Der Deutsche Krieg 1866

  • Hallo Hermann,

    tolles Dokument!! Zwei Tage vorher, am 4.7.66, hatte es noch Gefechte zwischen bayerischen und preußischen Truppen in der Rhön (Dermbach, Wiesenthal, Roßdorf) gegeben, worauf sich die Bayern danach nach Süden zurückzogen, wo es am 10.7. in Kissingen und Hammelburg zu weit schwereren Kämpfen kommen sollte. Am selben Tag (6.7.) besetzten die Preußen dann auch Fulda.

    Wenn Du diese Depesche nicht mehr brauchen solltest, würde ich sie sehr gerne erwerben :)

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo,

    hier ein weiteres ungetrenntes Postscheinpaar vom 4.8.66, einmal für eine Geldsendung von 131 fl. an das 2. Infanterie-Regiment, und dann für 36 fl. 39 Kr. an das 8. IR. Die württembergische Division befand sich zu diesem Zeitpunkt - nach Abschluss des allgemeinen Waffenstillstands - in der Gegend von Rothenburg o.d. Tauber auf dem Heimweg.

    Ein anderes zusammenhängendes Postscheinpaar hatte ich unter post #1137 vorgestellt, und im Nachgang wurde dort das deutlich häufigere Vorkommen württembergischer Postscheine, die über die Feldpost liefen, diskutiert. In der Zwischenzeit habe ich mehrere solcher Scheine gesehen und auch erwerben können. Dieses jüngste Paar macht es noch plausibler, dass (nur!) bei der württemb. Feldpost von der zivilen Post eingehende Wertsendungen mittels Ausstellung eines neuen Postscheins "umgeschrieben" wurden. Von keiner anderen Postverwaltung ist mir ein derartiges Procedere bekannt.

  • Congrats, habe mich extra zurück gehalten! ;)

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich

    Das Leben ist zu kurz um sich darüber zu ärgern, was andere über dich denken oder sagen

    also hab Spaß und gib ihnen etwas worüber Sie reden können

    scheinbar ist ihnen ihr eigenes Leben zu langweilig

  • Hallo,

    diesen jüngst von bayern klassisch erworbenen Brief aus Offenbach nach Riedenburg, der die schwierige Situation Ende Juli 1866, was die Verkehrsverbindungen und daraus resultierenden Schwierigkeiten bei der Postbeförderung betrifft, möchte ich hier vorstellen.

    Geschäftsbrief vom 24.7.1866 aus Offenbach an das Handelshaus Romanino im bayerischen Riedenburg (29.7.1866)
    Der Brief mit Anmahnung einer Guthabens-Auszahlung wurde am 24.7.66 im hessischen Offenbach geschrieben, als kurz nach dem Einzug der Preußen in Frankfurt am 16.7.1866 keinerlei Eisenbahnverbindungen von Offenbach und Frankfurt nach Süden mehr offen waren. Der Standardweg über Frankfurt und Würzburg per Eisenbahn war nach der Niederlage der Bayern bei Kissingen und Hammelburg (10.7.66) durch Unterbruch der Eisenbahn seit dem 11.7. ausgefallen; ebenso war die Verbindung von Frankfurt nach Darmstadt nach dem 17.7. sistiert; Darmstadt wurde am 18.7. besetzt. Nach dem Abzug des VIII. Bundeskorps aus Frankfurt am 15.7. und der Verfolgung durch die Preußen kam es zwischen dem 24. und 28.7.66 zu mehreren Gefechten im Raum Tauberbischofsheim/Würzburg.

    Daher blieben dem Absender nur entweder Abwarten und Hoffen auf bessere Zeiten (mit Wiederaufnahme der etablierten Verbindungen), oder aber Überantwortung des – offensichtlich wichtigen - Briefes an einen Reisenden nach Bayern, um den Brief dort in sicherem Gebiet aufzugeben. So hat man hier auch verfahren; der Brief wurde in den nächsten Tagen persönlich nach Nürnberg gebracht und dort am 28.7.1866 mit 3 Kr. frankiert innerbayerisch aufgegeben und einen Tag später zugestellt.

    Aufgrund der Portoersparnis von 6 Kr. gegenüber einem regulären Postvereinsbrief von Offenbach nach Riedenburg für 9 Kr. hätte man bei entsprechender Mitnahme-Gelegenheit in Friedenszeiten wohl genauso verfahren, weshalb die gezeigte Beförderung nicht ausschließlich kriegsbedingt ist. Jedoch hatte es in diesen letzten Juli-Tagen keine gangbare Beförderungsalternative gegeben.


    Herrn Ant. Romanino

    Riedenburg a/d Altmühl (baier. Oberpfalz) Offenbach, d. 24.Juli 1866

    Ich nehme Bezug an mein Ergebenes vom 28. v.M. womit ich Sie an die Berichtigung meines Guthabens vom 29. März von f. 38. 22x schon seit 29. Mai verfallen, erinnerte.

    Da ich bis heute ohne Ihre Anschaffung geblieben bin, so erlaube ich mir Sie wiederholt darauf aufmerksam zu machen, daß ich ein längeres Ziel als zwei Monate nicht zu gestatten vermag, und sehe daher der ungesäumten Regulierung meines fälligen Guthabens entgegen.

    Ergebenst zeichnet

    C. Naumann

  • Lieber Wilfried,

    war nicht auch Nürnberg damals schon von den Preussen besetzt gewesen? Ich weiß sicher, dass diese im August 1866 Nürnberg besetzt hielten, aber ab wann ist mir nicht bekannt.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Wilfried,

    danke - dann war er ja noch 3 Tage vor den Preussen in Nürnberg. So weit ich weiß, ist das wohl der 1. Schmuggelbrief aus der Kriegszeit aus Hessen und wenn die Bahn nicht lief, lief höchstens noch die Kutsche, oder man brachte ihn auf dem Wasserweg (Main) nach Bayern, was ich für wahrscheinlicher halte und wer hat schon so etwas gesehen?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Herzlichen Glückwunsch zu dem Brief Lieber Ralph,

    Und danke Wilfried für die ausführliche Erklärung. Es ist schon bedauerlich, dass dieses Thema erst seit kurzem mein Interesse geweckt hat, wohne ich doch ganz ganz nah an historischem Grund, und erst durch diesen Thread hier wurde mir das bewußt.

    Liebe Grüße von der Pappnase Andreas

  • Lieber Andreas,

    der Glückwunsch gebührt allein dem Besitzer Wilfried. Ich habe ihn nur entdeckt und jetzt ist er in der richtigen Sammlung. 1866 ist äußerst spannend und wenig populär, weil innerdeutsche Kriege schon damals kein lange wirkendes, medials Ereignis darstellten, anders z. B. als der Krieg 1870/71, der seine Auswirkungen zumindest mittelbar bis heute zeigt ... leider!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ... 1866 ist äußerst spannend und wenig populär, weil innerdeutsche Kriege schon damals kein lange wirkendes, medials Ereignis darstellten ...

    Die damaligen Tageszeitungen berichteten über die Ereignisse in kurzen Texten und übernahmen oft Meldungen von anderen Zeitungen. Offizielle Meldungen (z.B. der Post und Verbindungs-Unterbrechungen) finden sich nicht so häufig. So bleibt leider vieles bei Vermutungen und Annahmen, aber das Briefe geschmuggelt wurden - ich weiß nicht?

    Hier eine unbestätige Meldung aus dem Schweinfurter Tagblatt vom Freitag, 27. Juli 1866:

    Grüße v. L.

    Und aus dem Schweinfurter Tagblatt 28. Juli:

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

    Einmal editiert, zuletzt von Luitpold (10. April 2024 um 18:39)

  • ... dieses Thema erst seit kurzem mein Interesse geweckt hat, wohne ich doch ganz ganz nah an historischem Grund ...

    Hallo Andreas,

    wenn Du wieder durch Üttingen - ganz langsam - fährst, dann halte beim Friedhof. Dort siehst Du was an 1866 erinnert. Gerade bei Rossbrunn und Üttingen, Helmstadt (Verwundung des Prinzen Ludwig v. Bayern) fanden die letzten Gefechte des Mainfeldzuges statt. 2016 fanden zahlreiche Gedenkveranstaltungen statt.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Gefechte_bei_Uettingen

    Gruß v. W.

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Lieber Werner,

    danke für deine wie immer sehr wertvollen Informationen. Wie glaubst du, gelangte der Brief aus Offenbach am Main (es gibt und gab ja auch ein pfälzisches Offenbach an der Queich) nach Nürnberg?

    Interessant wäre auch zu erfahren, ob, und wenn ja, wie weit die Flußschiffahrt durch kriegerische Umstände beeinflußt wurde?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • C. Naumann ist übrigens der Gründer jener Druckerei, die später die T&T-Marken druckte, hatte sich aber schon 1842 aus Gesundheitsgründen aus dem Unternehmen zurückgezogen und siedelte nach Offenbach um, um dort eine Seifenfabrik zu bauen. (Stress war wohl nicht sein Gesundheitsproblem.)

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • oder man brachte ihn auf dem Wasserweg (Main) nach Bayern, was ich für wahrscheinlicher halte und wer hat schon so etwas gesehen?

    Hallo Ralph,

    auch wenn es für Schmuggelbriefe sehr nahe liegt, das ist m.E. in der lt. Briefbeleg ersichtlichen Beförderungsdauer von 4 Tagen von Offenbach am Main bis Nürnberg im Jahre 1866 nicht denkbar gewesen. Für den 172,5 km langen Ludwigs-Donau-Main-Kanal von Kehlheim a.d. Donau bis Bamberg a.d. Regnitz brauchte man mit Treidelschiffen 6 Tage, so dass man für die ca. 60 km Wasserstraßenstrecke von Bamberg nach Nürnberg mal mindestens 2 Tage ansetzen muss. Dann haben wir flußaufwärts des Mains noch die Strecke von Offenbach am Main bis zur Einmündung des Ludwigs-Donau-Main-Kanals in die Regnitz von ca. 370 km. Die Gesamtstrecke umfasste also ca. 430 km flußaufwärts. Die erst am 7. Aug. 1886 eröfffnete Main-Kettenschifffahrt erfasste auch erst den Unterlauf, so dass eine diesbezgl. Beschleunigung des vorbezeichneten Weges zur Zeit der Briefaufgabe ebenso nicht in Betracht kommen kann.

    LG

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    danke für deine Plausibilisierung - ja, wäre denkbar gewesen, aber halt nicht zu diesen Zeiten. Schade, aber dann wird man halt die freien Routen gewählt haben.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • C. Naumann ist übrigens der Gründer jener Druckerei, die später die T&T-Marken druckte, hatte sich aber schon 1842 aus Gesundheitsgründen aus dem Unternehmen zurückgezogen und siedelte nach Offenbach um, um dort eine Seifenfabrik zu bauen. (Stress war wohl nicht sein Gesundheitsproblem.)

    Herzlichen Dank für diesen interessanten Link. Zwar nicht Herr Naumann, sondern dessen Wettbewerber Kappus ( auch i n Offenbach ) , überlebte mit am längsten den Niedergang dieser Zunft. Kappus entwickelte sich zur Nr. 2 in Deutschland oder gar in Europa, bevor es vor ca. 20 Jahren in den Konkurs ging.

    Liebe Grüße von der Pappnase Andreas

  • Hallo Andreas,

    wenn Du wieder durch Üttingen - ganz langsam - fährst, dann halte beim Friedhof. Dort siehst Du was an 1866 erinnert. Gerade bei Rossbrunn und Üttingen, Helmstadt (Verwundung des Prinzen Ludwig v. Bayern) fanden die letzten Gefechte des Mainfeldzuges statt. 2016 fanden zahlreiche Gedenkveranstaltungen statt.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Gefecht_bei_Ro%C3%9Fbrunn

    https://de.wikipedia.org/wiki/Gefechte_bei_Uettingen

    https://de.wikipedia.org/wiki/Gefecht_bei_Helmstadt

    Gruß v. W.

    Lieber Werner,

    Vielen Dank für die Info. Werde ich beim nächsten Besuch auch Klesammler zeigen. Hatte ihm vor kurzem nur die ehemalige Poststation in Rossbrunn gezeigt.

    Liebe Grüße vom Andreas (habe dir am frühen Abend ne Email gesendet)