Salegg-Korrespondenz, Hengersberg

  • Lieber Bayern-Nerv,

    ein Prachtstück aus überlieferungsgeschichtlicher Sicht! Diese Übersendung eines Schlegels Schwarzwild aus den Thurn-und-Taxis'schen Jagdrevieren ist ein gleich doppelter Leckerbissen, weil sie laut rückseitigem Vermerk im (zu rekonstruierenden, weil nicht mehr vorhandenen) Fakturenbuch auf Seite 1 eingetragen wurde - und man damit den genauen Zeitpunkt von dessen Anlegung festmachen kann. Ein große Hilfe bei der Erschließung des Salegg'schen Bestandes.

    Vielen lieben Dank für's Zeigen! :thumbup:

    Donauwalzer - Ernst

  • Hallo Ernst,

    gern geschehen. :)

    Schöne Grüße

    Volker

    Nimm dir im Leben ruhig die Zeit zum Sammeln und genieße einen guten Wein, denn die gesammelte Zeit nimmt dir irgendwann das Leben und dann wird man um dich weinen. (V.R.)

    Bayernfarbenvielfaltverrückt - warum nicht?

  • Liebe Freunde,

    für einen lieben Sammlerfreund konnte ich den hier schnappen: Brief aus Bodenmais mit Postaufgabe vom 27.6.1853 (Bodenmais bekam erst 1856 eine eigene Post) in Regen an Salegg in Hengersberg.

    Der Absender wollte sich seine Ware nach Deggendorf liefern lassen, auch nicht uninteressant. Ich finde und fand ihn entzückend und das Blau der Marke ist herrlich (bin ja eh ein Blauer!).

  • Liebe Freunde,

    und hier ein weiterer Salegg-Brief für Donauwalzer, vielleicht mit einem bisher unbekannten Kunden von Salegg.

    Der Brief wurde am 14.11.1863 in Arnbruck (Bayerischer Wald) geschrieben und aufgegeben, frankiert mit einer 3 Kreuzer rot von der Stöckelserie 6.

    Arnbruck wurde am 01.7.1861 Postexpedition und bei dem vermutlich nicht so hohen Briefaufkommen hätte man nach 2 Jahren einen schöneren Stempel erwarten dürfen.

    Der Expeditor war wohl typisch für diesen Menschenschlag entweder etwas unbürokratisch oder recht sparsam und hat die Stempelfarbe gut mit Ruß gestreckt. Der oMR ist also nicht schön, aber als 735 lesbar.

    Wer kann zeigen, dass der Expeditor auch sauber stempeln konnte?

    Interessant ist der Inhalt, auch, weil er (wie Ralphs Brief im Beitrag zuvor) etwas über die schwierigen Verkehrsverhältnisse im Bayerischen Wald aussagt. (Bodenmais liegt ebenfalls im Zellertal, etwa 6 km von Arnbruck entfernt.)

    „Hernn F. Jos. Salegg in Hengersberg

    Arnbruck den 14. Novb. 1863

    Ich ersuche, Sie möchten mir sobald als möglich das bestellte Kölberl Tabak senden an Herrn M. Schweighofer Junior in Deggendorf nur eine gute Ware und von dort zur Übergabe in Viechtach (t)dem Bothen zu übergeben, und mir hierüber mit der Post Rechnung enthüllen.

    Empfehle mich, und bin mit aller Achtung

    Michael Sporrer“

    Michael Sporrer war „Krämer“ in Arnbruck, wie sein Vater und Großvater, die seit Mitte des 18. Jahrhunderts hier als Krämer ansässig waren. In den Pfarrmatrikeln Arnbruck sind die Hochzeit des Großvaters in 1773 und des Vaters in 1804 verzeichnet.

    Erstaunt hat mich das für die Region ungewöhnlich aufwändige, gut erhaltene und lesbare Siegel, denn dafür habe ich nur das Wappen der Sporrer in Winterthur gefunden. Hufeisen und Sporen im Schild und dem Helmbusch sowie die übrigen Zeichen lassen keine Verwechslung zu.

    Sind die Sporrer im 17. / 18. Jhd. aus der Schweiz in den Bayerischen Wald gekommen?

    Kann hierzu jemand etwas Erhellendes beitragen?

    Für einen Auszug aus dem Pietz zu Anbruck wäre ich ebenfalls sehr dankbar.

    Beste Grüße

    Will

  • Lieber Will,

    sehr schön und informativ - ich habe Ernst mal angeschrieben und gebeten, seine Sichtweise der Dinge darzulegen. Er weiß alles zu Salegg ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Hermann,

    da war bei mir der Wunsch der Vater des Gedankens.

    Ich bin immer wieder begeistert, wenn ich in Deinen Beiträgen sehe, welche Fülle an Informationen der Herr Pietz zusammengetragen hat.

    Bei Arnbruck muss ich wohl selber fündig werden.

    Beste Grüße

    Will

  • Lieber Will,

    in Arnbruck bestand seit 1. Oktober 1856 eine Briefablage. Zuständige Postexpedition war vermutlich die am gleichen Tag eröffnete Expedition Bodenmais (recte Boon'moas). Der Nebenort brachte es 1861 anscheinend ohne die Zwischenstufe einer Postablage direkt zur Expedition.

    Näheres zu den Briefablagen im RB 61 oder (etwas ausführlicher) hier.

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Lieber Dietmar,

    herzlichen Dank für die Information.

    Ich hab da bisher zu wenig über den Tellerrand geschaut😢.

    Deinen interessanten Artikel werde ich aber jetzt studieren, versprochen.

    Beste Grüße

    Will

  • Lieber Dietmar,

    vielen Dank.

    Anbei aus dem Internet: Landshuter Zeitung vom 23.9.1856, zum 1.10.1856, Briefablage Arnbruck:

    In der Passauer Zeitung steht ab 1.3.1861, daß in Arnbruck eine Postablage eröffnet wird:

    wahrscheinlich ist diese Änderung nicht erfolgt, denn am 1. Juli 1861 wurde in Arnbruck eine Postexpedition eröffnet.

    Liebe Grüße,

    Hermann

  • Liebe Saleggfreunde!

    Ich danke Euch ganz herzlich für diese beiden schönen Belege! Der erste (danke, Ralph!) bietet mir die andernorts nicht zugängliche Info, dass der nachmalige "Münchner Bote" Achatz zu Deggendorf 1853 offensichtlich noch in Bodenmais ("im Woid") zugange war und sich dann hochgearbeitet zu haben scheint. Er wird sich auch später noch für Salegg betätigen - dann allerdings bereits am neu entstandenen Bahnhof zu Plattling. Solche Personen und Tätigkeiten sind über die Amtsblätter jener Jahre zwar irgendwie fassbar, die Angaben gehen aber über die blutleeren Namen und Jahreszahlen nicht hinaus, und über die Qualität der jeweiligen Kundenbindung sagen sie schon gar nichts. Hier grüßt Achatz tatsächlich "schönstens", und zwar auch mich!

    Der Beleg aus Arnbruck (danke, Will!) legt wiederum recht schön den Beförderungsweg von der Donau in den Wald offen: Zuerst bringt Salegg die Ware (was er etwa zweimal die Woche macht) mit seinem eigenen Fuhrwagen von Hengersberg nach Deggendorf zum Spediteur Schwaighofer (der ihn seinerseits über seine Donaulände mit Waren aus dem gesamten Zollvereinsgebiet beliefert, so dass die Fuhre auch heimwärts nicht leer bleibt). Dort übernimmt der Viechtacher Bote. In Viechtach kann sich Sporrer dann die Ware abholen. Die Rechnung folgt separat ein wenig später per Post - und zwar aus gutem Grund, weil nämlich der Empfänger (ebenso wie das Salegg selbst zu tun pflegt) die Ware erst auf Mängel und Schäden hin untersuchen und dann beim Preis meist ebenso rasch wie forsch nachverhandeln will.

    Was die Familie Sporrer angeht: Da bin ich selbst zwar überfragt (Arnbruck liegt leider im Bistum Regensburg, sodass die Matrikel nicht online zugänglich sind), aber man könnte ja mal beim dortigen Lokalmatador Franz Vogl nachfragen: https://arnbruckerahnen.de/

    Übrigens: Von Sporrer habe ich bislang (trotz eines Fundus von mittlerweile knapp 600 rekonstruierten Belegen) nur zwei Briefe auf meiner Liste (1867 und 1869), wodurch ich die Geschäftsbeziehung zwischen ihm und Salegg jetzt deutlich weiter datieren kann. Herzlichen Dank auch dafür!

    Mit besten Grüßen und Wünschen!

    Ernst

  • Lieber Ernst,

    hab vielen Dank für deine herrlichen Schilderungen aus der Zeit. Das liest sich wie Öl, wie du da schreibst. :) :) :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Saleggfreunde,

    damit der nächste nicht wieder von vorne mit der Suche anfangen muss, hier, was ich zu Arnbruck gefunden habe.

    Der erste Postexpeditor war 1861 Michael Sporrer. (Übrigens mein Briefschreiber😁). VO 32, 08. Aug. 1861

    1867 übernahm der Gastwirt Georg Weber die Postexpedition. VO 61, 05. Aug. 1867

    Aus dem Heimatbuch von „Sven Bauer, Arnbruck 800 Jahre“ habe ich noch die folgenden Informationen:

    1876 ging die Expedition an Michael Bruckmayer, dem bereits ab 1850 die Botenpost von Arnbruck nach Deggendorf übertragen wurde.

    1896 übernahm sein Sohn Georg Bruckmayer die Expedition, jetzt mit Poststallhaltung.

    Dessen Vertrag endete 1928, als Wendelin Meier Postexpeditor in den neu angemieteten Räumen im Haus von Josef Vogl/Karl Baier wurde.

    1935 folgte Otmar Sturm.

    Zur Briefablage ab 1856 konnte ich nichts finden, aber ich vermute, dass diese ebenfalls bereits bei Michael Sporrer war. Eine Krämerei bot sich dafür an, da die Bewohner Arnbrucks hierhin ja regelmäßig kamen.

    Beste Grüße

    Will

  • Liebe Saleggfreunde,

    anbei ein neuer, wirklich vorzeigbarer Beleg (danke, Ralph!) vom 21.08.1855, geprüft Hartmann, mit schönem HKS – so schön er für Traunstein eben sein kann. Ich möchte ihn deshalb teilen, weil er darüber hinaus einen weiteren wunderbaren (Vorsicht: Wortspiel!) „Beleg“ für die Erkenntnismöglichkeiten der „sozialen Philatelie“ in Kombination mit Online-Datenbänken und sozialen Netzwerken abgibt: Er handelt vom Umgang Saleggs mit seiner Wirtsverwandtschaft im Oberland, betreffend das (wohl ausgebliebene) Erbe für seinen Bruder Kaspar, der im niederbayerischen Griesbach die Wirtstochter Schwarzenbeck aus Traunstein geheiratet hatte (gefunden über die „Genealogische Datenbank des Bistums Passau“). Die Schwiegermutter seines Bruders teilt ihm - in schönster Handschrift - mit, dass kein Geld mehr da ist, ja dass sogar, „wie Sie wissen, bei Ihrem Bruder Kaspar unser ganzes Vermögen verloren“ gegangen ist. Auch die 50 Gulden, die Kaspar (wohl anlässlich des Todes seines Schwiegervaters) zu wenig waren und die er deshalb seinerzeit angeblich zurückgeschickt hatte, scheinen sich in Luft aufgelöst zu haben. Immerhin: Die Traunsteiner Weingastgebers- und Lohnkutscherswitwe bleibt höflich im Ton und faltet die Briefinnenseite vor Verschluss über Kreuz derart, dass ihr Siegel am Schluss einwandfrei in der Mitte platziert werden kann. Der Brief ist buchstäblich formvollendet (einzig die etwas schief sitzende Marke hat wohl der Postbeamte aufgeklebt). Und auch das kam vermutlich nicht von ungefähr: Laut Heiratseintrag von 1812 in „matricula online“ war sie mit dem Traunsteiner Pfarrer verwandt und hatte als dessen Haushälterin gearbeitet, bevor sie in die Wirtschaft ihres Mannes Barthlmä Schwarzenbeck einheiratete – bei so viel zu erwartendem Anstand, frommer Finesse und Geradlinigkeit ist dem eher aufs Geld fokussierten Salegg sicherlich nicht mehr viel anderes übriggeblieben als die Waffen zu strecken…

    Mit sozialphilatelistischen Grüßen!

    Ernst

  • Lieber Ernst,

    wohltuend, dich hier zu lesen und private Inhalte bei Salegg-Briefen sind klar in der Unterzahl. Wenn dann noch der Inhalt so brisant ist, schätzt sich der Sammler und Forscher glücklich. :thumbup: :thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ernst,

    ich finde Deine Beschreiung diese tollen Briefes einfach super.

    Vielen Dank dafuer - das sind die Briefe welche, mit so einer Beschreibung, andere fuer die Philatlie interressieren koennten.

    Mit lieben Gruessen,

    Bruno