Preußen Expreßbriefe in den Postverein

  • Liebe Freunde,

    hier zeige ich einen Brief, den ich von Schorsch erwerben konnte, wofür ihm an dieser Stelle nochmals herzlich gedankt sei.

    Er wurde in Köln mit 3 Sgr. teilfrankiert, eingeschrieben und per Expreß aufgegeben. Um die starke und sehr nette Preußengemeinde hier einmal etwas zu fordern, bitte ich mir zu beschreiben, warum der Brief so zu behandeln war (oder war er so nicht zu behandeln?).

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Bayern Klassisch

    schöner Brief!
    Dieser wurde am Zug in Cöln Richtung Coblenz aufgegeben. Beiderseits der Postwagen befanden sich Briefkästen, so dass bis kurz vor Abfahrt des Zuges Briefe dort eingeworfen wurden. Die Bearbeitung des Briefes erfolgte somit im Zug.

    Die Marken wurden so mit dem Cursstempel entwertet und handschriftlich der Aufgabeort hinzu gesetzt.

    Der einfache Brief kostete 3 Sgr. Die Einschreibung erfolgte durch die zusätzliche Notierung "Gleich per Expressen zu bestellen". Die Einschreibung kostete 2 Sgr zusätzlich. Der Postbeamte rechnete noch 1 Sgr Portozuschlag hinzu und reduzierte dies auf 9 Kreuzer.
    In Bayern war man jedoch anderer Meinung, dass nur die Einschreibungsgebühr von 2 Sgr zu vergüten war und reduzierte die 2 Sgr in 7 Kreuzer.

    Die Expresse - Gebühr (3 Sgr im Postverein) ist Sache der ausgebenden Postanstalt und steht diese meineserachten auch vollständig zu, so dass diese nicht "berücksichtigt" wurde. (In Preussen wäre diese siegelseitig zu notieren gewesen)

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Lieber magdeburger,
    dumme Frage an den Preussen-Experten: war in Preussen 1867 die Reco-Gebühr schon mit Marken zu frankieren? Wenn ja, seit wann war das so, und hätte der Brief mit 3 + 2 = 5 Sgr frankiert werden müssen?
    Und wenn man für 3 Sgr nachzuerhebendes Porto innerhalb des Postvereins mit 3 Kr = 1 Sgr auf 9 Kr umrechnet, warum würden dann- wenn man von 3 auf 2 Sgr korrigiert - 7 statt 6 Kr berechnet?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Mikrokern

    in Preussen war es zur Markenzeit immer so, daß die Reco-Gebühr mit Marken oder bar auf dem Brief dargestellt wurde.
    (Die Ursache war möglicherweise, dass man es 1848 abschaffte, diese auf dem Postschein zu vermerken, also nicht wie in Bayern)
    Dem Absender stand es frei, was er davon "bezahlen" wollte. Theoretisch ist hier von Franco bis Porto alles möglich.

    Nun zum Brief:
    Innerhalb Preussens war es zulässig "per Expressen" Briefe ohne Einschreibung zu versenden. Im Postverein galt jedoch die Vorschrift, daß Eilbriefe eingeschrieben werden müssen.
    Ob der Brief als unterfrankierter Brief anzusehen war, da muß ich zu meiner Schade sagen, ich weis es nicht und habe auch nichts gefunden, wie bei den "Zusatzleistungen" zu verfahren war.

    Meineserachtens stellen die 9x keine "expresse" Zustellung dar, denn wie oben schon erwähnt, glaube ich, dass diese "Gebühr" dem ausgebenden Postamte zustand.

    Kleine Anmerkung dazu:
    Meines Wissens wurde die Taxverordnung von 18.12.1824 nie ganz aufgehoben, sondern nur einzelne Paragraphen.
    Zum Bestellgeld, also auch dazu zählt die "Expresse" Zustellung, steht im §57 E dies:
    "Das Brief - Bestellgeld kann auch vom Absender voraus bezahlt (francirt) werden, und ist dann dem distributieren Post-Amte vor der Linie als Franco zu vergüten"

    Ich denke, das er als unzureichend franciert angesehen wurde, also 3 Sgr Brieftaxe + 2 Sgr Charge + 1 Sgr Ergänzungsporto = 6 Sgr abzüglich der verklebten 3 Sgr bleiben 3 Sgr, was im "Zuge" in 9 x reduziert wurde. Diese 9x wurden, meines erachtens in Bayern gestrichen und nur die Charge-Gebühr angerechnet, also ohne Ergänzungsporto.

    Prinzipell hast Du schon Recht, dass die Einschreibung 2 Sgr und im Postverein somit 6 Kreuzer bei der Briefpost waren, doch glaube ich hier, dass richtig reduziert wurde, eventuell auf Abrechnungstechnischen Gründen.

    Ich hoffe, es nicht zu kompliziert geschrieben zu haben...

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Lieber Ulf,
    vielen Dank für die ausführliche Erläuterung!
    Es wundert mich nur, dass - wohlgemerkt innerhalb des DÖPV! - einmal 3 Sgr in 9 Kr, und dann aber (korrigierte, geänderte, whatever) 2 Sgr in 7 Kr umgerechnet werden. Das ist doch nicht schlüssig und nachvollziehbar... ?(

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo zusammen,

    nach meiner Überzeugung haben die Preußen den Brief mit 9 Kr resp. 3 Sgr. Porto richtig taxiert. Die Forderung nach expresser Zustellung zog das Erfordernis der Recommandation nach sich. Angesichts der Entfernungstaxe von 3 Sgr. (3. vereinsländischer Entfernungsbezirk) fehlten 2 Sgr., die bei Bahnposteinlieferung schwerlich bar bezahlt worden sein konnten. Folglich war ein Zusatzporto von 1 Sgr. in Ansatz zu bringen.

    Diese Forderung von 9 Kr. bestand seitens der preußischen Postverwaltung gegenüber der bayrischen.

    Für die geforderte expresse Landbestellung, so sie denn erfolgte, waren nach Postvereinsbestimmungen noch einmal 18 Kr. zu erheben.

    Die "7" ist für mich nicht zu erklären.

    Spekulieren könnte man darüber, daß der bayrische Postler Barfrankierung der Recogebühr unterstellte und die 9 Kr. für die Expreßgebühr hielt, die ja der bayr. Verwaltung zustand. Dann könnten die 7 (Kr.) das tatsächlich angefallene Expreßbestellgeld darstellen.

    Beste Grüße

    Altsax

  • Hallo zusammen,

    heute ein wenig mehr Zeit als sonst.
    Nettes Briefchen hat da Bayern Klassisch bekommen. Hätte ich auch genommen.

    Nun zu meiner Interpretation.
    Ursprünglich mussten rekommandierte Briefe bei der Aufgabe vom Absender freigemacht werden. Dieser Frankierungszwang entfiel ab 1.1.1861.Auch die Bestellgebühr betrug ab diesem Datum Tags wie Nachts 9 Kreuzer.
    Könnte es vielleicht so sein 7 Kreuzer fürs Einschreiben und 9 Kreuzer für das Bestellen?

    Hier noch ein Ebay Los aus den letzten Tagen. Leider nicht bekommen aber da nur eine Vorderseite und deswegen auch nicht so schlimm.

    http://cgi.ebay.de/ws/eBayISAPI.d…T#ht_500wt_1156


    an sich mit 4 1/2 Sgr. ordnungsgemäß Frankiert, aber was sucht Innerpreußisch da ein Rekommandiert Stempel?

    schönen Gruss

    Peter

  • Auch die Bestellgebühr betrug ab diesem Datum Tags wie nachts 9 Kreuzer.

    Hallo Peterhz,

    bei Landzustellung waren weitere 9 Kr. für die Besorgung des Boten fällig.

    Vielleicht kann uns bk ja über die Handhabung in der Pfalz aufklären.

    Beste Grüße

    Altsax

  • Hallo Peter,

    Zitat

    Nettes Briefchen hat da Bayern Klassisch bekommen. Hätte ich auch genommen.

    du kennst den Preis nicht ... 8)

    Lieber Altsax,

    ab dem 1.10.1860 waren die Regularien für die Bestellung von Briefen in Bayern und der Pfalz identisch, so dass wir ein homogenes Postgebiet vor uns hatten.

    Preußen schrieb "Cöln" als Aufgabeort, "Chargé" und "9x" für 9 Kr. auf den Brief. Eine spätere Hand strich die 9 Kr. und notierte daneben 7 (Kr.).

    Die dem bayerischen Expreßboten zustehende Gebühr betrug 9 Kr. im Ort selbt, nicht nach Gimmeldingen. Mussbach wurde am 21.4.1852 Briefpostablage von Neustadt an der Weinstraße. Im Gegensatz zu anderen Quellen wurde dort schon am 4.4.1861 eine Postexpedition errichtet. Georg Brehm war zum Zeitpunkt des Briefes der Postexpeditor. Gimmeldingen lag im Bestellbezirk der Expedition von Mußbach.

    Nach Art. 10 des Reglements zum neuen Postvereinsvertrag, gültig ab dem 1.1.1861, war folgendes zu beachten: Expreßbriefe mussten eingeschrieben werden. Das war hier der Fall.
    Bei frankierter Absendung und Zustellung am Ort der Postanstalt war der Bote in der Währung der Aufgabepost zu bezahlen, hier also 3 Sgr.. Bei unfrankierter Absendung war der Bote in der Währung der Abgabepost zu bezahlen, hier rheinische Kreuzer. Da Gimmeldingen jedoch außerhalb lag, war neben der Ganggebühr des Boten, dessen Höhe wir nicht kennen, noch eine Gebühr von 3 Sgr. bzw. 9 Kr. für die Beschaffung des Boten an den Expeditor der Abgabepost zu bezahlen.

    Die o. g. Gebühren waren aber mit dem Botenlohn jederzeit mit dem Porto des Briefes einzuheben. Demnach gab es zwei Alternativen:

    Bei frankierter Absendung hätte der Absender zahlen müssen:

    3 Sgr. Franko für Briefe bis 1 Loth und über 20 Meilen, 2 Sgr. Chargégebühr, da Vorschrift bei Expreßbriefen, 3 Sgr. Expreßgebühr für die Beschaffung eines Boten in Mussbach und eine unbekannte Gebühr für den dortigen Boten für seinen Gang von gut einem Kilometer nach Gimmeldingen. Total also 7 Sgr. plus X.

    Bei unfrankierter Absendung hätte die Rechnung wie folgt ausgesehen: 4 Sgr. für den Brief selbst, 2 Sgr. für die Chargierung, 3 Sgr. für die Beschaffung des Boten und eine unbekannte Gebühr für den dortigen Boten, total also 8 Sgr. plus X.

    Weil man dergleichen Briefe am Schalter aufzugeben hatte, waren keine Vorschriften für unterfrankierte Speditionen bekannt gemacht worden. Die Expreßgebühr von 3 Sgr. hätte als Weiterfranko an Bayern auf dem Brief und in der Briefkarte ausgewiesen werden müssen, was offensichtlich nicht geschah.

    Meine Interpretation ist folgende: Bayern strich die 9 Kr. für die expresse Zustellung durch, weil sie eh nicht stimmte. Die 3 Sgr. deckten das Franko allein ab, die Chargégebühr dürfte aber von Preußen in Bayern angefordert worden sein, ganz wie es möglich war, dies bei einfachen Portobriefen zu tun. Daher notierte man 7 Kr. für Preußen, weil man die 2 Sgr. Chargégebühr paritätisch zurück rechnen wollte. So stand der Brief also in der Briefkarte.

    In Mussbach erhob man nun die 7 Kr. vom Empfänger, zu denen noch 9 Kr. für den Expeditor für die Beschaffung des Boten und X Kr. für den Boten selbst kamen, denn wegen der geringen Entfernung dürfte er keine hohe Ganggebühr anzusprechen gehabt haben. Diese 16 plus X Kr. wurden auf den Brief nicht vermerkt, weil der Expresse einen Forderungszettel mit diesen Gebühren bei sich trug, der dem Empfänger ausgehändigt wurde. Nach Beikassierung des Betrages überwies man Preußen 7 Kr. und teilte sich den Rest.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Lieber bk,

    ich denke, daß man den Brief erst einmal aus preußischer Sicht behandeln muß:

    Durch den Expreßvermerk wurde er zu einem unterfrankierten Recobrief. Das zog für Preußen eine Forderung von 2 Sgr. zzgl. 1 Sgr. Zuschlagsporto nach sich. Diese Forderung war in der Währung der Abgabepost auszuweisen und gemäß den Postvereinsbestimmungen (1 Sgr. = 3 Kr.) umzurechnen. Das geschah mit dem Vermerk 9 x. Über die Behandlung der Währungsdifferenzen ist in einem anderen thread geschrieben worden.

    Der preußischen Post konnte es gleichgültig sein, was in Bayern für die expresse Zustellung erhoben wurde, da sie nichts davon hatte.

    Aus bayrischer Sicht mußte der Empfänger erst einmal mindestens die 9 Kr. entrichten, die der preußischen Postverwaltung zustanden. Wenn deren Streichen Nichterhebung bedeutete, ergab sich ein Verlust.

    Ein Abweichen von den Postvereinstarifen für die Expreßzustellung war entweder in Bayern generell erlaubt, oder ein Verstoß des Postlers gegen seine Vorschriften. Wie der Bote zu entlohnen war, spielte in diesem Zusammenhang keine Rolle. Sachsen beispielsweise erhob vom Empfänger die Postvereinstaxe und entlohnte den Boten nach eigenen Vorschriften. Je nach Entfernung des Landortes vom Postort konnte die Differenz postiv oder negativ sein. Im Stadtgebiet selbst machte die Post dabei immer ein Geschäft.

    Der Schlüssel zur Interpretation des Briefes, so es denn einen gibt, dürfte in der Höhe der Expreßzustellgebühr liegen, die dem Empfänger zu berechnen war.

    Liebe Grüße

    Altsax

  • Lieber Altsax,

    deiner These könnte man zustimmen, wenn man ihm sich aus rein preußischer Sicht nähert. Vom Prinzip her hätte der Absender aber die 3 Sgr. Expreßgebühr berappen müssen, denn dieser wünschte ja genau dieses und dafür hätte er zahlen sollen/müssen. Wenn Preußen diese 3 Sgr. bzw. 9 Kr. nicht in die Briefkarte eintrug, und der Brief wäre wegen der erheblichen Kosten nicht angenommen worden, wie hätte man das verrechnen sollen, da es dann ein Retourbrief wurde?

    Weiterhin bleibt die Frage, wie die vorhandenen 3 Sgr. aufzuteilen waren: rechnete man 3 Sgr. an Franko vorhanden, also nicht eigentlich unterfrankiert? Oder sah man 2 Sgr. als Chargégebühr frankiert an, wodurch nur 1 Sgr. für den Brief bleiben konnte? Oder spielten die nicht frankierten 3 Sgr. für den Expreß zur Unterfrankatur?
    Warum wurde keine Rekonummer in Preußen und in Bayern vergeben?

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Lieber bk,

    in einer Sammlung, die sich ausschließlich mit der Expreßzustellung beschäftigt, gibt es eine ganze Reihe von Postvereinsbriefen, die zwar incl. Recogebühr vollständig frankiert sind, die Expreßgebühr aber nicht enthalten. Alle mir bekannten Belege sind, sofern überhaupt, von der Zustellpostanstalt siegelseitig mit Botenlohnvermerken versehen worden. In keinem mir bekannten Falle hat die Aufgabepostanstalt auf dem Brief Taxvermerke angebracht. Die kommen lediglich dann vor, wenn bereits der Absender die Expreßgebühr entrichtet hatte. Wegen des entsprechenden Anpruchs der Abgabepostanstalt sind sie als Weiterfranko, wie bei Auslandsbriefen üblich, ausgewiesen.

    Natürlich kann man spitzfindig argumentieren, daß die preußische Post einen vollständig frankierten Brief erhalten hat, dem nur die Recogebühr fehlt, für die wiederum kein Zuschlag anfiel. Nach dem alten Beamtenmotto "im Zweifel für den Fiscus" hat der Postler das aber offensichtlich anders betrachtet.

    Ich denke, daß die Interpretation, daß die 9 Kr. irrtümlich gestrichen worden sind, nach wie vor die plausibelste ist.

    Liebe Grüße

    Altsax

  • Lieber Altsax,

    ich denke mit der Beschreibung kann ich leben. Leider sind bayer. Experßbriefe in den Postverein und noch mehr Expreßbriefe der AD - Staaten nach Bayern sehr selten. Von daher kann ich leider keine Beispiele hier zeigen, die vergleich bar sind.

    Sächsische Expreßbriefe in den Postverein sollten aber auch hier gerne gesehen sein. ;)

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Lieber Altsax,

    dann freue ich mich auf deine interessanten Briefe. Ich kenne übrigens nur einen Expreßbrief nach Sachsen mit 20 Kr. und keinen von dort nach Bayern!

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Ihr beiden Lieben

    ich möchte mich nochmal in die Diskussion einmischen und stimme Altsax zu, was die "Expresse" Gebühr angeht.
    Für mich ist diese Gebühr nichts anderes, als ein Bestellgeld bzw. Botenlohn, was auch dem ausgebenden Postamt zustand. Diese Leistung hat meineserachten auch nichts mit der Beförderung des Briefes von A nach B zu tun, sondern ausschließlich, wie mit ihm an Ort "B" weiter verfahren wurde. (Die Frage,welche auch so aufgeworfen werden kann, konnte das gewöhnliche Bestellgeld in Preusen, Sachsen usw. in Bayern vorausbezahlt werden?)

    Diese Extraleistung sagt ja nur aus, dass der Brief sofort vom zustellenden Postamt "ausgetragen" werden sollte und nicht bei dem "regulären" Gang eines Postboten. Zumindestens ist es mir bekannt, dass es in Preussen extra Eilboten-Zusteller gab.

    Das aufgebende Post-Amt hatte hier keinen Einfluß, was am Bestimmungsort "möglich" war. Selbst im Gesetz zum Postwesen von 1860 ist hier der §22 interessant. Das läßt auch erkennen, das es nicht immer einfach war, die genauen "Kosten" am Absende-Ort zu bestimmen.

    Weiterhin war es zumindestens in Preussen Vorschrift, diese Gebühr siegelseitig zu notieren.

    Dies ist z.B. bei von @Peter hier eingestellten Vorderseite schwierig zu beantorten. Nur grob würde ich jetzt sagen, ist hier nur die Charge-Gebühr von 2 Sgr und der einfache Brief von 10 bis 20 Meilen ebenfalls 2 Sgr bezahlt. Wie der "Rest" von den 6 Pfennigen jetzt behadelt wurde, keine Ahnung, da zumindestens weitere 2 Sgr noch notwendig wären, für die "Expresse - Bestellung "

    Mit freundlichem Sammlergruss

    Ulf

  • Lieber bk,

    jetzt habe ich doch noch einen Brief gefunden, der zu Deinem paßt (wobei er auch Erklärungsprobleme bereitet):

    Der Brief wurde in Altenburg mit 4 Ngr. frankiert und mit dem Vermerk "eilig" möglicherweise in den Briefkasten geworfen. Carlsbad lag gegenüber Altenburg im zweiten Entfernungsbezirk. Der einfache Brief hätte folglich 2 Ngr. erfordert. Der Zustand des Umschlages läßt keinen schweren Inhalt vermuten. Es könnte also beabsichtigt gewesen sein, ihn recommandiert aufzugeben, was aber offenbsichtlich unterblieb.

    Der ursprünglich angebrachte Portovermerk von 30 (Nkr) ist allem Anscheine nach von gleicher Hand wieder gestrichen worden. Er hätte der Nachtaxe für einen recommandierten Expreßbrief der doppelten Gewichtsstufe entsprochen (2 Ngr. Ergänzungsporto, 3 Ngr. Expreßgebühr, 1 Ngr. Zuschlagsporto).

    Der Vermerk "eilig" entsprach jedoch nicht den Anforderungen an die Dokumentation des Verlangens nach Expreßzustellung. Deswegen hieß es vermutlich "Kommando zurück".

    Liebe Grüße

    Altsax

  • Lieber Magdeburger,

    vielen Dank für deine Sichtweise der Dinge - ich glaube, ihr habt Recht.

    Liebe Altsax,

    den würde ich so sehen, dass man ihn zuerst als Portobrief versenden wollte (2mal 10 Nkr. plus 2 mal 5 Nkr. Portozuschlag), so dass die 30 Nkr. erklärt wären, dann aber sicherheitshalber mit 4 Ngr. frankierte. Expreßbriefe sollten ja zuoberst im Briefbeutel liegen, damit sie ungesäumt dem Boten übergeben werden konnten.

    Da Sachsen den Brief nicht als eingeschrieben und daher auch nicht als Expreßbrief ansah, dürfte man in Österreich nicht auf die Idee gekommen sein, ihn wie einen unterfrankierten, eingeschriebenen Expreßbrief zu behandeln. Aber das ist nur die Ansicht eines "Outsiders", weil ich die sächsisch - österreichischen Postverhätnisse kaum kenne.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Peter,

    an deinem schönen Brief sieht man wieder einmal, welche Währungsprobleme es gerade bei Expreßbriefen im Postverein gab oder geben konnte. Der Absender frankierte 2 Sgr. für die Recommandation, 3 Sgr. für einen einfachen Brief über 20 Meilen und 3 Sgr. für den Expressen, wie der Weiterfrankovermerk "3" zeigt.

    Links unten wurden nun die 3 Sgr. in 11 Kreuzer reduziert, was richtig war. Die Expreßgebühr in den süddeutschen Ländern und Gebieten betrug aber nur 9 Kr., also gleich 2 1/2 Sgr..

    Hier hat der Absender also 1/2 Sgr. zu viel verklebt, denn 2 1/2 Sgr. entsprachen nach der Reduktionstabelle 9 Kr. rheinisch. Der Fürst freute sich, denn er bekam 11 Kr. gutgeschrieben und musste nur 9 Kr. an seinen Subalternen abführen.

    Danke fürs zeigen und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.