Thurn und Taxis - Preussen - Russland

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    Liebe Freunde,

    hier ein Brief aus dem Jahre 1849 von Meiningen nach St. Petersburg an den Fürsten von Sayn-Wittgenstein.

    Den Stempel PORTO V. ERFURT (hier die in Berlin verwendete Type) hielt ich bisher für einen auf Teil- bzw. Grenzfrankobriefen anzutreffenden Stempel. Bei diesem Brief handelt es sich aber eindeutig um einen Portobrief.
    Preußen setzte 10 Sgr. Portoforderung an, diese setzen sich aus 6 Sgr. preußischen Transitporto (ab 1845 reduziert, davor waren es 8 Sgr.) und 4 Sgr. Fremdporto für den Taxis-Anteil zusammen. In Russland kamen noch 10 Kop. russ. Inlandsporto dazu, so dass der Empfänger insgesamt 43 Kop. (siehe Rückseite) zu bezahlen hatte.
    Die vorderseitig notierten 1 1/4 Sgr. interpretiere ich als die von der Taxis-Post angesetzte Portoforderung gegenüber Preußen.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    ein wundervoller Brief, der jeder Sammlung gut zu Gesichte steht.

    Was mir nicht klar ist: Auf der einen Seite soll TT nur 1 1/4 Sgr. für sich angesetzt haben, auf der anderen Seite soll Preußen 4 Sgr. an TT vergütet haben. Wofür wären dann 2 3/4 gut gewesen? Ich kann mir schwer vorstellen, dass TT auf so viel Geld verzichtete und gleichzeitig wäre es sonderbar, wenn Preußen 4 Sgr. kassierte und alles, trotz geringerer Forderung in der Briefkarte, an TT vergütet hätte.

    Wäre es möglich, dass es eine Pauschale gab? Die hätte durchaus 4 Sgr. für einfache Briefe von TT gewesen sein können und intern durfte TT abrechnen, wie es wollte.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,

    Wäre es möglich, dass es eine Pauschale gab? Die hätte durchaus 4 Sgr. für einfache Briefe von TT gewesen sein können und intern durfte TT abrechnen, wie es wollte.

    Genauso verhält es sich. Preußen hatte für das anzusetzende Fremdporto - also den Portoanteil, den Preußen mit dem Drittstaat zu verrechnen hatte - fixe Durchschnittssätze gegenüber der russischen Post festgelegt. Dies vereinfachte die Taxierung in Russland erheblich, da dort keine ellenlangen Listen mit allen möglichen Orten gepflegt werden mussten, sondern nur eine knapp 1 Seite lange Liste mit allen Drittstaaten.
    Die preußische Abrechnung mit dem Drittstaat erfolgte hingegen fast immer (Frankreich bildet hier z.B. eine Ausnahme) konkret nach dem Zielort und dem hierfür fälligen Portoansatz. Für Belgien galt dieses Abrechnungssystem bei Korrespondenz aus/nach Russland auch und bei grenznahen belgischen Orten war das festgelegte Fremdporto höher als die tatsächliche Vergütung an die belgische Post. Bei dem Zielort Ostende an der Kanalküste hingegen wurde der belgischen Post von Preußen ein höherer Betrag als das Fremdporto gutgeschrieben.
    Die Festlegung der Höhe des Fremdportos erfolgte so, dass übers Jahr gesehen die mit dem Drittstaat verrechneten Porti ausgeglichen waren - vielleicht mit einem kleinen Sicherheitszuschlag für die preußische Post. ;)

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    vielen Dank für diese interessanten Ausführungen - also gewann man Zeit für ein bißchen Geld; "time was money", würden wir heute sagen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    hier mal ein Frankobrief von vom November 1843 (1 Woche nach Gültigkeit des neuen russisch-preußischen PVs von dem Jahr) und 2 Jahre vor der Tarifsenkung, mit der der vorige Brief taxiert wurde.

    Laut einem T&T-Circular für Frankfurt war folgendermassen bei Franko-Briefen zu taxieren:
    Preußisches Transitporto einschließlich des Paketschlussfrankos 13 3/4
    Russisches Inlandsporto 3 1/4
    macht in Summe die rückseitig notierten 17 Sgr.
    Die daneben stehenden 18 Sgr. beinhalten meiner Meinung nach das T&T-Inlandsfranko.

    Vorderseitig wurden dann noch die 3 1/4 Sgr. (= 10 Kop.) Weiterfranko an Russland notiert.

    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    ich bin baß erstaunt, wenn ich sehe, wie hoch die preußische Transitforderung bei diesen einfachen Briefen war. 3 1/4 Sgr. für die riesigen Entfernungen in Russland waren ja ein Klacks im Vergleich zu dem, was Preußen kassiert hat.

    Was mich hier wundert ist die Notation des Frankos in FFM in Silbergroschen. Das sehe ich hier bewußt zum ersten Mal, da FFM in Kreuzergebiet lag und die Kundschaft nicht mit Groschen bezahlte.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    hier ein Brief aus Gotha (Sachsen-Coburg) nach St. Petersburg von 1838.

    Austausch im direkten Kartenschluß Gotha-Halle.
    Der Stempel Porto de Naumburg a/S wird in der gängigen Literatur dem Austausch sächsich-preußischer Post zugeordnet.
    Taxierung: 13 3/4 Sgr. preussischer Transit + 11 1/2 Sgr. russisches Porto bis Petersburg = 25 1/4 Sgr. Weiterfranco an Preussen
    Die rückseitige Notierung zeigt eine Verschiebung gegenüber den Literaturwerten um 1/2 Sgr. : 11 / 14 1/4
    Darunter befindet sich noch eine kleinere Taxierung mit schwarzer Tinte: 9 1/4 / 14 (aufsummiert auf 20 1/4) / 3/4 Eine erste Fehltaxierung? Die 3/4 könnte der auf Gotha entfallende Frankoanteil sein.

    Ergänzungen/Korrekturen sind erbeten. :)
    Kann jemand entziffern wo der Empfänger Director der Sternwarte auf ??? war?

    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    der Empfänger war "Herrn würk(licher) Reichsrath und Ritter von Struve Akademiker und Director der Sternwarte auf Pulkowo".

    Der Absender hatte ja für 3 Postgebiete (TT, PR und RU) das Franko bezahlt - ich kenne diesen Empfänger und weiß, dass ihm der Zar als "Leckerli" zumindest die passive Portofreiheit gewährt hatte, um ihn nach Russland zu locken, so dass der Absender das russische Weiterfranko gar nicht erst hätte bezahlen müssen.

    Von Bayern gibt es mehrere Briefe an ihn, bei dem die Absender um diese Besonderheit wussten und nur das bayer. und preussische Franko entrichteten.

    Für mich ein toller Brief - und wenn du jetzt noch aus dieser Korrespondenz einen findest, am besten von TT, der eine Teilfrankatur aufweist, dann hast du eine große Seite. :P

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch (15. März 2018 um 07:18)

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    vielen Dank für die Entzifferung.
    Ritter von Struve hatte ich schon mal als Adressaten, aber sicherlich keinen teilweise portobefreiten Brief ...
    Aber vielleicht taucht ja noch einer auf. ;)

    Gruß
    Michael