Bayern, wo gutes Holz in Mengen vorhanden war, das sich vorzüglichst zum Bau von Musikinstrumenten eigenete. Am Folgetag wurde er ausgetragen.

    Der Absender, Heinrich Mack in Ulm, wusste sehr wohl, dass eine Postaufgabe im heimischen Ulm ein Franko von 9 Kreuzern nach sich gezogen hätte, hingegen in Neu - Ulm nur 6 Kreuzer zu frankieren waren.

    Zwar ist der Schnitt der Marke rechts suboptimal, aber dafür hat sie einen Plattenfehler rechts in der unteren Randlinie, was das um ein Haar kompensieren könnte. Die Neu - Ulmer Stempel sind aber recht adrett, daher habe ich ihn mitgenommen.

  • Lieber Ralph,

    ein sehr schöner Brief, trotz der leicht berührten Marke. Und interessant ist er durch die Portoersparnis auch. :P

    Aber ob der weiße Punkt in der unteren Randlinie ein Plattenfehler ist, wage ich doch zu bezweifeln. Im Katalog von Vogel / Peindl ist er jedenfalls nicht aufgeführt. Es wird sich wohl eher um eine Druckzufälligkeit handeln.

    Viele Grüße
    bayern-kreuzer

  • Lieber Wolfgang,

    ob PF oder Druckzufälligkeit - das war hier der "windfall - profit". Die Postgeschichte ist bei mir ja alles, alles andere nichts ... ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Liebe Freunde,

    auch Auktionshäuser halten für uns Sammler Belege bereit, die es in sich haben - so geschehen bei einem Brief aus Ulm von der Firma Steiner & Friedmann, der am 6.9.1860 geschrieben und am Folgetag in Neu - Ulm mit 6 Kreuzer frankiert aufgegeben wurde. Empfänger war die mechanische Baumwollspinn- und Weberei in Bamberg. Von Ulm aus hätte der Brief (180 km = über 20 Meilen) 9 Kreuzer Franko erfordert, von Neu - Ulm aus aber nur innerbayerische über 12 Meilen 6 Kreuzer, wie verklebt.

    Interessant ist noch der Ankunftsstempel von Bamberg - den kann man lesen oder interpretieren, wie man will, aber auf 1860 käme ich nie. Das wieder mal zu den Daten, die als gesichtert gelten und ich muss sagen (wie weiland schon in einem früheren Rundbriefartikel von mir der ARGE Bayern klassisch), dass man auch hier aufpassen muss, Stempeldaten als Wahrheit zu erkennen, denn das kann man oft nicht (hier würde ich auf 1859 wetten, wenn ich nicht den Inhalt usw. hätte).

  • Lieber Ralph,
    die "6" ist vielleicht zu erahnen und anstatt der "0" könnte hier eine "9" stehen, sodass das, was man sieht, vielleicht dadurch zustandegekommen ist, dass der Stempler bei der letzten Ziffer eine Zahl zu früh einrasten hat lassen. Eventuell konnte er das bei dem verdreckten Zustand des Stempelgerätes selber schon gar nicht mehr richtig lesen. Auf jeden Fall war er ein ganz gschlamperter Hund und hat seinen Stempel geradezu verkommen lassen und das Stempelkissen vermutlich noch dazu.
    Das meint jedenfalls der maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber Peter,

    so sehe ich das auch - hätten wir den Inhalt nicht, wäre er nur durch diesen Stempelabschlag mit Jahreszahl zu datieren und das ginge ziemlich in die Hose (evtl. inkl. einer Vordatierung einer 3 Kreuzer blau - Platte).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.