Bayern - Österreich 1819 bis 1842

  • Liebe Freunde,

    ein Brief mit 3 kleinen Besonderheiten erfreute mich sehr: Absender war das Kreis- und Landgericht Nürnberg am 18.02.1837, Empfänger der Magistrat der Stadt Wien.

    Links unten lesen wir: "E(x) O(ffico) Portofreyer Justizgegenstand, hierorts Kgl (= Königliche) Dienstsache mit Beilagen".

    Der Brief lief kostenlos in Bayern und Österreich, was m. E. nicht häufig ist, weil Österreich gerne dergleichen Briefe ab der Grenze taxierte.

    Dieser kam am 24.2.1837 in Wien an und erhielt den für Portobriefe vorgesehenen schwarzen Ankunftsstempel, ehe man bemerkte, dass er portofrei zu lassen war und dann den roten Stempel bekommen musste. Die rote Tintennummer vorn war die Registriernummer von Wien, das Datum der Ankunft wurde unter der Adresse "Wien" vermerkt.

    Mittig sehen wir eine "P" - Paraphe von Österreich für portofreie Briefe.

    Der Inhalt ist auch nicht ohne - der Betreff lautet: Wieserner Maria Marg(aretha) Paraplümacherstocher (ein Paraplü war ein Schirm) dahier wider Gebhardt Wilhelm, Handelsmanns- und Wirthssohn dahier, dermalen zu Wien, Schwängerungs- und Alimentenklage betr.(effend).

    Da hatte wohl der Wirthssohn das holde Fräulein Wieserner geschwängert und sich dann abgemacht nach Wien, wo er als Kellner in der Vorstadt Maria Hülf in der Blauen Glocke verdingte in der Hoffnung, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Dem war aber nicht so ...

  • Guten Abend,
    darf ich eine neben Frage? :) – Absender ein Obere Gericht, falls es nicht so wehre würde so ein Brief in Österreich auch portofrei?
    LG A

    "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben."
    W. v Humboldt

  • Hallo Adriana,

    ein Privater musste bis zur Grenze frankieren und der Brief war portopflichtig in Österreich.

    Eine Behörde musste bei einer Parteisache (P.S.) bis zur Grenze bezahlen, danach gab es Fälle, in denen in Österreich portofrei vermerkt wurde, oder man den Brief portopflichtig machte. Ich kenne auch Fälle, in denen zuerst ein österreichisches Porto angesetzt wurde, dann die Empfängerbehörde zur Post ging und das Porto streichen ließ, weil es doch für Österreich rein dienstlich war.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ... und der Zeugungsakt dürfte ja auch nicht völlig langweilig gewesen sein - eine spannende Sache allerorten ... :D

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Beide wahren Bayerische Bürger, also hat ihm Bayern die Ohren lang gezogen... :D
    LG

    "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben."
    W. v Humboldt

  • ... ja, aber zuerst mussten ihn die Wiener fangen, ehe Bayern ihm die Ohren lang ziehen konnte ...

    Aber wenn die Arbeits- oder Wohnstätte bekannt war, dann hat die Stadtpolizei leichtes Spiel gehabt.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    heute zeige ich zwei Briefe aus einer Korrespondenz, die uns die Unterschiede hinischtlich der österreichischen Gebühren veranschaulichen sollen (und können).

    Der 1. datiert vom 29.12.1840, stammt aus Nürnberg und lief an Voith in Steyr. In Bayern lag das Reglement vom 1.12.1810 der Taxberechnung zu Grunde, in Österreich das Hofkammerdekret vom 1.6.1817 für Auslandsbriefe ab der Grenze.

    Die Folge: Der Absender zahlte 10 Kreuzer rh. bis Passau, Voith zahlte ab da 10 Kr. CM für einen einfachen Brief bis 1/2 Wiener Loth über 6 bis 9 Poststationen.

    Was ich nicht verstehe, ist der Vermerk des Empfängers "erhalten 2. Jänner 1841", wenn der Stempel glasklar den 4.1.1841 ausweist, aber das konnte ich schon häufiger bei dieser und anderen Korrespondenzen feststellen. Vlt. hat einer eine plausible Antwort für dieses Mysterium - ich habe keine.

    Während sich bei Bayern erst einmal nichts änderte, sagte Österreich dem altehrwürdigen Hofkammerdekret adieu und gab am 15.3.1842 mit Wirkung vom 1.8.1842 ein neues Hofkammerdekret heraus, das nicht mehr auf die Anzahl der Poststationen abzielte (denn je mehr es wurden, was ja unausweichlich für die beginnende Moderne war, je teurer wurden die Briefe und umso mehr reduzierte sich daher ihr Aufkommen), sondern nach geographischen Meilen in Luftlinie seinen Gebührenbaum aufbaute. Nun kosteten die Briefe je nach Gewicht bis 10 Meilen 6 Kr. CM, wenn sie einfach waren und alle über 10 Meilen (!) 12 Kr..

    Genau solch einen Brief haben wir hier vor uns - geschrieben in Nürnberg am 18.9.1842, zahlte der Absender wieder 10 Kr. rh. siegelseitig vermerkt bis Passau, während er jetzt nach dem neuen Patent 12 Kr. CM, statt wie zuvor 10 Kr. CM, kostete. Das neue Patent hatte zwar die große Masse der Briefe nach Österreich teils dramatisch vergünstigt, doch gab es ein paar Orte, bei denen die Porti angestiegen waren.

    Im Gegensatz zu dem 1. Brief stimmt hier die Empfängerangabe "erhalten 21.9.1842" mit der des Ankunftsstempels überein. Was mag da wohl schiefgelaufen sein? :D

    • Offizieller Beitrag

    Hallo bayern klassisch

    Dein zweiten Brief finde ich gut. Die genannte Taxierung war nur 2 Monaten möglich nachdem es ab 1. Oktober anders war - Stichwort OBC/BOC. Habe jetzt keine Zeit, deswegen so kurz geschrieben.

    Den ersten Brief ist in meine Augen 1. Januar abgestempelt geworden. Es ist zwar ein fetter 1 aber einen 1. Sieht man auch wenn man mit die andere 4 und 1 vergleichen, wie in 21. und 42.

    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,

    gut aufgepasst - ja, aus dieser "Periode" kannte ich bisher keinen und der hier war mir die 5 Euro wert, die er in der Bucht gekostet hat (mein Gebot war aber "ein wenig" höher).

    Mit der 1 statt der 4 könntest du richtig liegen - sieht prima vista wie eine 4 aus, weil die "1", die danach kommt, einen viel kürzeren Anstrich hat, aber der Abschlag lässt mich jetzt auch an eine 1 glauben. Da hast du die besseren Augen. ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    der Brief ist hinsichtlich seiner Taxe für Österreich für mich rätselhaft.

    Geschrieben in Augsburg am 29.3.1823 lief er nach Mailand. Der Absender frankierte 6x für den einfachen Brief als Grenzfranko. Als er am 4.4.1823 in Mailand ankam, wollte man vom Empfänger 1Lira 46 Centesimi. Das waren 1,46 Conventionsgulden! In rheinischen Kreuzern waren das satte 1 Gulden 45 Kreuzer!

    Der Brief ist vollständig und wiegt heute ca. 7g. Im Inhalt geht es wohl um einen Wechselprotest ("protesto"), den mir jemand mit besseren Italienischkenntnissen, als ich sie heute noch habe, bitte bestätigen möchte. Das immerhin ist sicher eine seltene Sache, aber portoprogressierend wird sie sich nicht ausgewirkt haben können.

    Oder hat Mailand hier ein Bündel Briefe abgerechnet und die Summe aller einzelnen Porti auf dem obersten Brief - also diesem hier - notiert? Wer kennt ein solchen Gebaren?

  • Hallo Nils,

    also 140 Centesimi = 40 Kr. rheinisch, kommt das so hin?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Nils,

    vielen Dank - von wann bis wann rechnete Mailand bzw. die Lombardei (?) in dieser Währung?

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Nils,

    Richard Schäfer, der die Schweiz beschrieben hat?

    Liebe Grüsse vom Ralph

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