Das Hamburger Stadtpostamt

  • Hallo, ich habe hier einen Brief aus Hamburg vom 01.04.1863. Leider kann ich den Stempel im Wort "Grossröhrsdorf" nicht lesen. Ich weiß auch nicht ob es überhaupt ein Hamburg-Stempel ist, ich denke es aber. Könnte es dieser Stempel sein: https://www.stampsx.com/ratgeber/stempel-bilder.php?id=28347

    Kann mir bitte jemand helfen, den Stempel zu identifizieren?


    Viele Grüße

    Enrico

    Einmal editiert, zuletzt von Schorrsiegel (29. Dezember 2023 um 23:27)

  • Hallo Enrico,

    KDOPA HAMBURG = Königlich Dänisches Ober Post Amt Hamburg.

    Dabei handelt es sich wohl um einen Fehler, denn für die Post nach Sachsen war das Preußische OPA zuständig (rs. Stempel).

    Viele Grüße

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Hallo zusammen,

    kann mir jemand sagen, welches Hamburger Postamt für die Weiterleitung nach Cuxhaven zuständig war und wie der Transport physisch ablief?

    Beste Grüße

    Altsax

  • Gibt es auch einen rückseitigen Ankunftsstempel? In Ritzebüttel (Cuxhaven) gab es nicht nur ein Hamburgisches Postamt, sondern in Personalunion auch ein hannoversches. Der Transport dürfte im Regelfall von der Hamburgischen Stadtpost in Hamburg per Schiff übernommen worden sein. Demgegenüber war das Hannoversche Postamt in Hamburg regelmäßig für die Frachtpost nach Cuxhaven über den Landweg durch das alte Land zuständig.

  • Im Ergebnis gehe ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass die Hamburgerische Stadtpost als Eingangspostamt ausweislich ihres Schmetterlingsstempels den Brief übernommen und anschließend per Schiff nach Cuxhaven transportiert hat. Eine Überleitung an das Hannoversche Postamt scheidet meines Erachtens aus, da auf der Briefvorderseite kein Stempel des Hannoverschen Postamts zu finden ist, also Hamburg selbst die Beförderung organisiert haben muss. Und das ging für Hamburg nur über die Elbe.

    Der rote Vermerk spricht dafür, dass dem Empfänger durch das Postamt in Ritzebüttel noch Bestellgeld berechnet wurde, hinsichtlich dessen es wohl diverse Beschwerden gab, weil dessen Rechtmäßigkeit umstritten war.


  • 1835 wurde die Beförderung vom Ritzebütteler/Travemündener Hafen in die Stadt vom Stadtpostamt übernommen.

    Ausweislich des Vergütungsstempels des Stadtpostamtes "... ggr. v. d. St. P." wurden dem preußischen Postamt für den Transport des per Kapitän aus London kommenden Briefes (nach Swinemünde) für die kurze Strecke vom Hafen zum Hamburger preuß. Postamt teure 6 Gutegroschen belastet. Warum nicht hamburger bzw. preußische, sondern hannoversche Währung angewandt wurde, weiß ich nicht.

    Bei dem neu entdeckten Stempel handelt es sich m.W. nach um den einzigen derartigen Vergütungsstempel aus der Vorphilateliezeit von allen altdeutschen Staaten. Der Brief kann in meiner Mai-Auktion erworrben werden.

    Interessant ist auch der Inhalt mit mehrseitigem Text des Absenders John Ross, einem sehr bekannten Polarforscher.

  • Auch wenn ich mich hiermit ein wenig in den Bereich der Spekulation begebe, scheint mir im Ausgangspunkt die einzig vernünftige Erklärung für die Bedeutung des Stempels darin zu liegen, dass das Hannoversche Postamt in Hamburg in den Transport einbezogen wurde. Anders ist der Hinweis auf die Währung in Gute Groschen nicht zu erklären. Sollte die Hannoversche Post bereits in Ritzebüttel den Brief übernommen und auf dem Landweg über Stade nach Hamburg transportiert haben, könnte sich hieraus die Vergütungsforderung der Hannoverschen Post gegenüber der Stadtpost ergeben, die durch diesen Stempel dokumentiert wäre. Zugleich ist daher eher nicht davon auszugehen, dass der Kapitän aus London erst in Hamburg vor Anker gegangen ist.

    Tatsächlich dürfte es sich auch genauso verhalten haben. Denn im August 1835 war in Hamburg eine kleine Choleraepidemie ausgebrochen, die fünf Todesopfer und im September drei weitere Opfer forderte, bevor die Epidemie erst wieder im Juni 1836 erneut zuschlug. Die Annahme liegt daher nahe, dass bei Beginn der Epidemie angesichts des zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbaren tatsächlichen Ausmaßes der Erkrankung, wie schon in früheren Zeiten, die Fracht und vor allem die Briefpost bereits in Ritzebüttel von Land gingen und sodann auf dem Landweg durch die Hannoversche Post nach Hamburg transportiert wurden.

    Mit anderen Worten: Die kleine Choleraepidemie aus August 1835 dürfte die Erklärung für den Stempel liefern. 😉

  • Hallo,

    es wäre interessant zu wissen, wie schwer der Brief war - vielleicht könnte der Brief mal gewogen werden.

    Eine mögliche Erklärung für die 6 ggr wären:

    Laut Circular Nr. 155 (allerdings von 1846) entsprach die hannoversche Taxe von oder nach Ritzebüttel der Taxe nach Otterndorf plus 1/2 ggr "Weiter-Franco".

    Laut Meilenzeiger betrug die Entfernung von Otterndorf nach Hamburg 15 1/4 Meilen.

    Damit beträgt die Taxe für einen einfachen Brief 2 1/2 ggr für die Strecke Otterndorf - Hamburg + 1/2 ggr Weiterfranco = 3 ggr (gemäß der Taxe von 1834)

    Entsprechend der Gewichtsprogression für einen Brief über 1 Loth bis 1 1/2 Loth wäre die 2fache Taxe fällig, somit 6 ggr

    Gruß,

    Björn

  • @ bavarian hunter und Welfe

    Vielen Dank für die wertvollen Hinweise.

    Die Annahme, dass es sich bei dem Vergütungsstempel um einen der hannoverschen Post handelt, ist berechtigt. Der wichtige Hinweis auf die Cholera-Problematik dürfte die extreme Seltenheit des Stempels erklären, er wurde offenbar nur ganz kurzzeitig verwendet.

    Da der Brief im Moment außer Haus ist, kann ich die Gewichtsangabe erst später nachliefern. Ein Doppelbrief ist aber sehr wahrscheinlich.

    Ich bin ganz begeistert von diesem Brief. Er ist für Cholera-, Schiffspost- , Transit- und Polarpostsammler ebenso interessant wie für Hamburg- und Hannover-Spezialisten. Er ist ein fabelhaftes und einmaliges "Social-Philatelie"-Dokument in vorzüglicher Erhaltung.