• Ich hätte erwartet, dass der, der den Briefkasten leert morgens den Brief taxiert und im Falle eines Fehlers die falsche Taxe auch wieder mit seinem blauen Stift annulliert.

    aber stell dir mal vor, du öffnest morgens um 08.00 Uhr mit deinem Schlüssel den Briefkasten, in den die Kundschaft gestern Abend und heute Morgen ganz früh ihre Briefe, Drucksachen, Lokalbriefe, Muster-ohne-Wert und und und eingewofen haben.

    Du holst dir (d)einen blauen Stift für die un- bzw. unterfrankierten Poststücke und taxierst sie.

    Nun machst du einen Fehler (wie hier) und suchst jetzt nach einem Rotstift, um den falschen Vermerk zu korrigieren. Warum diese Mühewaltung?

    Außer dir sieht den Brief doch nur der Landbriefträger bzw. der Empfänger, kein Postler mehr.

    Guten Abend Ralph,

    mea culpa, irgendwie blicke ich bei dem von Dir dargelegten Procedere nicht durch.

    Wer ist hier in seiner Funktion was ?

    Im Lokaldienst kann es nur zwei gegeben haben: Den Postexpeditor und den von ihm eingestellten (Land-)Briefträger. Dem Letzteren stand m.E. keinerlei Kompetenz zu, irgendwelche ihm in die Hände geratenen Portobriefe zu taxieren. Er hatte nichts anderes, als für seinen Expeditor das Annahmebuch auch von Recos, Wertbriefen und Packeten zu führen und jenem das, was auch sonst noch im Landbriefkasten gelegen hat abzuliefern.

    Hätte er - so wie sich das von Dir anfänglich anliest - die Kompetenz gehabt, Portobriefe auszutaxieren, dann hätte er im Lokalbriefverkehr auf seinem Bestell-Rundweg solche ohne jegliches Mitwissen seines Expeditors bestellen und die Kohle dafür kassieren können. Ein derartiges Risiko kann kein vernüftiger Postexpeditor in Kauf genommen haben können. Ergo kann den Fehler nur der Postexpeditor selbst gemacht haben.

    Schönen Gruß

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    es ist die Frage, ob der Expeditor selbst den Briefkasten geleert hat, oder er einem Gehilfen, was ich eher glaube, der PE das hat machen lassen. Boten durfte nie Taxen verändern, das ist klar.

    Wenn dieser Gehilfe gefällig war, wäre es möglich gewesen, dass ihm der Expeditor einfache Poststücke hätte taxieren lassen; das halte ich für gut möglich. So wars gemeint.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    natürlich kann der Bote krank gewesen sein, dann könnte der Expeditor selbst dran gewesen sein. Aber dann ist es doch vollkommen klar, dass er denn Fehler selbst gemacht hat. Und einen Gehilfen - wenn so einer denn überhaupt vorhanden war - hätte er in einer solchen Situation m.E. eher den Landbriefkasten leeren und nicht taxieren lassen.

    Schönen Gruß

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Tim,

    vergiß den Boten - von dem habe ich ja auch bei der Behandlung des Briefes nicht geschrieben.

    Entweder er hat alles selbst erledigt, möglich, oder er hatte einen Gehilfen, der simple Arbeiten verrichten durfte/musste, wie z. B. das Entleeren des Briefkastens (vermutlich 2, 3mal am Tag, damit es nicht stressig wurde).

    Dann wäre es möglich, dass dieser "Subalterne" simple Orts- und Lokalbriefe taxieren durfte, kompliziertere Briefe (Auslandsbriefe) aber eher nicht. Bei einem Expeditor hätte ich erwartet, dass er die 10-15 Orte seines Lokalbezirks namentlich kennt; hier hat der Taxierende das offenbar nicht gewußt und wurde später eines besseren belehrt. Eines besseren belehren kann aber nur der, der seinen Lokalbezirk gut kennt - das musste also der Expeditor gewesen sein.

    Daher denke ich mir den Ablauf wie folgt:

    1. Niedere Charge öffnet den Briefkasten, taxiert simple Briefe, begeht aber einen Fehler.

    2. Chef = Expeditor guckt nochmal kurz drüber, findet den Fehler, korrigiert in rot und gibt den Lokalbrief

    3. dem Landpostboten zur Austragung für 3x siehe Portomarke.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    meine Mini-Sammlung der Porto Nr. 1 hat Zuwachs bekommen, sogar einen Attestierten.

    In München warf man einen Brief an Friedrich Werner junior in den Briefkasten, für den man keinen einzigen Kreuzer ausgeben wollte. Ob der Empfänger, immerhin Funktionär bei der Ostbahn in Bayern, darüber erfreut war? Er durfte nämlich jetzt bei der Aushändigung des Briefes durch Stadtbriefträger Nr. 17 diesem drei Kreuzer in die Hand drücken. Als wäre das nicht genug, hatte der unbekannte Absender noch folgendes auf den Brief unten links für die Post notiert: "bitte sogleich zu Besorgen, Eigenhändig".

    Nun, eigenhändig ist ein weites Feld und ob dieser Vermerk für die Abgabepost bzw. den Stadtbriefträger rechtlich bindend war, weiß ich nicht. Aber die expresse Versendung im Ort war nicht möglich, denn nur Fernbriefe durften per Express (und auch nur eingeschrieben!) angenommen werden. Man hätte ihn also an den Absender (von außen aber nicht zu ersehen) zurück geben können zur Korrektur der Adresse, oder, wie hier geschehen, einfach ohne Postsonderdienste zu bemühen, ihn mit normaler Post zustellen lassen. Einfacher war das sicher ...

  • Lieber Ralph,

    man lernt nie aus.

    Danke für's Zeigen und liebe Grüße von maunzerle

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Hallo Peter,

    berechtigte Frage: In der Einführungsverordnung am 1.10.1862 zu dieser ersten bayer. Portomarke war zur Entwertung dieser Portomarken nichts geschrieben worden. Vermutlich dachte man in München, dass die Vorgaben für die Frankomarken auch für diese "Gattung" als obligat anzusehen waren, ohne es ausdrücklich zu bemerken.

    Von den meisten Expeditoren und Briefestemplern wurden sie auch wie die Freimarken entwertet, also Mühlrad auf der Portomarke und Aufgabestempel auf die Vorderseite des Briefes; aber einige haben sich dieser Mühewaltung nicht unterzogen, weil es nicht expressis verbis gefordert worden war.

    Außerdem: Eine Freimarke stellte ja einen Wert dar, die Nominale, während eine Portomarke auf einem Brief eine Schuld darstellte. Darüber hinaus waren Portomarken logischerweise nicht an das Publikum abzugeben und eine Frankaturkraft konnten sie auch nicht entwickeln (wenngleich es ca. 15 Briefe gibt, auf denen sie als Ersatz für eine 3 Kr. Freimarke zum Einsatz kamen).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.