markenlose Briefe der Kreuzerzeit

  • Hallo Bayernfreunde,

    bei der Taxe für Portobriefe im Tarifzeitraum 1.7.1850 - 30.6.1858
    - bis 1 Loth und
    - über 12 Meilen Entfernung
    gibt es in der Literatur widersprüchliche Angaben zur Taxhöhe.

    Sem führt in seinem Handbuch für diese Briefe 12 Kreuzer auf.
    Dr. Zangerle in seinem Buch "Taxierung und Behandlung von Briefpost in und aus Bayern" nur 9 Kreuzer.

    Bayern klassisch hat mir vor einiger Zeit hierzu mal folgendes mitgeteilt:
    Mit dem ersten Verordnungsblatt, die bayer. Inlandstaxen ab dem 1.7.1850 (der Postverein ließ grüßen) setzte Bayern 12 Kr. für einfache Briefe über 12 Meilen unfrankiert fest. Hierauf bezieht sich auch Peter Sem.
    Kurze Zeit später stellte man fest, des es eigentlich 9 Kr. sein mussten und korrigierte seine Verordnung auf 9 Kr.
    Diese Korrektur wurde aber kurze Zeit später separat nachgemeldet, jedoch realisierte dies nicht jeder Postexpeditor und taxierte u.U. falsch. Daher gab und gibt es 12 Kr. Portobriefe (seltener) und 9 Kr. Portobriefe von A nach B und von B nach A.

    Bei dem folgenden einfachen Portobrief, der am 3.5.1853 von Untersteinach nach München (Entfernung knapp 30 Meilen) lief wurden die zuerst notierten 12 Kreuzer wieder gestrichen und (mit derselben Feder) durch 9 Kreuzer ersetzt. An diesem Beispiel wird deutlich, dass einige Expeditoren wohl ihre Schwierigkeiten damit hatten, die richtige Portotaxe festzusetzen.

    Viele Grüße
    Bayern-Kreuzer

  • Lieber Bayern-Kreuzer,

    ein perfektes Beispiel für meine o. a. VO - schöner geht es nicht. Wenn du den mal nicht mehr brauchen solltest ... ;)

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerfreunde,

    ich möchte einen interessanten Portobrief vorstellen.

    Brief aus Gieslingen bei Ellwangen in Württemberg (Entfernung ca. 20 km), aufgegeben in Nördlingen Bayern (ca. 12 km von Gieslingen entfernt) am 22.7.1864 nach "Maukirchen (Mauerkirchen) königl. Landgericht Prien Post alda". Es handelt sich somit um einen innerbayerischen Portobrief über 12 Meilen der 9 xr (6 xr + 3 xr Portozuschlag) kostete. Von Württemberg aus hätte er als Portobrief über 20 Meilen im DÖPV 12 xr gekostet.
    Ankunft in Prien am 24.7.1864. Dort nicht zustellbar, Vermerk "abgereist daher retur (Name?) Postbot".
    Rückkunft in Nördlingen lt. Stempel am 26.7.1864.
    Was geschah jetzt mit diesem Brief? Der Absender war von außen nicht zu erkennen, lediglich am Verschluß hätte man evtl. "GISLINGEN" erkennen können. Folglich wurde der Brief nach Vorschrift 4 Wochen bei der Postexpedition Nördlingen öffentlich ausgestellt und ging anschließend an die zuständige Oberpostdirektion zur Feststellung des Absenders. Wo der Brief geöffnet wurde ist nicht ersichtlich. Eine Verschlußmarke ist nicht vorhanden. Rückseits wurde der Vermerk "Holzinger, Schultheiß Gieslingen pro 9x" angebracht und der Brief nach Württemberg gesandt.
    Der nächste Stempel stammt rückseits aus Aalen vom 26.8.1864. Vorderseitig befindet sich dann Aalen 27.8. und rückseits Ellwangen 28.AUG.1864.
    Von Ellwangen aus wurde der Brief dann dem Absender in Gieslingen zugestellt und die 9 xr Porto abkassiert.

    Wie ich finde eine sehr interssante Reise mit mehreren unterschiedlichen Postmanipulationen.

    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,

    ein hochinteressanter Brief. An eine Öffnung in Bayern glaube ich weniger - die bayer. Retourbriefcommissionen schrieben in roter bis violetter Tinte, nicht in blau. Auch wäre ein Wapperl bzw. vor der Existenz derselben ein Siegel der Commission auf der Siegelseite anzubringen gewesen, was hier eindeutig fehlt.

    Daher nehme ich an, dass man an Hand des Siegels erkannte, dass er nach Württemberg gehörte (vlt. hat der Absender häufiger Briefe in Bayern aufgegeben und war dort bekannt?). Die dortige Retourbriefcommission schrieb mit blauer Tinte, so dass dies passen würde.

    In Bayern hätte man auch sicher bei dem ermittelten Ort noch Württemberg beigefügt, was bei einer Öffnung in Württemberg natürlich lässlich war.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    eine Öffnung des Briefes in Württemberg habe ich auch schon in Erwägung gezogen. Deine Ausführungen zur Farbe der Tinte bstätigen meine Vermutung. Wo könnte der Brief in Württemberg geöffnet worden sein, Aalen?

    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,

    ich denke, dass man das bei der Retourbriefcommission Stuttgart gemacht hat.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Bayernfreunde,

    der folgende Brief lief am 20.3.1853 als Portobrief (Parteisache) von Freising nach München.
    Die Entfernung betrug 4,3 Meilen.
    Es handelt sich also um einen Brief der 1. Entfernungszone (bis 12 Meilen) und der 2. Gewichtsstufe (über 1 - 4 Loth). Als Frankobrief hätte er 6 Kreuzer gekostet; als Portobrief kamen noch 2 x 3 Kreuzer = 6 Kreuzer hinzu. Der Empfänger hatte also die vorderseitig notierten 12 Kreuzer zu zahlen.

    Der Brief trägt einen Insinuationsvermerk: "Ins: am zwanzigsten Maerz 1853 (Unterschrift)".
    Während die weitaus meisten Insinuationsvermerke auf der Rückseite eines Briefes zu finden sind, steht er hier (noch über dem Absender) auf der Vorderseite.

    viele Grüße
    bayern-kreuzer

  • Lieber Bayern-Kreuzer,

    einfach nur schön (wie alle deine Briefe) und mit der Besonderheit vorn ein glatter Kauf. Portobriefe der 1. Entfernungs- und 2. Gewichtsstufe sind gar nicht so häufig. Das schwerste, was ich porto bisher von Bayern gesehen habe, war eine 4. Gewichtsstufe.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Bayern-Kreuzer †,

    ein feines Stück - das hatte ich auch unter Beobachtung! Die gemeinsame Liebe zu markenlosen Belegen eben.
    Vorderseitige Insinuationsvermerke sind meiner Beobachtung nach in der Tat nicht sehr häufig. Sie erleichtern jedoch die Kaufentscheidung ungemein. Man muss beim Anbieter nicht um einen Scan der Rückseite betteln ...

    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Hallo Bayernfreunde,

    der folgende portofreie Dienstbrief aus Würzburg vom 6.8.1867 trägt auf der Vorderseite einen Zweizeiler (Winkler 8b).

    Nach dem Stempel-Handbuch von Sem ist dieser Stempel jedoch nur als Fahrpoststempel belegt; auf Markenbriefen ist er nicht bekannt. Und auch im Winkler ist er als Fahrpoststempel vermerkt.

    Nun sieht der Brief (innen mit Teilinhalt) ja nicht als Fahrpostbrief aus.
    Sind evtl. andere Markenbriefe oder Dienstbriefe mit diesem Stempel bekannt? Vielleicht kann mir Luitpold mehr sagen?

    Ich meine auch, dass hier im Forum schon mal über diesen Stempel (als Briefaufgabestempel) geschrieben wurde. Bin aber nicht mehr fündig geworden.

    Viele Grüße
    bayern-kreuzer

  • Nach dem Stempel-Handbuch von Sem ist dieser Stempel jedoch nur als Fahrpoststempel belegt; auf Markenbriefen ist er nicht bekannt. Und auch im Winkler ist er als Fahrpoststempel vermerkt.

    bayern-kreuzer

    Hallo bayern-kreuzer,

    auf einem mit Marken frankierten Brief kenne ich diesen bei der Fahrpost verwendeten Stempel nicht.

    Wobei ich einschränke, dass ich einen Brief habe, der zuerst mit der Fahrpost und dann mit der Briefpost befördert wurde und so zu dem Zweikreiser und den L2 kam. Aber das ist eine andere Sache.

    Bei Deinem Dienstbrief (kein Markenbrief :!: ) erfolgte die Aufgabe bei der Fahrpost - evtl. waren noch andere Briefe mit Akten dabei (auf dem dem Brief findet sich leider kein Vermerk - auch keine Gewichtsangabe* - würde aber eine Erklärung für die Aufgabe sein). Die Schalter der Fahrpost waren ja getrennt von der Briefpost und für die Bearbeitung waren extra Beamte tätig (anders als bei Postexpeditionen, wo der Expeditor alle Tätigkeiten ausführte). Bei den Dienstbriefen wird eine Aufgabe, ob bei Fahr- oder Briefpost nicht so wichtig gewesen sein, mitgenommen wurde er auf jeden Fall. Es musste ja nichts bezahlt (frankiert) werden und es war daher nicht erforderlich ihn der Briefpost weiterzugeben (tja, wenn jetzt doch noch ein Zweikreiser drauf wäre!) :rolleyes:

    Ein beachtenswertes Stück 8o Sehr schön für den Spezialsammler :thumbup:

    Freundlichen Gruß
    Luitpold

    * das wäre dann ein Brief für bayern klassisch: fehlender Vermerk für Akten, keine Gewichtsangabe - und das in einer Hauptfahrpostexpedition. Also meine Herren, so geht das nicht :cursing:

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Hallo Luitpold,

    vielen Dank für die Mühe, mit der du mir auf meinen eingestellten Dienstrief mit dem Zweizeiler von Würzburg geantwortet hast.

    Ja, so könnte es gewesen sein, dass der Brief zusammen mit anderen Fahrpostbriefen bei der Fahrpost eingeliefert und dort gestempelt wurde.
    Aber wer weiß, vielleicht taucht auch mal ein Markenbrief mit diesem Stempel auf?

    Viele Grüße
    bayern-kreuzer

  • Liebe Freunde,

    ich denke, dass es so abgelaufen war: Ein Bote einer Behörde hatte vlt. viele Fahrpostgegenstände mit bekommen, und nur einen oder ganz wenige Briefpostgegenstände. Er stellte sich, auch des Gewichtes wegen, am Fahrpostschalter an, gab sein Postbuch ab und legte die (meist schweren) Fahrpostgegenstände auf den Tresen. Bei der Gelegenheit konnte man auch mal einen gewöhnlichen Brief dazu legen, denn der flog nach Abstempelung in den Sack der Briefpost und der Drops war gelutscht.

    Man müsste, um eine präzisere Aussage zu dem Stempel bekommen, viele Dutzend Belege mit ihm zeigen. Schließlich gab es ja auch sog. Wechselstempel, die wohl personalisiert waren und wenn der Stempelhalter mal hier, mal da eingesetzt wurde, ist es weder ein Brief-, noch ein Fahrpoststempel.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    ich denke, dass es so abgelaufen war: Ein Bote einer Behörde

    Das war die Regierung von Unterfranken, noch heute am Petersplatz

    Zitat

    hatte vlt.
    viele Fahrpostgegenstände mit bekommen, und nur einen oder ganz wenige
    Briefpostgegenstände. Er stellte sich, auch des Gewichtes wegen, am
    Fahrpostschalter an

    Also 1867 ging dieser Amtsbote schwer bepackt nicht zur Post am weiter entfernt liegenden neuen Bahnhof, sondern zur Stadpost im alten Bahnhofsbgebäude. Dort war die Fahrpost getrennt vom Briefpostschalter in einem eigenen Gebäudeteil (die Postkutschen mussten schließlich be- und entladen werden, da war es praktischer die Fahrpost "am Hof" zu haben

    Zitat

    auch
    mal einen gewöhnlichen Brief dazu legen, denn der flog nach
    Abstempelung in den Sack der Briefpost und der Drops war gelutscht.

    Also da stand sicherlich kein Sack für die Briefpost

    Zitat

    Schließlich gab es ja auch sog. Wechselstempel, die wohl personalisiert waren und wenn der Stempelhalter mal hier, mal da eingesetzt wurde, ist es weder ein Brief-, noch ein Fahrpoststempel.

    Diese These kann leider nicht bewiesen werden. Tatsache ist aber, dass die Würzburger Zweizeiler in der Markenzeit generell auf Fahrpostsendungen vorkommen. Die Beamten der Briefpost wechselten nicht mal schnell zur Fahrpost (offizielle Versetzungen ausgenommen). Da wir hier bei einer Hauptpostexpedition sind, gab es eigene Briefstempler. Würde es personalisierte Stempel für jeden Briefstempler gegeben haben, dann hätte es einer Vielzahl von Stempeön bedurft, was ich bei der Sparsamkeit der Post auschließen möchte.

    Freundliche Grüße von Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • 1854. Brief- und Fahrpost?

    Hallo bayernjäger,

    welche Stempel befinden sich auf der Rückseite? Eigentlich ist das ein Postvorschussbrief und wäre mit der Fahrpost zu befördern gewesen. Da es aber ein R.S.-Brief ist (soweit ich mich erinnere, sollten auf Dienstbriefen kein Vorschuss geleistet werden). Jedenfalls wurde ein vermutliches Inserat bezahlt und die Rechnungssumme (hat der Brief noch Inhalt?) per Vorschuss-Verfahren bezahlt (ist vorderseitig quittiert). Warum aber jetzt erst ein Zweikreis der Briefpost? Vermutlich ist der Brief hin- und hergeschickt worden und so zu seinen 2 Stempeln gekommen.

    Vielleicht klärt sich das mit dem Inhalt bzw. rückseitigen Stempeln.

    Freundliche Grüße von Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Liebe Freunde,

    ich denke, es war so, wie es immer war, wenn es zwischen Brief- und Fahrpost hin und her ging:

    1) Gewicht zu hoch für die Briefpost - daher umgruppiert zur Fahrpost.

    2) Ein Brief der Briefpost hat sich zwischen die Fahrpostbelege geschmuggelt.

    3) Die Aufgabepost hat einen Fahrpostvermerk überlesen und den Brief als Briefpostgegenstand angenommen und gestempelt. Erst später fiel auf, dass es kein Briefpostgegenstand war und man übergab ihn dem richtigen. So wird das auch bei @bayerjägers Brief gewesen sein.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Bayernfreunde,

    in Thread 1 habe ich bereits meinen ersten 18 Kreuzer-Portobrief gezeigt.
    Er fiel unter den Tarif vom 1.7.1858 - 31.7.1865. Es handelte sich um einen Brief von Wemding nach Nördlingen (1. Entfernungszone und 3. Gewichtsstufe).

    Jetzt ist nochmal einer hinzugekommen.
    Der fällt jedoch in die Tarifperiode 1.7.1850 - 30.6.1858 und lief von München nach Orb. Hierbei handelt es sich dann um einen Brief der 2. Entfernungszone (über 12 Meilen) und der 2. Gewichtsstufe (über 1 - 4 Loth)
    Rückseitig hat der Brief noch ein weiteres Zückerchen in Form des 3-Zeilers von Gemünden (apt. KGE-Stempel) als Transitstempel. Leider wird er überdeckt vom Ankunftsstempel von Orb. Aber man beide Stempel noch ganz gut lesen.

    Viele Grüße
    bayern-kreuzer

  • Lieber Bayern-Kreuzer,

    Glückwunsch zu dem seltenen, innerbayerischen Portobrief, der mit dem seltenen Gemünden noch einen Klacks besser ist. :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.