Königreich beider Sizilien nach Württemberg

  • Guten Abend zusammen,

    heute möchte ich einen Brief aus Neapel (Stempel ist nicht deutlich erkennbar, aus dem Inhalt aber zuzuordnen) vom August 1858 nach Tübingen in Würtemmberg zeigen.

    Der Brief wurde als Portobrief versendet, ab 01.07.1858 galt 3x PV für Tübingen im Taxrayon I und 24x fremde Taxe. Fremde Taxe bedeutet wohl, die fremde Taxe war für Frankreich ( incl. der franz. Dampfschiffe? " Vapore postale franciere" oben rechts als Leitwegangabe) und Kgr.beider Sizilien. Kann jemand was zu dieser Aufteilung sagen? Insgesamt also 27x vom Empfänger bezahlt.

    Unten links meine ich einen "Via di mare"-Stempel von Livorno oder Genua zu sehen, über Genua ist er auf jeden Fall nach Marseille gelaufen, vorderseitig wurde ein Grenzeingangstempel Sardinien-Marseille abgeschlagen.

    Rückseitig diverse französische Stempel von Paris, Lyon-Paris, den roten Stempel kann ich leider nicht bestimmen. Weiter mit der badischen Bahnpost und der württembergischen Bahnpost nach Stuttgart. Der Distributionsstempel vom 27.8. könnte dann von Tübingen sein.

    Vielen Dank im Voraus für Kommentare, Berichtigungen und Hilfe zu den fraglichen Stempeln.

    LG
    Christian

  • Hallo Leitwege,

    ein Brief so ganz nach meinem Geschmack. Maßgeblich war der PV Badens mit Frankreich von 1857, wenn ich das noch richtig im Kopf habe (alles aus der Hüfte).

    So weit ich weiß, bekam das Kgr. beider Sizilien hier gar nichts, weil er nicht über Land lief, sondern gleich in das französische Postschiff kam (vapore postale francese = mit französischen Postdampfboot).

    Die Briefe kosteten pauschal bis 7,5g 24x. Eine Aufteilung zwischen den Ländern kenne ich nicht (müsste eh intern gewesen sein). Schön zu sehen der Laufweg Marseille - Lyon - Strasbourg.

    Die 3x bekam Baden als Aufgabepost im Postverein.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,
    diese Brief mit französischen Schiff versendet,vermutlich wegen Frankatur Freiheit, denke nicht das Genua berührt hat. Auf dem Stempel auf die Förderseite ist eventuell Sicilia/Marseille zum lesen?
    LG A

    "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben."
    W. v Humboldt

    Einmal editiert, zuletzt von Filigrana (4. Juni 2015 um 01:02)

  • Also, Empfehlung: bei Italien-Briefen immer das Buch Mentaschi/Mathà konsultieren... deswegen haben wir es geschrieben!
    1) der rote Stempel ist Napoli Porto (Hafenstempel von Neapel)
    2) der Brief wurde gemäß dem Postvertrag Frankreich-Königreich beider Sizilien 1853 (ab 1.1.1854 gültig) befördert, was bei Portobriefen mit Schiffsbeförderung ergab, dass Sizilien an Frankreich für diesen Brief 42 centimes zu zahlen hatte
    3) der Brief wurde in Marseille ausgeladen

  • Hallo Altitalien,

    danke für deine Ausführungen - leider besitze ich das Buch nicht, aber was nicht ist, kann ja noch werden. ;)

    Warum sollte Sizilien an Frankreich 42 Centimes zahlen, wo man doch offensichtlich nichts für den Brief vom Absender kassiert hatte?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerfreunde,

    danke für eure fachkundigen Ausführungen.

    Filigrana: Du hast Recht, ist Sicile/Marseile. Dass er in Marseille ausgeladen wurde ist klar, aber die franz.Schiffe machten meiner Meinung nach Halt in Rom, Livorno, Genua, dann weiter nach Marseille, darum dachte ich an einen Sardinien-Stempel...kann aber auch sein dass es direkt nach Marseille ging.

    bayern klassisch und Altitalien: 42 Centimes für Frankreich galt vielleicht für Frankobriefe, für Portobriefe denke ich, dass ja Frankreich mit den 24x schon ausreichend versorgt war.

    Nur zum Verständnis: Empfänger 27x bezahlt. 3x Wü an Baden wg. Aufgabepost Baden im PV. 24x von Wü an Frankreich für Transit und Schiff.
    Beim Frankobrief kassierte Sizilien 22 Grana, und musste 42 Centimes an Frankreich bezahlen.

    Das Buch Mentaschi/Matha besitze ich leider auch nicht, ist aber in italienisch verfasst, oder?

    LG
    Christian

  • Die 42 centimes stehen im Vertrag für unbezahlte = Portobriefe, nicht für Frankobriefe. Die Anlegestellen der französischen Schiffspost waren nach Neapel: Civitavecchia (nicht Rom!), Livorno, Genua, Marseille.

  • Also, ich verstehe das immer noch nicht, warum Sizilien bei einem Portobrief etwas an Frankreich zu zahlen hatte? Wurde das denn dann wenigstens irgendwann pauschal verrechnet oder so? Ansonsten hätte ja Sizilien für seine Dienstleistung nur Ausgaben, aber keine Einnahmen gehabt. :?:

    Auch ein Blick in den Mentaschi/Mathà hat mir nicht weiter geholfen, da weder auf S. 92 noch auf S. 56/57, den beiden für mich hier relevanten Stellen, irgendwas zu finden ist, was diese Frage beantworten könnte. Hilfe! :wacko:

    Viele Grüße,
    nitram


  • Oha, ich habe in der Tat die Zeile verfehlt. Der Vertrag F-Sizilien ist bei Vollmeier, Storia Postale del Regno di Napoli, Bd. 1, S. 547 ff. abgebildet. Der Anhang A enthält die Auslandspost. Im ersten Absatz geht es um die Post aus den Schweizer Kantonen, Baden, Bayern, Württemberg und Hohenzollern. In der Spalte "Gebühren, welche von Frankreich an das Königreich beider Sizilien für Frankobriefe nach Sizilien oder für unbezahlte Briefe aus Sizilien zu entrichten hat": da gibt es nun zwei Unterspalten: Briefe auf dem Seeweg oder über Land, zu Lasten Frankreichs, oder zu Lasten Siziliens. Das heisst, je nachdem, wer den Transit bezahlte. In unserem Fall war es zu Lasten Frankreichs, da der Brief mit französischen Postschiffen lief. So also bezahlte Frankreich für diesen Brief 13 centimes (im anderen Fall wären es 54 centimes gewesen).

  • Danke für deine Klarstellung, Altitalien, zum diesem interessanten Brief.
    LG A

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    W. v Humboldt