Der Deutsche Krieg 1866

  • Lieber Wilfried,

    ein schöner Brief mit vorzüglichen Stempeln - gerade bei Feldpostbriefen oft wenig attraktiv, kann man sich hier kaum sattsehen. Danke fürs Zeigen. :P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Zum Dank für die nette Rückmeldung der Herrn bayern klassisch, Pälzer und Bayern Social hier ein weiterer 66er Feldpostbrief, am 24.7. bei der badischen Postablage Sachsenflur (PE Boxberg) aufgegeben und nach Darmstadt adressiert (Ankunft 26.7.66).
    Der Absender, Großherzogl. Hessischer Oberleutnant Hofmann von der 1. Munitionskolonne, schreibt am Vorabend des Gefechts von Tauberbischofsheim an seine Frau:
    Sachsenflur 23. Juli 1866
    Liebes Frauchen!
    Nachdem ich nun schon so lange keine Nachricht von dir habe und dir doch täglich schreibe,drängt es mich, auch zu hören, wie es Euch geht, was Ihr treibt und wie Ihr Euer Kreuz tragt. Ich bin hier sehr gut aufgehoben und habe mehr Ruhe als bisher. Es geht mir ganz vortrefflich. Ich weiß aber gar nichts weiter zu schreiben als daß ich in einem schönen Thälchen wohne, mich baden kann (du kennst ja meine Schwachheit) und mich meines Lebens freue und oft an unser ... denke. Schreibe mir ja sogleich und zwar schreibe auf die Kuverte die Adresse
    Großherzoglich Badische Bürgermeisterei Sachsenflur Amt Boxberg, inwendig die Adresse Herrn Oberlieut. Hofmann, Gr. Hess. 1. Munitions-Colonne
    Der Bürgermeister wird mir dann den Brief nachschicken, wenn ich fort sein sollte.
    Eben wird unser Nachtessen aufgetragen. Denk dir, daß ich für meine Leute so gut sorge, daß ich eben an die Bauern 32 Laib Brod, 80 Wecke u. einige Schinken ...., die ich mitführte u. die sonst verderben. Ich habe auch meine ...
    Mit bestem, frischen Kuß und Gruß

    Die 1. Munitionskolonne war der Reserve-Artillerie des VIII. Bundeskorps beigegeben und bezog nach dem Marsch durch den Odenwald am 21./22.7. Quartier im Raum Unterschüpf/Sachsenflur/Unter-Ballbach und Edelfingen (aus "Der Antheil der Großherzoglich Hessischen Armee-Division am Kriege 1866", Großer Generalstab, S. Mittler und Sohn, Berlin 1897). Oberleutnant Hofmann war offensichtlich zufriedenstellend einquartiert und guter Dinge. Ob seine Munitionskolonne beim Gefecht von Tauberbischofsheim am 24.7., wo die hessische reitende Batterie von Hauptmann Lynker zum Einsatz kam, beteiligt war, bleibt unbekannt, ebenso, ob seine Einheit einen aktiven Beitrag beim Gefecht von Gerchsheim am 25.7. leistete, wo wiederum hessische Artillerie aufgefahren wurde. Danach kamen hessische Truppen nicht mehr ins Gefecht; nach dem Waffenstillstand und Rückzug in die zugewiesenen Kantonnements trat die hessische Division am 7.8. den Rückmarsch in die Heimat an.
    Belege der hessischen Division aus dem 66er Krieg sind sehr selten.
    Wenn jemand bei der Transkription der fehlenden (mit "..." bezeichneten) Worte helfen könnte, wäre ihm mein Dank gewiss!

  • Bitte schön.

    die anderen Wörter lese ich als .... Schinken ersteigern..... und Ich habe auch meine Herstellungssorgen.

    Aber da ohne Gewähr.

    Grüße vom
    Kreuzerjäger

    Der Öffentlickeit ist ein simple Lüge lieber als eine komplizierte Wahrheit.

    (T.R. Richmond)

  • Mainz 17. September 1866

    Liebe Eltern

    Wir sind am Samstag Mittag um 12 Uhr glücklich hier angelangt und befinde ich mich noch recht gesund und munter. Über unsere Reise nach hier ist wenig zu berichten. Der Conducteur Herr Settegart war gegen mich überaus freundlich und besorgte mir auch für die Nacht ein Bett & konnte ich somit die Reise in der gemüthlichsten Weise von der Welt abmachen. Da der Joseph beide Kannen Wein zerbrochen hatte, und da eine nur noch wenig gefüllt war, so war ich leider genöthigt einige Flaschen Ersatz dafür aus der Restauration zu beschaffen.
    Als wir hier in Mainz ankamen war es 12 Uhr (Boppard passirten wir um 4 ½ Uhr). Wir wurden aufgestellt, standen wieder ca. 1 ½ Stunden am Rhein und marschirten dann mit klingender Musik am Schloß vorbei in die Stadt ein, durch die große Bleiche am Münsterthor wieder heraus und bezogen hier ein Barackenlager.
    Unser Empfang durch die Mainzer Civilisten war ein lautloser, die Straßen waren voller Menschen, jedoch herrschte ein kaltes Stillschweigen. Endlich um 2 Uhr waren wir frei, konnten unser Gepäck abhängen und die Stadt besuchen um dort etwas zu essen, was dann auch geschah. Um 4 Uhr war schon wieder Appell, ich suchte und fand Fischel, einen Freund, den ich in Metz hatte kennen gelernt, er ist hier Commis [= kaufmänn. Angestellter] in einem Handlungshause und führte mich in eine Restauration wo ich zu 20 Kreuzer zu Mittag esse.
    Mein Logis ist nur hier jetzt nicht zum Besten gewesen. Es befand sich nämlich ein Barackenlager auf Stroh, den Tornister auf der Erde unter dem Kopf und in den Mantel eigehüllt. Seit ich Köln verlassen habe, sind mir die Kleider noch nicht vom Leibe gekommen. Dies sind jedoch Dinge, über die man sich mit Humor hinwegsetzen muß. Wir bleiben solange in den Baracken liegen bis das 19te Regiment kommt und ziehen wir dann in Kasernen. Trostvolle Aussichten besonders da das Regiment erst Ende dieser Woche kommen soll. Heute bin ich auf Wache kommandirt und werde ich von jetzt ab dieses Vergnügen recht oft hier genießen.
    Seid so gut und schickt mir durch einen Matrosen resp. Condukteur oder durch die Post wie es Euch beliebt meinen feinen Anzug (Rock und Hose), im erstern Falle an die Adresse Oswald Fischel b. Kaufmann Westenburger & Hellmeister, Schustergasse in Mainz, und im and. Falle an die 1te Compagnie Ersatzbataillon 2tes Pos. Infanterie-Regiment No. 19.
    Sollte Engelbert inzwischen angelangt sein, so bitte ich denselben von mir zu grüßen und ihn zu fragen, ob er mir den Drillichrock und später d. Unteroffizier-Commis-Rock welche zu Hause liegen, leihen kann oder nicht. Im ersten Fall bitte ich Euch, mir den Drillichrock alsbald mit meiner feinen Uniform zu senden.
    Da das Regiment noch nicht hier ist, so habe ich unsern Vetter Fuss noch nicht gesehen; nach der Mineral-Mühle habe ich mich erkundigt jedoch noch nichts Näheres erfahren können. Sobald ich von Wache kommen wird, werde ich Näheres erfragen und einmal dorthin gehen.
    Was meine Versetzung anbetrifft, so werde ich dieselbe sobald das Regiment hier ist, beantragen.
    In der Hoffnung daß Euch dieser Brief in bester Gesundheit und Munterkeit erreiche, ich recht bald von euch hören werde, grüßt und küßt euch alle recht herzlich
    Euer Euch liebender Sohn, Bruder
    Caspar Schumacher

    Adresse
    An den Einj. freiw. Gefreiten C. Schumacher
    1te Comp. Ersatzbataillon 2tes Pos. Inf. Regt. No. 19 in Mainz
    Soldatenbrief (Eigene Angelegenheit des Empfängers) (nicht zu frankiren)

    Gleich nach Kriegsausbruch hatten die preußischen und österreichischen Besatzungstruppen am 20.6.1866 die Bundesfestung Mainz verlassen, um eine Konfrontation zu vermeiden, und wurden in der Folge durch bayerische, hessische und vor allem kurhessische Einheiten ersetzt. Nachdem die Festung Mainz nach fünfwöchigem Belagerungszustand am 26.8.1866 an das preußische Militär übergeben worden war, rückten 5000 preußische Soldaten ein. In der Folge wurde Mainz zur preußischen Festung.
    Der Schreiber des Briefes, „Einjährig freiwilliger“ Gefreiter beim Ersatzbataillon des 2. Posenschen Infanterie-Regiment Nr. 19, war am Samstag (15.9.) von Köln eingetroffen und wartete offensichtlich auf die Ankunft der Stammeinheiten des Regiments, das der Division Goeben zugeordnet war, den Mainfeldzug mitgemacht hatte und sich Mitte September noch in der Gegend von Offenbach befand. In der Wormser Zeitung, No. 148 vom 16.9.1866, ist dazu vermerkt: „Frankfurt (12. Sept.) Von heute an ist in Folge der Truppen-Beförderungen der Fahrplan der Main-Weser-Bahn bis auf Weiteres auf die Eilzüge beschränkt und der durchgehende Frachtgutverkehr ganz eingestellt. Es kommen jetzt täglich eine große Menge Truppen von der Main-Armee hier an. Das 19. Regiment, zur Garnison von Mainz bestimmt, liegt noch in Offenbach und Umgegend, und wird die letzte Truppe sein, welche das Großherzogtum Hessen verläßt…
    Das Ersatzbataillon des IR 19 diente wohl als vorläufige Besatzungstruppe, um später durch das reguläre IR19 ersetzt zu werden, das dann in der Folgezeit auch einen festen Bestandteil der Garnison in Mainz
    darstellte.
    Zum Modell der „Einjährig Freiwilligen“ s. https://de.wikipedia.org/wiki/Einj%C3%A4hrig-Freiwilliger

    Das preußische Feldpost-Relais No. 54 wurde für den Standort Mainz eingerichtet; Belege mit diesem Stempel sind außer dem hier gezeigten bislang nicht bekannt.

  • Lieber Wilfried,

    vielen Dank für das Zeigen dieser Rosine - viele Briefe wird es heute nicht mehr geben, die so aussagekräftig sind (und makellos dazu). :P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Wilfried,

    das ist doch ein Klasse - Seite! Ich habe ja meinen 33 Kr. Brief Ludwigshafen - FR - USA einem lieben Forumsmitglied abgegeben und hatte daher ein Briefmanko in meiner Bayern - Frankreich - Transitsammlung (und eine Mini - Sammlung Bayern - GB gibt es ja auch noch), so dass mir der gestern bei Köhler gerade recht kam, auch wenn man ihn nur schwerlich als Augenweide bezeichnen würde.

    Verfasst im lieblichen Regensburg am 13.7.1866 war er an Herrn Steinberg in London gerichtet. Er wurde über Strasbourg ausgetauscht (15.7.), was zeitig war. Eine Leitung über den Paketschluß Nürnberg - Forbach wäre auch möglich gewesen, wurde aber wohlweislich nicht gewählt, wiewohl für Pfalzbriefe diese offen blieb!

    Siegelseitig erkennen wir die Bahnpost Strasbourg - Paris vom 15.7. und den Ankunftsstempel in London vom 16.7. (unglaublich, dass es in einem Tag von Strasbourg nach London ging, als ob der Kanal per Hoovercraft hätte überquert werden können).

    Die verklebten 18 Kr. waren nach dem PV Bayerns mit Frankreich vom 1.7.1858 bis 7,5g tarifrichtig, auch wenn die große Masse bayer. Post nach GB natürlich über Preussen und Belgien lief, wofür das gleiche Franko galt, jedoch das Gewicht über doppelt so hoch sein durfte (1 Loth), um immer noch einfach zu sein. Ein Brief mit 15,5g wäre also via Frankreich (Kriegsumleitung) mit 3 mal 18 = 54 Kr. zu frankieren gewesen, während er in der Friedenszeit über Preussen und Belgien nur 18 Kr. gekostet hätte. Ob man das später Kriegskosten nannte?

  • Lieber Ralph,
    vielen Dank fürs zeigen, ein - bedeutungsmäßig eher als optisch - schöner Beleg der Situation im Kriegssommer 1866, was die Postverhältnisse von Bayern mit GB (unter Einbeziehung von Frankreich) betrifft!

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Wilfried,

    vielen Dank für deinen Kommentar - es wäre sehr interessant Briefe aus dem Juni/Juli 66 nach Südfrankreich zu finden (oder Briefe von dort nach dahin), die ja über Bayern gelaufen sein müssten. Leider muss ich da Fehlanzeige melden. Hast du etwas derartiges schon gesehen?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,
    da hätte ich zwei Nachweise:
    - von Pamakassan (Indonesien) nach Prag über Marseille (besprochen in post#121ff)
    - Nürnberg-Marseille vom 14.6.66 (post #500)
    Mehr kann ich auch nicht...

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Wilfried,

    vielen Dank - ja, deinen Hammerbrief hatte ich noch im Hinterkopf. Wir müssen mehr auf sächsische Briefe achten, das kommt bei mir als Bayern - Transitsammler leider etwas zu kurz.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo Freunde

    Hier mal einen Brief von Alexander Ch. Malet der 28. Juni 1866 in Frankfurt geschrieben ist, also der Tag nach dem Schlacht bei Langensalza.
    Leider habe ich keine postalische "Beweise" aber der Brief ist an sein Sohn Henry geschickt.

    Einiges interessantes kann man vielleicht finden, aber nicht immer einfach zu lesen.

    Malet hat auch einen Buch über 1866 geschrieben der auch Heute erreichbar ist.

    https://en.wikipedia.org/wiki/Sir_Alexa…et,_2nd_Baronet

    https://books.google.no/books?id=CzNoAAAAMAAJ&redir_esc=y


    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,

    danke fürs zeigen und Glückwunsch zu dem Briefinhalt. :!:
    Ich habe von Sir Alexander Malet, der ein "recht unbekannter" Freund Bismarcks und engl. Gesandter 1866 am Hof in FFM war einen Inhalt MIT Brief vom 9.7.1866.
    Er ist auch in der gleichen Schrift, auch in Englisch, also das Pendant zu Deinem :) Den kann ich, wenn ich ihn herausgesucht habe gerne zeigen.

    Das sind sehr bedeutende Zeitzeugnisse, die Du zeigst, der Inhalt wurde mal in GB angebnoten, schön, dass er nun bei Dir ist.

    Viele Grüße :)

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Freunde

    Den Echtheit bei solche Briefe kann ich nicht beurteilen, so da überlasse ich andere. So die sind "as is" gekauft geworden.
    Aber hier hat man auf jeden Fall die Möglichkeit den Inhalt selbst zu beurteilen.

    @ bs: Ich weiss auch nicht wie bedeutend Mr Malet und seine Betrachtungen hier im Brief waren. Die waren weit weg von die Ereignisse gemacht und in Briefe an seinen Sohn geschrieben. Es ist also Schriften wo er nicht ganz nahe an die Wahrheit schreiben muss, oder wohl auch keine Gewinne machen kann, weder für sich oder für die Krone.
    Also nicht diese hier gezeigte Quelle überschätzen obwohl er ein Freund von Bismarck war.

    Ich zeige hier noch einige Seiten von ihm, jetzt 16. August geschrieben und noch einmal an sein Sohn geschrieben.
    Leider waren nicht alle Seiten vorhanden so dass man den Inhalt nicht 100% beurteilen kann.

    Viele Grüsse
    Nils