Ganzsachenbelege

  • Hallo Sammlerfreunde,

    möglicherweise findet man hier im Forum schon den einen oder anderen Ganzsachenbeleg der Königlich Bayerischen Post-Couverts. Ein eigener thread sollte dazu gleichwohl nicht fehlen.

    Insofern erlaube ich mir einen solchen mit der nachstehenden Chargé-Ganzsache der Type U1 zu eröffnen. Gelaufen am 02.04.1872 von Speyer nach Berlin, rückseitig mit gut erhaltenem Siegelverschluss des Absenders sowie Berliner Distributionsstempel.


    Schönen Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,
    gute Idee, einen solchen thread zu starten!
    Hier zunächst ein ähnlicher Charge-Ganzsachenumschlag, von Passau nach Graz.
    Daneben ein fühes Exemplar des am 1. Feb. 1869 verausgabten Umschlages, das am 9. März 1869 mit dem oMR 325 von München entwertet wurde. Da die Mühlradstempel bereits Mitte März eingezogen wurden, dürfte es nicht viele solcher Belege geben. Die Sache mit dem in der Literatur häufig zitierten 9.3. als Letzttag wurde woanders bereits diskutiert - das diesbezügliche Anzeige- und Verordnungsblatt Nr. 21 wurde erst am 13.3.69 veröffentlicht.

  • Hallo in die Runde,

    das sind ja schöne und seltene Stücke, die hier gezeigt werden. :P

    Ganzsachen mit Ruralstempeln sind große Seltenheiten, auch wenn die Landbriefträger (LBT) sie auf ihrer Tour stets dabei haben mussten. Aber auch auf dem flachen Lande wurden sie kaum gebraucht, von daher ist jedes Stück höchst begehrenswert.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerfreunde,

    hier ein Wertbiref von Traunstein nach Inzell "Werth 58 fl". Bar mit 8 xr freigemacht. Der Wert des Wertstempels wurde nicht berücksichtigt!
    Leider ist die Schrift im Laufe der Jahre etwas verblasst, ich konnte in den letzten 2o Jahren aber kein besseres Stück auftreiben.

    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,

    durch die Häufung von bayer. Kuverts, die recommandirt versandt wurden, sollte hier nicht der Eindruck entstehen, dass diese häufig sind - sie sind nämlich recht selten. Aber so viele wie du werden nur wenige Sammler zeigen können.

    Bei deinem letzten Prachtstück verwundert die Anschrift doch etwas - ein Gerichtsvollzieher, der sich seine Post in das "Café Stadt London" schicken ließ? Jeden Tag was neues ...

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    P.S. Und bitte weiter so "allein unterhalten" - die meisten Kreuzersammler dürften überhaupt keine Kuverts in ihrer Sammlung haben ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayernjäger,

    alle Achtung! Die letzten beiden Chargéstempelformen sind ja schon auf gewöhnlichen Briefen selten, aber auf Kuverts große Raritäten, wie man sie nur alle Jahre mal sehen kann.

    Danke fürs zeigen und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,

    eben habe ich folgendes Stück aus einem Stapel von 2 Kreuzer Ganzsachen gezogen:
    Es handelt sich um die Mi.Nr. P1I mit deutlich doppelt geprägtem Wertstempel (Blindprägung). Die Karte ist gelaufen von Bayreuth Bahnhof 19.10.1873 nach Augsburg.
    Dem Semkatalog entnehme ich, dass beim 3 Kr Ganzsachen-Umschlag Stücke mit Doppelprägung bekannt sind und es ist auch eine P5IA DD ungebraucht bewertet.
    Eine P1I DD hingegen finde ich nirgends. Wer weiß näheres ?

    Beste Grüße
    Postgeschichte-Kemser

  • Hallo Schorsch,

    habe ich auch noch nicht gesehen - hier wird wohl eine Prüfsendung fällig werden, denn ohne Attest würde ich das gute Stück nicht belassen. Wo findet man nur derlei Dinge?

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    man muss viele U1 bis U3 gesehen haben, bis man mal eine findet, die falsch herum beschriftet wurde. Dank der Bucht kommt man aber ab und zu in den Genuß bzw. die Möglichkeit, ein solches Stück zu erwerben.

    Hier ein hübsches - leider ohne Datierung - aus Hengersberg nach Deggendorf (siegeleitig ein mieser AK als Zierstempel).

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,

    ein "Geisterumschlag", fast 3 Jahre vor der amtlichen Abgabe am 1. Feb. 1869 bereits in München im April 1866 probeverausgabt und sonst noch nirgends belegt?

    Wohl eher ein Stempelsteckfehler des Müncheners, der am 1. April eh am Stempel herumzumachen und den "März" zu entfernen hatte, wobei gleich noch die letzte Ziffer der Jahreszahl herausgefallen und dann falschherum eingesetzt wurde.

    Dennoch ein früher Beleg der U1-Ganzsache, die nur kurze Zeit mit Mühlradstempelentwertung vorkommen konnte und - laut Sem-Handbuch - danach nur den Ortsstempel als Aufgabestempel tragen musste, bevor mit Verfügung vom 2.10.1869 der Werteindruck der Ganzsachen mit Ortsstempel entwertet werden mussten.

    Zusammen mit meinem U1-Umschlag mit oMR von München vom 9.3.1869 (s. post #2) ein ganz nettes Duo, das die "Entwicklung" der Ganzsachenentwertung im Zeitraum von grad mal drei Wochen zeigt.

  • Liebe Freunde,

    eine der spätesten Verwendungen einer bayerischen Kreuzerganzsache dürfte diese aus München vom 28.5.1927 sein. Der Absender, Herr Konrad Unglaub, seines Zeichens Oberingenieur in der Sendlinger Str. 69 im 3. Stock, schrieb einen Ortsbrief an Herrn Robert Schaellkopf, seines Zeichens Apotheker, hier in der Elisabethstr. 15 / 0, also ebenerdig und gut für den Stadtbriefträger zu begehen.

    Weil ihm ein passendes Kuvert mangelte, nahm er einfach ein bayerisches zu Hand, dessen Werteindruck von 3x aber leider den postalischen Anforderungen des Jahres 1927 nicht mehr genügte, so dass er mit einer damals gültigen Reichspostmarke zu 5 Pfg. für einfache Ortsbriefe nachfrankierte. Damit war die Post zufrieden.

    Etwas weniger zufrieden dürfte unser Oberingenieur gewesen sein, als ihm die Post seinen Brief 2 Tage später wieder vor die Tür legte, jetzt mit der Vermerk " Empf. Elisabethstr. 15 ausgezogen - wohin unbekannt. 28.3. gez. Unterschrift". Auch die Zufügung München 2 änderte nichts an der Tatsache, dass die Kreuzerganzsache als Trägermasse eines unbestimmten Inhalts nebst der 5 Pfg. Marke perdue waren. Immerhin hat man 2 Tage lang noch versucht, das Kuvert zuzustellen - eine Mühewaltung, die heute fast schon befremdlich wirkt.

    Es zeigt aber auch, welche Mengen von Kreuzerkuverts über 50 Jahre nach deren Außerkurssetzung vorhanden waren und der Wert dieser ist ja auch heute noch im richtigen Leben sehr gering, trotz der hilflosen Suggestionsversuche eines in München ansässigen Verlages.

    Wer eine spätere Verwendung hat, darf sie gerne zeigen. Möglich wäre es ja ...

  • Liebe Freunde,

    3 Langweiler für lange Nächte kann ich zeigen:

    Der erste zeigt sich sehr hübsch und lief von Nürnberg nach Hamburg am 29.4.1870; schöner Standard eben.

    Der zweite zeigt, dass Stress keine Erfindung späterer Jahrhunderte war und ist hinsichtlich seiner Aufgabe, Leitwegs und Datums leider (oder Gott-sei-Dank?) nicht zuordenbar.

    Der dritte war damals eher im Ärger geschrieben worden, zaubert uns heute aber ein Lächeln aufs Gesicht, schrieb doch der Absender in Neumarkt auf seinen Brief an das Freifräulein (an die Baronin) Eleonore von Schleich: "Sollte dem Absender ein weiterer Brief auf der Route Passau verloren gehen, so wird selber beim K. Oberpostamte Klage stellen".

    Offenbar war der 34. Brief dieser Korrespondenz abhanden gekommen, so dass der Absender diesen nun mit 34 1/2 betitelte. Den 35. suche ich noch ...

    Da war der Wunsch der Vater des Gedanken, denn der Verlust einer nicht qualifizierten Postsendung (hier: gewöhnlicher Brief) war nicht reklamationsfähig.

    So sind auch kleine Stücke schön, fehlerhaft oder interessant, jedenfalls nach heutiger Sichtweise. ^^

  • Liebe Freunde,

    nachdem hier schon die verschiedensten Ganzsachen Bayerns (= Kuverts) gezeigt und beschrieben wurden, möchte ich mir erlauben, das Ganze auf die Grundlage der damaligen VO zu stellen, die am 30.1.1869 im VO- und Anzeigeblatt Nr. 10 die Post und Korrespondenten von dieser neuen Gattung unterrichtete und deren 3 Seiten ich anhänge.

    In der Sekundärliteratur wird einiges richtig, einiges falsch, vieles aber gar nicht beschrieben, was diese Einführung angeht und dies zu ändern bzw. den Text zu kommentieren habe ich mir heute zur Aufgabe gemacht.

    Die Publikation selbst stammt vom 28.1.1869 und wurde unter der Nr. 1048 des Ministeriums geführt; öffentlich gemacht wurde sie am 30.1.1869. In der 1. Zeile spricht man "Vom 1. Februar laufenden Jahres anfangend ...".

    Man muss also davon ausgehen, dass die meisten Postexpeditionen am 30.1. bzw. 31.1.1869 erstmals über diese Neuerung Kenntnis hatten. In den hintersten Winkeln des Königreichs (Westpfalz, Oberfranken) mag man auch vlt. erst zum 1.2.1869 entfernungs- oder witterungsbedingt von dieser VO Kenntnis erlangt haben. Darüber hinaus wurde unter Nr. 8 die Abgabe nur an die Postanstalten am Sitz der Oberpostämter (OPÄ) geregelt, so dass sie auf dem flachen Lande zwar bekannt, aber nicht vorhanden waren.

    Mit diesen "Postanstalten" waren die Hauptbriefpostexpeditionen gemeint, nicht die "Postämter", wie Peter Sem in seinem Katalog auf S. 261 (8. Auflage) schreibt, denn die Oberpostämter selbst hatten dergleichen Kuverts natürlich nie gesehen.

    Die Entwertung sollte, so Punkt 5, wie die der Frankomarken erfolgen - also mit Mühlradstempel offen bzw. geschlossen. Da die Mühlradstempel Anfang März 1869 zurück gezogen wurden, sind die Kuverts mit ihnen als Entwerter selten (noch seltener wären Kuverts mit Stempeln von Postexpeditionen oder Postablagen, die sie damals nicht verausgabt bekommen hatten. Peter Sem schreibt ihnen zu Recht einen Aufschlag von 700 Euro (geschlossene Mühlräder) und 500 Euro (offene Mühlräder) zu, wobei man sich mal fragen darf, welche Hauptbriefpostexpedition im Februar und März 1869 noch einen geschlossenen Mühlradstempel führte ... gerne sehe ich hier ein Stück mit dieser Stempeltype.

    Eine andere Sachen waren die Kosten: Die Nominale von 3 Kr. reichte nicht aus, um den notwendigen Profit zu machen, also verlangte man zu der Nominale von 3 Kr. je Kuvert 1 Pfennig dazu (Nr. 1). Da die Briefpost, im Gegensatz zur Fahrpost, in Bayern niemals mit Bruchkreuzern = Pfennigen bzw. noch kleiner Heller rechnete, mussten die Kuverts immer in durch 4 teilbaren Mengen abgegeben werden, denn 4 Pfennige ergaben einen Kreuzer (wie 8 Heller einen Kreuzer ergaben). Somit war der niedrigste Betrag 13 Kr. für die Abgabe von 4 Kuverts - auch eine Tatsache, der ihrer Verbreitung eher im Wege gestanden haben dürfte.

    Die Lieferung erfolgte in 100 Stück á 4 x 25 Stück durch Kreuzband verpackt. Interessant ist hierbei der Punkt Nr. 4, in dem falsch beschriftete, oder unbrauchbare Umschläge gegen Entrichtung der Herstellungskosten von 1 Pfennig (1/4 Kreuzer) zurück genommen wurden. Man gab also das irrig beschriftete Stück ab, bekam ein neues dafür, musste jedoch 1 Pfg. extra bezahlen. Ich möchte nicht wissen, wie viele Briefe damals außen irrig beschriftet wurden und in den Papierkorb wanderten. Auch das dürfte einer weiten Verbreitung eher entgegen gestanden haben, zumal das oft lange Anstehen am Schalter wegen eines Pfennigs sicher nicht als stark erheiternd angesehen werden konnte.

    Für den internen Teil ist Punkt 7) interessant: Die Herstellungskosten von 1 Pfg. pro Stück wurden den Hauptbriefpostexpeditionen sogleich von der Oberpostamtskasse als "Auslage angerechnet". Im Klartext: Ehe auch nur ein Kuvert an den Schaltern verkauft worden war, wurden die Verschleißstellen mit (Mindetabnahme 100 Stück) 100 Pfennigen = 25 Kreuzer belastet, die sie abführen durften.

    In diesem Gebaren dürfte auch der Grund der Nichtabgabe an die gewöhnlichen Postexpeditionen zu suchen sein, denn für die waren 25 Kreuzer viel Geld, das erst einmal wieder eingenommen werden wollte, was nicht so einfach war, denn auf dem flachen Lande rissen einem die Leute die Kuverts nicht eben aus den Händen.

    Es fragt sich auch, das klärt diese VO nicht wirklich, ob die zahlreichen Stadtbriefträger diese Kuverts überhaupt bei sich führten und im Rahmen ihrer Dienstgänge verkaufen konnten. Sonst hatten sie ja die gewöhnlichen Freimarken wohl sortiert in gebräuchlicher Quantität immer mit sich zu führen ("für die Bequemlichkeit des Publicums", jedoch glaube ich hier weniger an diesen Service, weil sie mit der Pfennigberechnung leicht ins Schleudern gekommen wären und das wollte natürlich niemand.

    Auch das ist ein weiterer Grund für die relative Seltenheit der Benutzung früher Kuverts. Erst zum 1.5.1869 wurden lt. VO Nr. 4436 vom 22.4.1869 Verkäufe auch der anderen Poststellen erlaubt, weil die Druckerei ihrem Auftrag nachgekommen war, für eine ganzheitliche Versorgung der Bevölkerung Bayerns mit Kuverts Sorge zu tragen. Wer immer ein Kuvert vom Mai 1869 eine Postexpedition oder gar Postablage zeigen kann, schätzt sich glücklich; wer eines davor hat, ist ein Glückspilz.

  • Liebe Freunde,

    schön, wenn man eine Luxus - Postkarte aus dem Ausland von einem Sammlerfreund zugeschickt bekommt. Weniger schön, wenn diese dann so "optimal" verpackt wurde, dass man bei der Öffnung die Karte beschädigen muss.

    Trotzdem noch ein attraktives Ganzstück mit herrlichen Abschlägen des Stempels von Kempten. Ein kleines Geschenk an unsere liebe Filigrana als "Rookie of the Year". :D