Das Hamburger Stadtpostamt

  • Hallo,

    im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzungen des Deutsch - Dänischen Krieges durch Dänemark gekaperte hamburgische Handelsschiffe gaben Hamburg Anlaß das dänische Postamt am 21.2.1864 zu beschlagnahmen. Das gesamte Personal von 28 Personen wurde übernommen, lediglich ein neuer Leiter wurde eingesetzt.

    Das ehemals Königlich-Dänische-Ober-Post-Amt wurde jetzt als II. Abteilung des Stadt-Post-Amtes weitergeführt und war zuständig für die Post nach Dänemark, Schleswig-Holstein und Lauenburg.

    Das Porto für Briefe nach Dänemark und Schleswig-Holstein betrug zu dieser Zeit 1 1/4 Schilling und ließ sich durch die vorhandenen hamburgischen Freimarken nicht darstellen. Es wurden daher eiligst Marken dieser Wertstufe hergestellt; sie konnten ab dem 1.3.1864 verwendet werden (Mi.-Nr. 8 ). Von 21.2. bis zum 29.2. wurden die erbeuteten dänischen Marken weiterverwendet.

    Auch die dänischen Stempel wurden zunächst weiterverwendet, man entfernte lediglich die dänische Hoheitsbezeichnung, was den Stempeln teilweise ein eigenartig unsymetrisches Aussehen verleiht.

    Hier ein Brief vom 21.6.1864 nach Tönning.

    Gruss

    senziger

  • Hallo,

    der aptierte dänische Stempel wurde Anfang August 1864 durch einen neu angeschaften Stempel abgelöst. Dieser Stempel diente zunächst nur als Aufgabestempel, als Entwertungsstempel diente noch bis Anfang März 1865 der dänische Nummernstempel, später wurde dann der Aufgabestempel auch für die Entwertung der Freimarken verwendet.

    Die eilig hergestellte Mi.-Nr. 8 wurde bereits Sept./Okt. 1864 durch eine gezähnte Marke abgelöst, die Mi.-Nr. 12.

    Ich zeige einen Brief, der am 21.12.1864 von Hamburg nach Kiel lief.

    Gruss

    senziger

  • Hallo senziger,

    schöne und sehr interessante Briefe, die Du hier zeigst.
    Weiß man genau, von wann bis wann der aptierte Stempel benutzt wurde? Denn m.W. wurde der alte dänische Stempel nicht sofort aptiert ...

    Kannst Du eine Quelle empfehlen, um noch mehr Informationen rum um die Beschlagnahmung des dänischen OPA zu erhalten?

    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo nordlicht,

    am ergiebigsten ist die Schrift "Hamburg, seine Postgeschichte, Postwertzeichen und Poststempel" Festschrift zur Erinnerung an die 50 jährige Wiederkehr des Gründungstages des Vereins für Briefmarkenkunde zu Hamburg von 1885, herausgegeben vom Hamburg-Altonaer Verein für Briefmarkenkunde e.V. ,1935, 151 Seiten, zahlreiche Abb.. Darin sind Arbeiten verschiedener Autoren in denen teilweise auch die alten Verordnungen, Bekanntmachungen ect. zitiert sind. Leider ist die nicht leicht zu finden, ich habe recht lange danach suchen müssen.

    Wann der Stempel aptiert worden ist kann ich nicht sagen, leider habe ich auch keinen "Februar-Brief" mit dänischen Marken.

    Gruss

    senziger

    2 Mal editiert, zuletzt von senziger (14. Januar 2012 um 21:29)

  • Hallo,

    da man mit dem Druckergebnis der von der Fa. Adler im Steindruck hergestellten Marken zu 1 1/4 und 2 1/2 Schilling nicht zufrieden war, entschloß sich das Stadtpostamt, als Mitte 1866 eine Neuauflage des Wertes zu 1 1/4 Schilling erforderlich war, diese durch die preussische Staatsdruckerei in Berlin herstellen zu lassen.

    Diese Marken in neuer Zeichnung, durchstochen statt gezähnt und im Prägedruck hergestellt kamen 27.6.1866 zur Ausgabe.

    Hier ein Brief vom 10.11.1866 nach Wilster, die Stempelfarbe war mittlerweile blau.

    Gruss

    senziger

  • Hallo nordlicht,



    Weiß man genau, von wann bis wann der aptierte Stempel benutzt wurde? Denn m.W. wurde der alte dänische Stempel nicht sofort aptiert ...

    Kannst Du eine Quelle empfehlen, um noch mehr Informationen rum um die Beschlagnahmung des dänischen OPA zu erhalten?


    Los 3403 der aktuellen (115.) Württemberger Auktion zeigt einen Portobrief von CAPPELN nach HAMBURG, der als Ankunftsstempel den aptierten dänischen Stempel mit Datum 5.3.(1864)hat; lt. FA Möller der "frühest bekannte Abschlag".

    Du darfst gerne zugreifen, mir ist der Preis etwas zu würzig und es gibt z.Z. (zu) viele andere Angebote, die mich interessieren.

    Als Infomationsquelle ist noch zu nennen: Erich Kuhlmann,"Die Post im alten Hamburg", Postgeschichtliche Blätter Hamburg 1984, Heft 27, 112 S., zahlreiche Abb.

    Gruss

    senziger

  • Hallo senziger,

    danke für den Hinweis!
    Es ist mir unverständlich, warum der 5.3. bei dem genannten Brief der frühste Abschlag sein soll. Also schon mir sind diverse Abschläge aus dem Februar bekannt.
    Damit ist der Brief viel zu teuer und wird wohl kaum verkauft.

    Den Gegenbeweis tritt das Auktionshaus übrigens selbst an: mit Los 3230 wird ein Ersttagsbrief vom 24.2. angeboten.
    Und das dürfte auch stimmen. Demnach wurde der Stempel vom 23. auf den 24. aptiert und kam gleich morgens am 24.2. zum Einsatz.

    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo nordlicht,

    ich danke ebenfalls, den Brief hatte ich übersehen.

    Dann wäre die Frage nach der Erstverwendung ja wohl geklärt :)

    Gruss

    senziger

  • Hallo senziger,

    ... und es bleibt nur die Frage der letzten Verwendung ;)

    Müßte - wie auch Meyer-Margreth schreibt - irgendwann im August gewesen sein ...

    Viele Grüße
    nordlicht

  • Liebe Freunde,

    ich hoffe, hier wird mir geholfen - evtl. auch bitte den Beitrag in den Thread mit dem pr. Postamt Hamburgs verschieben.

    Wie ich es sehe, kam am 3.7.1867 ein einfacher Frankobrief zu der Ehre, nach Bayern laufen zu dürfen. Hierfür wählte man die passende Marke zu 4 Schillingen aus, die 9x entsprach.

    Siegelseitig sehe ich den Stempel des Stadtpostamtes, vorne zweimal den des Stadtpostamtes 4-5 Uhr Nachmittags und dann den Stempel Preußens 5-6 Uhr Nachmittags. Der Absender hatte wohl 3 Silbergroschen bezahlt, die in Rötel neben dem Franco - Stempel notiert wurden (warum nicht abgestrichen, wie immer?).

    Der Empfänger in Augsburg durfte am 5.7. den Brief schon in Empfang nehmen.

    Wenn mir jemand diese "Stempelorgie" erklären könnte, wäre ich hin und weg.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

  • Hallo bayern klassisch,

    der Brief ist ein typischer Postwechselbrief. Er wurde mit der Hamburger 4 Sch. Marke frankiert und in einen Straßenbriefkasten eingeworfen. Von einem Hamburger Briefträger wurde er dem Briefkasten entnommen (blauer Stempel siegelseitig) und dem Stadtpostamt übergeben. Dort wurde die Marke entwertet und der Aufgabestempel nochmals abgeschlagen. Da das Stadtpostamt für Briefe nach Bayern nicht zuständig war übergab man den Brief dem zuständigen Postamt ( TT, ab 1.7.1867 Preussen). "FRANCO" 3 zeigt die Reduktion von Sch. zu Sgr.

    Gruss

    senziger

  • Hallo senziger,

    vielen Dank für deine wie immer hochkompetente Stellungnahme.

    Das ist ja gerade, was mich etwas wundert - ich dachte bislang immer, dass Preußen zum 1.7.1867 nicht nur die TT, sonder auch die Stadtpost übernommen hätte. Falsch gedacht, oder?

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    da @bk gerade einen sehr schönen Postwechselbrief gezeigt hat - meinen Glückwunsch zu dem schönen Stück ! - möchte ich hier ebenfalls einen zeigen.
    Er stammt aus dem Jahr 1865:

    Er wurde mit 8 Schillingen - entsprechend 6 Sgr. - frankiert in einen Briefkasten geworfen und nach Entwertung der Marken durch die Stadtpost an das preußische Postamt übergeben (K2, gleiches Datum) und von dieser nach Russland spediert.
    Auch hier findet sich die reduzierte Gesamttaxe von 6 Sgr. und das Weiterfranko an Russland von 3 Sgr.

    Ich hoffe, die bewährten Hamburg-Spezialisten können meine Fragen zu den Stempeln klären:
    - Handelt es sich bei dem Entwertungsstempel um den mittleren Vierstrichstempel ?
    - Bei meinem Brief fehlt im Vergleich zu @bk's Brief der vorderseitige Stadtpoststempel ? Zufall oder Vorschrift ?

    bayern klassisch
    Richtig, die Stadtpost wurde nicht von der preußischen Post übernommen. Sie ging direkt in die NDP auf.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    dagegen kann mein kleines Briefchen natürlich nicht anstinken - Postwechselbriefe nach Russland findet man nicht in der 1 - Euro - Kiste, richtig?

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber bayern klassisch,

    so gering würde ich deinen Brief nun nicht einordnen - nur weil meiner mehr Meilen gelaufen ist. ;)

    Nein, in der Krabbelkiste findet man sowas nicht. Aber wenn eine Hamburg-Sammlung im süddeutschen Raum aufgelöst wird, haben auch kleine Preußen-Sammler mal eine Chance. 8)
    (vierstellig war es trotzdem - einen ähnlichen Beleg aus der folgenden, deutlich kürzeren Vertragszeit, konnte ich deutlich günstiger einsammeln ...)
    Angeblich gibt es nur 7 mit Hamburger Marken frankierte Belege nach Russland (so der Auktionator) - Hamburg-Kenner mögen dies korrigieren.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    wenn es 7 Briefe mit Hamburger Marken nach Russland gibt, dann darf es auch etwas kosten.

    Wenn du einen anderen Knaller "günstig" einsammeln konntest, ist das doch um so besser. :)

    Schöne Mehrländerbriefe kann man nicht genug haben.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber bayern klassisch,

    ich bin bei solchen Angaben von Auktionatoren nur immer etwas skeptisch.
    Die einfache Formel je weniger Belege es gibt (geben soll), desto höher der Zuschlag (Provision) könnte da auch eine Rolle spielen.
    Ohne dies jetzt dem Auktionator zu unterstellen, fände ich eine bestätigende/korrigierende Aussage entsprechender Sammler hilfreich.

    @alle
    Sind eigentlich die Vereinbarungen zwischen preußischer Post und der Hamburger Stadtpost im Wortlaut bekannt ?


    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Michael,

    viele Grüße von der Bieterliste, dieser Brief gefiel auch mir, aber ich war viel zu "geizig".


    Ich hoffe, die bewährten Hamburg-Spezialisten können meine Fragen zu den Stempeln klären:
    - Handelt es sich bei dem Entwertungsstempel um den mittleren Vierstrichstempel ?
    - Bei meinem Brief fehlt im Vergleich zu @bk's Brief der vorderseitige Stadtpoststempel ? Zufall oder Vorschrift ?

    Es sollte der mittlere Vierstrichstempel sein, bei Müller-Mark habe ich folgende Angaben gefunden:
    "...mittlerer Strichstempel 0,8 - 1,3 mm dick, dicker Strichstempel 1,7 - 2,2 mm dick."

    Dass der Aufgabestempel des Stadtpostamtes nicht abgeschlagen ist sollte, meinen bescheidenen Beständen nach zu urteilen, normal sein. Wichtig war dem Stadtpostamt, dass "seine" Marken entwertet wurden. Ich habe "viele" Briefe, die nur siegelseitig den Briefkastenstempel und vorderseitig den Strichstempel haben.

    Gruss

    senziger

  • Hallo Michael,

    leider nicht, ich kann z.Z. nur auf Sekundärliteratur zurückgreifen, siehe z.B. Beitrag 23 und 32.

    Gruss

    senziger

    ps. wenn du auch Los 3343 gewonnen hast, darfst du den Brief hier gerne zeigen ;)

    Einmal editiert, zuletzt von senziger (25. Mai 2012 um 22:56)