Der Deutsche Krieg 1866

  • Hallo,
    nachdem mir der liebe bayern klassisch den "Kriegsumleitungsbrief" von Leipzig nach Lindau dankenswerterweise überlassen hat, bitte ich heute - nach Empfang desselben- um eure Meinung zum Leitweg.
    In Friedenszeiten hätte der Brief wohl die Route Leipzig-Hof und dann entweder Bamberg-Nürnberg oder Bayreuth-Schwandorf-München genommen (welches ist plausibler?), um über Augsburg nach Lindau transportiert zu werden.
    Nachdem die Eisenbahnverbindung Leipzig-Hof von Mitte Juni bis zum 2.8.1866 kriegsbedingt ausfiel, wurde offensichtlich über Köln spediert, also Leipzig-Magdeburg-Hannover-Köln. Dann ging es wohl von Köln über Frankfurt-Darmstadt-Heidelberg nach Stuttgart, oder etwa doch linksrheinisch via Bingerbrück-Mainz-Ludwigshafen und dann per Karren über den Rhein nach Mannheim (und Heidelberg-Stuttgart-Lindau)? Kann jemand den Zugstempel der württemberg. Bahnpost einer Strecke zuordnen?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Wilfried,

    bitte frage doch bei der ARGE Württemberg wegen des Stempels nach - sonst müssen wir alle raten. Ich weiß (besitze es aber nicht), dass es eine Abhandlung über diese Stempel gibt. Vlt. hilft dir Hr. Irtenkauf weiter, den ich als großen Kenner schätzen lernte.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Wilfried,

    es spricht einiges für diese Führung - die Frage ist nur, wie die Pfälzer Bahnpost involviert war, da sie im Krieg 1866 eigentlich eher ost-west orientiert war (Ludwigshafen - Forbach et vice versa) und Nordtransporto eher ein Problem darstellten. Aber es mag da durchaus "Lockerungen" gegeben haben, wie ja auch ein hier schon gezeigter ganz formidabler Brief unseres lieben Bayern Social aus Lambrecht in den Norden gezeigt hat.

    Die württ. Bahnpost war direkt nicht über TT zu erreichen. Da er über Bayern, wie von dir geschildert, nicht direkt laufen konnte und er dann auch niemals Württemberg zuspediert worden wäre, bleibt eigentlich nur die badische Bahnpost, die von Ludwigshafen beliefert worden sein könnte und den Brief geschlossen nach Württemberg leitete, wo der Briefbeutel geöffnet wurde, um dann die inliegenden Poststück in die verschiedenen Landesteile Bayerns bzw. über Bayern hinaus weiter zu distribuieren. Aber alles cum grano salis ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Lieber Wilfried,

    war da nicht das Militär in größerer Zahl zugange?

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Zugange schon, aber kein Krieg im Sinne des Wortes. Der kam erst zwei Wochen später in Gestalt der Preußen.
    Wird diese Variante jetzt wahrscheinlicher?
    Wie wäre denn in Friedenszeiten von Köln nach Stuttgart spediert worden? Frankfurt oder Bingerbrück-Mainz?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Wilfried,

    ich kenne beide Varianten und dachte in Bezug auf den Krieg und die Schauplätze um ihn herum, dass die Leitung über Ludwigshafen - Mannheim die sicherere wäre ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,
    hier ein militärischer Dienstbrief von Münster vom 21.8.1866 an die Königlich Preußische Kommandantur in Kassel (Eingangsstempel des Feldpost-Relais No. 11 vom 22.8.).
    Anhand der Stempelfragmente des rückseitigen Truppensiegels kann man den Absender dem VII. Preußischen Armee-Korps mit Standort Münster zuordnen.
    Nach dem Einmarsch der Division Beyer in Kassel am 19.6., der Absetzung des Kurfürsten und Besetzung des Landes durch preußische Truppen hatte König Wilhelm am 16.8. die Absicht verkündet, das Kurfürstentum Hessen dem Königreich Preußen anzuschließen. Das von beiden Häusern des preußischen Landtages angenommene Gesetz wurde vom König am 20. September 1866 unterzeichnet; die Annexion trat mit dem 1.10.1866 in Kraft.

  • Feldpostbrief aus Greifenberg/Schlesien vom 30.8.1866 an „Leutnant Born im 4. Bataillon Magdeburger Füsilier-Regiment No. 36, Mainarmee, Frankfurt a.M. Commandantur“

    Das Magdeburger Füsilier-Regiment No. 36 war als Teil des Manteuffel´schen Korps von Schleswig-Holstein aufgebrochen und hatte am Hannover-Feldzug teilgenommen, bevor es zu seinem ersten Kampfeinsatz am 26.7.1866 bei Uettingen/Rossbrunn kam. Nach dem Waffenstillstandabkommen vom 2.8. bezog die Division Fliess Cantonnement im Rhein-Main-Gebiet, und das Füsilier-Regiment No. 36 kam nach Wiesbaden. Das 4. Bataillon war als Reserve- bzw. Besatzungs-Bataillon aufgestellt worden und hatte nicht am Mainfeldzug teilgenommen.
    Der nach Frankfurt adressierte Brief wurde nach Wiesbaden, dem Standort des Füsilier-Regiments, geleitet, wo er über das dort eingerichtete preußische Feldpost-Relais II (vorderseitiger Ankunftsstempel 1.9.) zugestellt wurde.

  • Lieber mikrokern,

    beim Anblick dieser weiter geleiteten Rosine überkommt mich die Frage, ob es auch weitergeleitete Briefe von 66 gibt, die ins Ausland (also nicht DÖPV - Gebiet) liefen und wie diese taxiert wurden? Ist dir da etwas bekannt?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Wilfried,

    nein, ich meine Briefe von Kriegsteilnehmern (Preußen, Sachsen, Bayern, Württembergern) in die Heimat mit Weiterleitung ins Ausland. Für einen Bayern also:

    Feldpostbrief bei Würzburg in die Heimat nach Lindau, dort nicht zustellbar und nach Frankreich/Italien/Schweiz weiter geleitet.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • ... ist mir klar - ich kenne das nur von 1870/71 mit eigentlich gleichen Voraussetzungen, dort portofrei im Inland (66 = DÖPV), aber portopflichtig im Ausland. Hätte auch gerne mal so ein Stück gesehen ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo,
    wer sich nicht wirklich für die "echte" 66er Feldpost, sondern eher für die Kriegsauswirkungen auf die zivile Briefbeförderung interessiert, wird vielleicht Gefallen an diesem Briefchen vom 19.7.1866 von Hanau nach St. Gallen (Ankunft 27.7.) finden.
    Der am 19.7. um 11-12 Uhr vormittags in Hanau aufgegebene Brief wurde nach Frankfurt befördert, wo er am selben Tag ankam (rückseitiger Durchgangsstempel 19.7., 6 1/2 - 7 nachmittags) und von dort wohl via Darmstadt-Heidelberg nach Basel und über Zürich (27.7.) nach St. Gallen transportiert, wo er am 27.7. ankam.
    Für einen vergleichbaren Brief via Frankfurt aus den Tagen nach dem preußischen Einmarsch am 16.7. hatte ich in post #1111 zur Verzögerung auf der Verbindung Frankfurt-Darmstadt-Heidelberg geschrieben:
    "Heidelberger Zeitung (18.7.66): „(Heidelberg, 17. Juli) Die heutigen Nachrichten über die kriegerischen Vorfälle am Main sind sehr dürftig, da die Eisenbahn zwischen Darmstadt und Frankfurt unfahrbar ist, daher auch Zeitungen und Briefe von da heute ausgeblieben sind…
    Neue Würzburger Zeitung (19.7.66): „(Darmstadt, 17. Juli) Die Frankfurt-Darmstadter, sowie die linksmainische Bahn ist unfahrbar gemacht. Um Mitternacht zogen die hier einquartierten Württtemberger südwärts ab.
    Heidelberger Zeitung (20.7.66): „(Heidelberg, 19. Juli) Auch heute sind sämmtliche Briefe und Zeitungen aus Frankfurt und dem Norden nicht eingetroffen; die Main-Neckar-Bahn ist bekanntlich seit gestern unfahrbar, auch soll die Eisenbahnbrücke über die Weschnitz bei Weinheim gesprengt worden sein.
    Neue Würzburger Zeitung (25.7.66): “(Heidelberg, 23. Juli)…Die Verbindung mit Darmstadt ist fortwährend offen und wird durch Postwagen in früherer Weise unterhalten; auch soll Hoffnung vorhanden sein, daß die Postverbindung mit Frankfurt selbst in den nächsten Tagen wieder stattfinden wird.
    Neue Würzburger Zeitung (30.7.66): „(Frankfurt 25. Juli)…Der Verkehr von hier östlich nach Aschaffenburg und südlich nach Darmstadt ist noch sehr erschwert, weil die Eisenbahn ausschließlich nur zu Militärzügen benützt werden.

    Während der Grund für die achttägige Reise des Briefes wohl in der unterbrochenen (und nur durch Postkutschenersatz notdürftig aufrecht erhaltenen) Verbindung ab Frankfurt liegt, ist die Spedition Hanau-Frankfurt noch am selben Nachmittag (19.7.) interessant, da auch hier die Eisenbahn vom preußisch besetzten Hanau nach Frankfurt für zivile Transporte nicht zur Verfügung gestanden haben dürfte. Offensichtlich hat die Kurzstreckenverbindung (ebenfalls per Kutsche?) aber reibungslos funktioniert.

  • Lieber mikrokern,

    ein tolles Stück - Glückwunsch zu dieser Rosine! :P:P

    Schon in der Kutschenzeit war Hanau - FFM nur eine Sache von wenigen Stunden; das dürfte 66 nicht anders gewesen sein, weil bei kurzen Distanzen die Bahn nicht unbedingt schneller sein musste, als eine reitende Post (wenn ein Reiter 20 oder 30 Pfund Briefe mitgenommen hat, schaffter er auch einen beachtlichen Schnitt - für die Fahrpost galt das natürlich nicht).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Mikrokern,

    auch von mir Glückwunsch zu dem tollen Brief aus dem 1866 :thumbup:

    Mein Gebot war Dir nicht im Weg, da der schöne Brief leider nicht über Bayern lief, sonst wäre es eine andere Schlacht geworden :D
    So ist er Dir gegönnt und ohnehin in der passenden Sammlung gelandet, ein wirklich schönes Stück :!:

    Apropos Du stellst auch aus zum 150Jährigen Jubiläum, oder? Wo denn genau, eventuell kann doch der eine oder andere aus dem Forum Deine tollen Stücke mal anschauen kommen...
    Auch von mir wird ein Brief in Kissingen zur Sonderausstellung zu sehen sein, während andere Briefe in bay. Museen gezeigt werden sollen, auch so macht Ausstellen Spass :P

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Hallo Oliver,
    ja, das ist richtig. Ich stelle zur Zeit einige Briefe mit Kriegsbezug zur Region Franken in Stammheim a. Main im Museum für Militär- und Zeitgeschichte aus. Dort wird bis Oktober 2016 eine Sonderausstellung "150 Jahre Deutscher Krieg 1866" angeboten:
    http://www.museum-stammheim.de/seitenphp/aktuell.php

    Der Ausrichtung des Museums entsprechend liegt der Fokus der Ausstellung beim 66er Krieg in Franken, mit Urkunden, Uniformen, Waffen, Ausrüstung etc. Wer Postverträge, Tarife und Gebührenbäume liebt, der sucht dort wohl vergebens. Das Museum und gerade auch die Ausstellung sind aber in jedem Fall einen Besuch wert!

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Wilfried,

    ja!! habe mir die Homepage gerade mal angesehen, wer an Postgeschichte und/oder speziell dem 1866er Krieg Interesse hat sollte einen Besuch Deiner Ausstellung und des Museums unbedingt einplanen :)
    Es ist sicher interessant und mit Teilen Deiner Sammlung einmal mehr!!

    Ebenso empfehlen kann ich die Sonderaustellung in Bad Kissingen, die Besondere Aspekte des roten Kreuz im 1866er und natürlich die Kampfhandlungen im Kurort Bad Kissingen zeigt.
    Dort wird auch ein Exponat aus meiner Sammlung zu sehen sein, der Kuort ist natürlich auch für einen Kurzurlaub sehr zu empfehlen :)

    http://www.badkissingen.de/de/stadt/kultu…BjK0ePh0ZmYp6aq

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"